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Hyänen

Hyänen

Titel: Hyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Epperson
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Worte, um zu beschreiben, was gerade geschehen war. Gemessen an der Größe des Unbekannten, in das sie hineingeraten waren, schienen Worte auch bedeutungslos. Gina sah zu Gray hinüber. Er wirkte kalt, konzentriert und in sich gekehrt. In ihrem ganzen Leben hatte sie noch nie auf so groteske Weise falschgelegen wie mit der Vermutung, er sei ein harmloser Hippie. Er war perfekt im Töten ausgebildet, und sie war froh darüber. Sie hoffte, dass er der beste Mörder der Welt war.
    Es wäre zu gefährlich gewesen, erst ins Hotel zu fahren, um ihre Sachen zu holen. Luke und sie besaßen nun nicht mehr als die Kleidung, die sie anhatten. Ihr Eigentum ging nach und nach verloren, blieb gewissermaßen auf der Strecke. Anfangs hatten sie noch ein großes Haus in Massapequa Park, gefüllt mit allen Annehmlichkeiten des Lebens. Danach eine Zwei-Zimmer-Wohnung in Brady. Dann zwei Koffer und ein Motelzimmer an der Küste. Würde das immer so weitergehen? Jetzt hatten Luke und sie noch etwas anzuziehen, vielleicht würden sie schon bald nackt durch die Wildnis irren. Und was kam dann?
    Gott sei Dank hatte sie ihre Handtasche noch, mit den Diamanten und einem Großteil des Geldes.
     
    Bei Temecula verließen sie die Schnellstraße und hielten an einem Einkaufszentrum. Luke ging mit dem Schlittenhund in ein Gebüsch, wo er sein Bein hob und in einem ordentlichen Schwall pinkelte. In einem Waffengeschäft kauften sie Munition für die Glock 19 , dann gingen sie in einen
DeeLishus Donuts!
-Laden, zufälligerweise ein Geschäft aus der Ladenkette, die Dr. Pol Lims Bruder gehörte. Sie kauften verschiedene Sorten Donuts, Cola für Gina und Luke und einen großen Becher Eiskaffee für Gray. Als sie zum Wagen zurückkehrten, stand ein dünner Kerl mit rotem Bart auf seiner Harley daneben.
    «Tolles Auto, Kumpel», sagte er.
    «Danke», sagte Gray.
    Der Kerl warf einen Blick auf den Hund.
    «Aber der Hund ist wirklich hässlich», meinte er und fuhr röhrend davon.
    Auf der 79 fuhren sie weiter nach Süden. Die Straße stieg langsam an, und die Landschaft wurde idyllisch. Felder und Bäume. Auch hier blies der Wind und zerzauste die Baumkronen, aber sie sahen keine Brände. Auf der 22 fuhren sie hinauf in die San-Ysidro-Berge, durch Wälder von Pinien, Eichen und Wacholder. Sie sahen kaum andere Autos auf der Straße. Schließlich, als die Sonne schon unterging, hatten sie den Gipfel erreicht, und alles veränderte sich.
    Vor ihnen erstreckte sich die Sonora-Wüste, Hunderte um Hunderte von Kilometern weit. Wie ein gefrorenes, braunes Meer. Gray fuhr hinab in den gewaltigen Schatten der Berge, Serpentine um Serpentine um Serpentine. Die Talfahrt dauerte fünfundzwanzig Minuten, dann waren sie in Tejada Springs.
    Die S 22 hieß jetzt Palm Canyon Drive. Wie Norman es ihnen erklärt hatte, bogen sie nach links in die Tejada Springs Road. Es gab eine Tankstelle mit Lebensmittelshop, einen Souvenirladen, ein tristes Motel und ein Café, außerdem eine bunkerartige Bar, die ziemlich verboten aussah, und ein Eisenwarengeschäft. Vor der Bar standen drei Motorräder und ein Pick-up, aber die vielen verlassenen Häuser verbreiteten die Atmosphäre einer Geisterstadt.
    Durch die einbrechende Dämmerung fuhren sie weiter, vorbei an einzelnen verfallenen Häusern, in denen zwar Licht brannte, aber keine Bewohner zu sehen waren. Dann passierten sie den Wohnwagenstellplatz
Glückliches Hufeisen
, der wohl besser
Letzter Seufzer
oder
Trailerpark der geplatzten Träume
hätte heißen sollen. Wieder bogen sie ab, in die Rango Road; hier gab es keine Häuser mehr, nur noch Wüste. Nach anderthalb Kilometern erreichten sie den Desert Club Drive, und nach fünfhundert Metern standen sie vor Normans Haus.
    Es war ein flaches, langgestrecktes Gebäude aus Lehmziegeln, umgeben von Palmen – kalifornischen Fächerpalmen mit dicken Stämmen, hohen schlanken mexikanischen Palmen und Dattelpalmen. Auf einem verwitterten Holzschild stand DESERT CLUB VON TEJADA SPRINGS . Sie stiegen aus dem Wagen. Es war sehr ruhig. Die Palmen waren so reglos wie in einem Gemälde. Auf dieser Seite der Berge gab es keinen Sturm, keinen Lärm von Autos oder Flugzeugen. In der Wüste hörte man das Zwitschern eines Vogels, der klang, als würde er das letzte Lied dieses Tages singen.
    Der Hund ging zu einer der Palmen, schnüffelte am Stamm und pinkelte dagegen.
    Gray schloss die Tür mit Normans Schlüssel auf und gab schnell den Nummerncode in eine Tastatur ein, um die

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