Hutch 06 - Hexenkessel
Schlimmste befürchtete. Welche Chance hatten sie schon, ein Makler, ein Stiftungsdirektor und Dr. Science, gegen dieses Monster?
Jon wusste nicht mehr, was er gesagt hatte, aber ihr war offenbar etwas an seinem Tonfall aufgefallen. »Nicht aufgeben!«, sagte sie.
Der letzte Rest der riesigen Schlange verschwand in dem Loch.
Jon wartete.
Merkte sich die Zeit. Beobachtete den Schnee und die Spaten.
Dann und wann sprach er mit Hutch. Sie versicherte ihm, sie werde vorsichtig sein. Werde sich nicht umbringen. Versuch, dich zu entspannen.
Alles wird gut.
Die Minuten krochen vorüber. Alles geschah wie in Zeitlupe.
Jon wusste nicht, was er zu sehen erhoffte. Ob er es für ein gutes Zeichen halten würde, käme das Ding zurück ins Tageslicht – oder nicht.
Hutchs Shuttle sank in die Wolken. »Wir haben Glück«, sagte sie. »Das Zeitfenster hätte nicht besser sein können.«
Jon war frustriert. Er musste hier herumsitzen, während diese Frau ihr Leben in die eigenen Hände nehmen konnte. Verdammt! Und was sollte er wohl tun, wenn sie in das Loch kletterte und nicht wieder herauskäme?
»Hutch?«
»Ja, Jon?«
»Wie wäre es, wenn Sie die KI anweisen würden, die andere Landefähre herzuholen? Damit ich auch runterkommen kann.«
Sie zögerte lange. »Keine gute Idee.«
»Sie könnten vielleicht Hilfe brauchen.«
»Sie können unmöglich rechtzeitig hier sein, um noch irgendetwas zu tun. Alles, was Sie mit einer solchen Aktion erreichen würden, wäre, sich selbst in Gefahr zu bringen.«
»Verdammt, Hutch! Sie können doch nicht von mir erwarten, dass ich hier einfach nur herumsitze!«
»Es besteht auch eine geringe Chance, dass sie die Fähre als Zuflucht brauchen werden.«
»Zum Teufel noch mal, Hutch …«
»Geben Sie es auf, Jon. Ich melde mich bei Ihnen, sobald ich etwas weiß.« Inzwischen hatte sie die Wolken hinter sich gelassen und hielt auf die Ebene zu. In der Ferne waren die Berge zu sehen.
Das Loch war zu einer klaffenden Wunde geworden. Jon beobachtete es, stierte es an, wünschte, er hätte einen besseren Blickwinkel, wünschte, er könnte in das Loch hineinsehen.
Matt, Rudy und Antonio stiegen weiter die Treppe hinauf. Matt versuchte, das Tempo zu erhöhen, versuchte, es ohne Stolpern zu schaffen. Sein Blick klebte auf den Stufen, weil Antonio direkt hinter ihm war und drängelte. Aber vielleicht wollte der Journalist ja auch nur vermeiden, einen ängstlichen Eindruck zu vermitteln. Matt war beinahe oben, als Antonio einen Warnruf ausstieß. Ein Paar glitzernder grüner Augen war am oberen Ende der Treppe aufgetaucht. Ein Paar gewaltiger Augen. Matt warf sich zurück, als der zugehörige Kopf sich erhob, groß, reptilienartig, breit und riesig und mit speicheltriefenden Zähnen grinsend.
Matt prallte zurück, die Treppe hinunter, während er gleichzeitig begriff, dass der Kopf plötzlich verschwunden war. Matt griff blindlings nach dem Handlauf und trat im selben Moment auf jemanden, vermutlich auf Antonio.
Und da war es wieder, das Vieh oben am Kopf der Treppe, genau im Lichtkegel einer ihrer Lampen. Das Vieh war so weiß wie der Schnee über dem Haus.
Beim neuerlichen Zurückweichen stürzten und stolperten sie alle drei schreiend in die Tiefe, hoffnungslos ineinander verkeilt. Das Riesenvieh folgte ihnen, langsam, zielstrebig. Es beobachtete sie. Sein Maul war groß genug, jeden von ihnen im Ganzen zu verschlingen. Matt schlug es die Rhino-Gun beim Sturz aus der Hand. Die Kreatur sperrte ihr Maul auf: Matt hätte einen ganzen Truck in diesem Maul parken können.
Dann war die Treppe zu Ende, und Matt krachte hart auf den Boden. Und da war die Rhino, nur der Lauf, der unter einem anderen Körper hervorlugte. Matt angelte danach, aber plötzlich war der Griff wieder verschwunden. Und irgendwo wisperte eine leise Stimme: »Captain Rigel, Captain Rigel.«
Das Vieh fixierte ihn immer noch. So viel zu den Lichtbeugern. Jetzt war genug Licht da, um alles zu sehen. Und »alles« war ein langer Pythonleib, absolut weiß und zugleich von einem silbrigen Glanz wie Sternenlicht, ein Leib, so groß und lang wie ein kleinerer Zug, ein Leib, der sich über die ganze Treppe hinzog und schließlich irgendwo in der Dunkelheit dahinter verschwand.
Matt tastete hektisch nach der Waffe, hoffte verzweifelt, sie in diesem Chaos aus menschlichen Armen, Beinen und Leibern zu finden. Aber es war Antonio, der die Rhino schließlich zu fassen bekam und der Kreatur sofort eine Ladung ins Maul jagte.
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