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Hyänen

Hyänen

Titel: Hyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Epperson
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her.»
    «Wie heißt denn dein Mann?»
    «Joey Cicala. Er ist mein
Ex
-Mann.»
    Norman starrte sie an. «Du bist Pat the Cats Schwiegertochter.»
    «Du hast schon mal von ihm gehört?», fragte Gray.
    «Natürlich. Ich bin ein normaler Mensch und verfolge die Nachrichten. Anders als du.» Und dann fragte er Gina: «Hast du nicht irgendeine Verkleidung getragen, als du ausgesagt hast?»
    Sie nickte. «Ein Kopftuch und eine Sonnenbrille.»
    «Ich erinnere mich. Du hast glamourös und geheimnisvoll ausgesehen.»
    «Genau, das bin ich. Glamourös und geheimnisvoll.»
    «Komm», sagte Gray. Er musterte jeden Wagen, der vorbeifuhr. «Wir müssen weiter.»
    Luke beugte sich über die Rückenlehne und kraulte den Kopf des Hundes. «Aber wohin?», fragte er. «Wohin können wir denn?»
    «Irgendwohin, wo wir uns ausruhen können. Bis wir uns den nächsten Schritt überlegt haben.»
    «Wie wär’s mit meinem Haus?», fragte Norman.
    «Das Haus in der Wüste?»
    «Ja, der alte Country Club. In Tejada Springs.»
     
    Dr. Pol Lim fuhr in seinem Lexus 350 von Long Beach zum Paradise Motel. Er bekam ein hübsches Sümmchen dafür, an sieben Tagen die Woche vierundzwanzig Stunden lang erreichbar zu sein. Seine Patienten mochten ihn und nahmen es ihm nicht übel, wenn er ganz plötzlich mitten in der Konsultation aufsprang und in seinem matadorroten Wagen davonraste.
    Er hatte sich Ende der achtziger Jahre entschlossen, Arzt zu werden. Damals war er noch ein dummer Teenager und arbeitete im Donutladen seines Bruders. Seine Mutter hatte seit einiger Zeit Anfälle einer unerklärlichen Form von Erblindung. Und dann, als wäre ein furchterregender Virus ausgebrochen, verloren mehrere ihrer Freundinnen ebenfalls ihr Augenlicht. Insgesamt erblindeten einhundertfünfzig kambodschanische Frauen in Long Beach. Es gab keine physische Erklärung für ihren Zustand. Aber es stellte sich heraus, dass sie eines gemeinsam hatten: Sie alle hatten den Völkermord der siebziger Jahre in Kambodscha erlebt und
mit eigenen Augen
schreckliche Dinge sehen müssen. Im Fall von Pol Lims Mutter war es der Tod ihres Ehemanns, er war von einem halben Dutzend dämonischer Kinder buchstäblich in Stücke gehackt worden. Das Problem waren nicht die Augen, sondern ihre zerrütteten Seelen, und der Zustand seiner Mutter und der meisten anderen Frauen besserte sich, als sie das begriffen hatten.
    Pol Lim hatte viel Zeit damit verbracht, seine Mutter zu verschiedenen Ärzten zu fahren, und er war fasziniert von der Welt der Medizin. Das Donutgeschäft seines Bruders florierte, er eröffnete mehrere Filialen und war auf dem besten Weg, ein reicher Mann zu werden. Er schickte Pol Lim zum College und ließ ihn Medizin studieren. Vor ein paar Jahren hatte er ihm dann einen Vorschlag unterbreitet. Der stille Teilhaber in seinem internationalen Donutimperium suchte in der Gegend von L.A. einen Arzt, der bereit war, auch ein wenig außerhalb der Legalität zu arbeiten. Dieser stille Teilhaber war das System.
    Bulgakov ließ teilnahmslos über sich ergehen, dass der Arzt seine Wunde säuberte und verband. Groh stand daneben und sah zu, die Arme vor der Brust verschränkt. Plötzlich musste Bulgakov niesen.
    «Gesundheit», sagte Groh. «Hast du auch das Astra C genommen?»
    «Ich hab’s mir in den Arsch gesteckt», sagte Bulgakov. «Dann hab ich’s ausgeschissen.»
    Dr. Pol Lim kicherte. Die Arbeit fürs System machte ihm Spaß. Für kurze Zeit konnte er aus dem Alltagstrott in Long Beach ausbrechen und ein zwielichtiges Reich voller Geheimnisse und Gefahren betreten, ohne jemals zu wissen, mit wem er es zu tun hatte und worum es ging. Er kam sich vor wie eine Nebenfigur in einem spannenden Roman, der nie geschrieben würde.
    «Sie haben großes Glück gehabt», sagte Dr. Pol Lim. «Wäre die Kugel aus einem etwas anderen Winkel gekommen, dann hätte sie die Schädeldecke durchbohrt.»
    «Auf keinen Fall», sagte Groh. «Seine Schädeldecke ist mehrere Zentimeter dick.»
    Wieder lachte der Arzt; der blonde Mann war so lustig.
    «Kein Scheißglück», sagte Bulgakov.
    «Nicht?», sagte Pol Lim. «Was denn dann?»
    «Schnelligkeit. Ich verdammt schnell.»
    Der Mann war ein Auftragsmörder, daran bestand kein Zweifel. Als kleiner Junge in Kambodscha hatte Pol Lim gesehen, wie Menschen getötet wurden, aber er konnte es nicht verstehen. Einem anderen Menschen das Leben zu nehmen, schien ihm genauso unmöglich, wie sich selbst die Augen auszustechen. Doch wie sagte Buddha,

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