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Hyänen

Hyänen

Titel: Hyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Epperson
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einem riesigen Mahagoni-Schreibtisch, auf dem nur ein Apple-Notebook stand, sonst war er leer. Cicala ging über das polierte Parkett auf Mr. Li zu, der aufgestanden war, um ihn zu begrüßen.
    «Ich freue mich, Sie zu sehen, Mr. Cicala.»
    «Ich freue mich ebenfalls, Mr. Li.»
    Sie schüttelten sich die Hände. Mr. Lis Händedruck war schwach und zart wie der eines Mädchens.
    «Wie geht es Ihrer Frau?», fragte Mr. Li.
    «Sie haben davon gehört? Unverändert, danke der Nachfrage.»
    Mr. Li nickte. Der Raum war nur schwach beleuchtet, und sein Gesicht lag im Schein des Computerbildschirms. Er wirkte gespenstisch und bleich. Mr. Li sah Cicala an. Er wartete.
    «Vielen Dank, dass Sie mich empfangen. Ich weiß, es ist etwas kurzfristig.»
    «Meine Tür steht Ihnen immer offen. Ich bin froh, dass ich gerade in der Stadt bin.»
    «Bleiben Sie länger?»
    «Ein paar Tage. Vielleicht eine Woche. Und dann –» Er machte eine Handbewegung, als ließe er einen unsichtbaren Vogel davonfliegen.
    «Es geht um meine Schwiegertochter», sagte Cicala. «Meine
ehemalige
Schwiegertochter.»
    «Ja.»
    «Wir haben sie gefunden. Aber sie ist uns entwischt.»
    «Ja.»
    «Und dann noch der Kerl, den wir auf sie angesetzt haben. Toddo Palmentola. Er wurde getötet.»
    «Bitte, Mr. Cicala. Sagen Sie mir etwas, das ich noch nicht weiß.»
    «Dieser verdammte Marshall. Er ist verschwunden. Ich glaube, der Schwanzlutscher hat uns verarscht.»
    Mr. Lis Gesicht, sonst eine freundliche, reglose Maske, verriet einen Hauch von Missfallen an dieser Ausdrucksweise.
    «Was wollen Sie von mir?»
    «Der Marshall soll dran glauben. Und meine Schwiegertochter auch. Ich will meinen Enkel wiederhaben. Dazu brauche ich Hilfe. Wegen diesem verfluchten RICO -Programm bluten wir regelrecht aus. Ich möchte, dass Sie Ihre besten Männer darauf ansetzen.»
    Mr. Li schwieg. Cicala hörte von fern, wie der Regen unvermindert niederprasselte. Er spürte die sanften Bewegungen des Schiffes, das einen Fluss hinabfuhr, der so schwarz war wie der Styx.
    «Welch ein Unglück, die eigene Familie nicht unter Kontrolle zu haben», sagte Mr. Li schließlich.
    Cicala fühlte sich, als hätte Mr. Li ihm eine Ohrfeige gegeben.
    «Ich hab für das System jede Menge beschissene Jobs erledigt.»
    «Und das System hat viel für Sie getan.»
    «So soll es doch auch sein, oder? Eine Hand wäscht die andere.»
    «Eins kann ich Ihnen schon jetzt sagen. Das System legt Wert auf gute Beziehungen zu den Behörden. Wir werden den Marshall nicht töten. Wegen einer im Grunde rein privaten Angelegenheit werden wir nicht riskieren, in einen Krieg mit der Regierung der Vereinigten Staaten hineingezogen zu werden.»
    «Okay. Lassen wir also den Marshall. Luke und Gina, um die beiden geht es. Können die Russen das übernehmen?»
    «Die Russen?»
    «Genau. Alle reden von den Russen. Sie sollen die beste Waffe sein, die Sie haben.»
    «In Wirklichkeit ist nur einer der beiden Russe.»
    «Wissen Sie, mir ist egal, ob sie vom Jupiter kommen oder vom Mars. Diese beiden will ich haben.»
    «Ich erkundige mich, ob sie verfügbar sind. Dann rede ich mit dem Vorstand. Der Vorstand trifft die Entscheidung.»
    «Wie lange wird das dauern? Es gibt keine Zeit zu verlieren.»
    «Es wird keine Zeit verlorengehen. Sie hören bald von mir, Mr. Cicala.» Mr. Li stand auf und reichte Cicala die Hand. «Übermitteln Sie Ihrer Gattin meine besten Wünsche.»
     
    Sein Apartment war nicht weit vom Secret entfernt. Ein Penthouse auf dem Dach eines achtundzwanzigstöckigen Gebäudes direkt am Strand. Ein umlaufender Balkon. Große, elegant eingerichtete Räume. Kunstwerke aus allen Teilen der Welt. Einen erstaunlichen Ausblick auf das Meer, die Berge und die Stadt.
    «Wenn ich so eine Wohnung hätte», sagte Gina, «dann würde ich nie mehr weggehen!»
    «Irgendwann würdest du doch wieder nach draußen wollen», sagte Norman. «Natürlich ist es schön. Aber irgendwann hat man sich daran gewöhnt. Man findet es einfach normal. Wahrscheinlich finden alle Könige ihre Schlösser langweilig.»
    Sie fläzten sich auf die Polstergarnitur im Wohnzimmer, tranken, hörten Musik aus der Dolby-Surround-Anlage und schauten aus den riesigen Fenstern.
    «Wie lange wohnst du schon hier?», fragte Gray.
    «Acht Jahre oder neun. Meine Frau hat das alles eingerichtet. Raumgestaltung war ihr größtes Hobby. Wir haben noch eine zweite Wohnung. Draußen in der Wüste, östlich von San Diego. Meine Frau hat sie in ein

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