Hyänen
er ab. Wo der Spion gewesen war, war nun ein Einschussloch; sie hörten ein dumpfes Geräusch.
«Lass uns sichergehen, Dima», murmelte Groh, aber Bulgakov hatte seinen elektronischen Dietrich schon in der Hand. Groh hob die Patronenhülse auf und bewachte den Flur, während Bulgakov sich am Schloss zu schaffen machte. Der Flur blieb erfreulicherweise leer; schließlich öffnete Bulgakov die Tür. Sie ging auf, stieß aber nach wenigen Zentimetern auf Widerstand. Bulgakov stemmte sich mit der Schulter dagegen, und die beiden Auftragsmörder gingen hinein.
Ein Mann lag auf dem Rücken. Graue Hose und gelbes Hemd mit Blumenmuster. Socken, aber keine Schuhe. Dort, wo sein rechtes Auge gewesen war, war ein blutiges Loch. Ein kleiner Revolver lag neben seinen gekrümmten Fingern auf dem goldenen Teppich.
Er lag da wie tot, aber Groh schoss noch einmal, um sicherzugehen. In das andere Auge, aus Gründen der Symmetrie.
Sie schlossen die Tür hinter sich und gingen zurück zum Fahrstuhl. Unterwegs zogen sie die Handschuhe aus.
«Wie wäre es denn mit Tennis?», fragte Groh. «Ein wunderbares Spiel. Ihr Russen seid gerade ziemlich gut darin, vor allem die Frauen. Sharapova, Kirilenko, Dementieva. Und sie sehen dabei auch noch großartig aus!»
«Was kümmert dich das denn, du alte Schwuchtel!»
«Tennis! Dima, ich bringe dir Tennis bei.»
Abseits der Straße, versteckt in einem Innenhof voller Bäume und Sträucher, lag das Restaurant Secret. Die Sonne schien, und im Hintergrund war Reggae zu hören. Überwiegend junge, gutaussehende Gäste saßen auf langen Sofas und wurden von ebenfalls jungen und gutaussehenden Kellnern und Kellnerinnen bedient, die allesamt aus Europa stammten.
«Mensch, Norman, das scheint ja wirklich ein angesagter Laden zu sein», sagte Gray.
«Was hast du denn verdammt noch mal erwartet? Ich weiß, was läuft!»
Gray, Norman, Gina und Luke saßen an einem Tisch an der Seite des Hofs. Ihr Kellner Vincenzo öffnete eine Flasche Rotwein und zählte die Tagesangebote auf. Er hatte das ausgemergelte Gesicht einer Ziege und war auf attraktive Weise hässlich.
«Sie haben einen tollen Akzent», sagte Gina.
«O, vielen Dank», sagte Vincenzo und ließ seine Zähne aufblitzen.
«Woher kommen Sie?»
«Aus Sardinien. Es ist so wunder-, wunderschön!»
«Warum sind Sie fortgegangen?», fragte Gray.
«Wegen einer Frau.»
Norman wandte sich mit dem ganzen Oberkörper Gray zu. «Cherchez la femme!»
«Sie war Touristin, das schönste Mädchen von New York! Ich habe mich verliebt, bin ihr nach New York gefolgt. Dann habe ich in Kalifornien Urlaub gemacht. Hier ist es so wunder-, wunderschön! Das ist mein neues Zuhause.»
«Ich traue mich gar nicht zu fragen», sagte Gray, «aber was ist denn aus der Frau geworden?»
«Sie ist hier, zusammen mit mir. Seit fünf Jahren. Meine Frau!»
Er lachte und schenkte Norman ein. Norman roch daran, probierte und lächelte dann Vincenzo zu.
«Perfetto.»
Norman bestellte Rumpsteak, Gina das Kurobota-Kotelett, Gray Champignons und Luke gegrillte Hähnchenbrust. Und sie nahmen eine zweite Flasche Wein.
Norman schnitt ein großes Stück vom Steak ab und nuschelte mit vollem Mund: «Gray ist Vegetarier, wusstest du das?»
Gina sah Gray an. «Wirklich?»
Gray nickte.
«Wie lange denn schon?»
«Ungefähr seit sieben Jahren.»
«Aus einem besonderen Grund?»
«Ich war in Japan und habe gesehen, wie Fischer einen Delphin am Schwanz aufgehängt haben. Der Delphin hat noch gelebt. Er fing an zu schreien. Andere Delphine haben ihn gehört und sind gekommen, um ihm zu helfen, und die Fischer haben sie alle getötet.»
Gina verzog das Gesicht. «Das klingt ja schrecklich.»
«Wie auch immer. Ich habe mich jedenfalls entschieden, nie wieder Fleisch zu essen.»
«Ich kann verstehen, dass du keine Delphine isst», sagte Norman. «Das sind wundervolle, intelligente Lebewesen. Aber bei Kühen und Schweinen ist das doch was anderes. Die werden ja extra als Nahrungsmittel gezüchtet.»
«Warst du schon in einem Schlachthof?», fragte Gray. «In Texas bin ich mal in einem gewesen. Ich wollte einfach wissen, wie es da zugeht.»
«Und?», fragte Norman.
«Es war ganz einfach … böse. Ein böser Ort. Ich werde nicht dazu beitragen, dass solche Orte weiterhin existieren.»
«Ich esse auch nie wieder Fleisch», verkündete Luke.
«Na wunderbar», sagte Gina zu Gray. «Siehst du, was du angerichtet hast?»
«Das ist nicht meine Schuld. Norman hat damit
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