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Hybrid

Titel: Hybrid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Wilhelm
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sicher.«
    Juli ging auf alle viere und zwängte sich unter dem Zaun hindurch. Tom folgte ihr. Unschlüssig blieben sie auf der anderen Seite stehen.
    »Weiter am Zaun entlang oder direkt geradeaus?«, fragte Tom. »Ich würde schätzen, dass das, was der Zaun schützt, in der Mitte liegt.«
    »Also dann geradeaus.«
    Schon nach wenigen Schritten veränderte sich das Gelände. Die letzten vereinzelten Pappeln und Weiden wichen zurück, sie liefen durch Gestrüpp und mannshohe Brennnesselfelder.
    Vor ihnen tauchte ein niedriges Gebäude auf, eher einem größeren Schuppen gleich, das sich mit seinem flachen Dach in die Umgebung zu ducken schien. Sie traten heran. Die Wände bestanden aus fensterlosen, großen Blechen, wie man es von einer einfachen Lagerhalle erwarten würde. Auch das Dach war aus Blech gefertigt.
    Vorsichtig umrundeten sie den Bau. An keiner Seite fanden sie Fenster oder irgendwelche Hinweise, um was es sich handelte. Dann hatten sie die Stirnseite erreicht, wo eine einzelne Tür eingelassen war. Tom sah auf den Boden.
    »Hier war einmal ein Weg«, stellte er fest. »Ein bisschen überwuchert, aber er führt direkt hierher. Vermutlich ist am anderen Ende der eigentliche Eingang durch den Zaun.«
    Er untersuchte die Tür. Sie war mit einem Sicherheitsschloss versehen, aber zusätzlich lag ein Metallriegel quer davor, der mit einer Kette und einem Vorhängeschloss gesichert war. Halbherzig rüttelte Tom daran.
    »Kein Chance«, murmelte er.
    »Aber etwas muss da drin sein«, meinte Juli. »Niemand sichert so einen leeren Schuppen.«
    »Folgen wir dem Weg«, schlug Tom vor. »Vielleicht finden wir noch mehr.«
    Der ehemalige Pfad verlief gradlinig durch das Gestrüpp. Gebäude gab es keine weiteren, und bald schon erwartete Tom, auf die Umzäunung zu treffen, als er stockte. Wenige Meter rechts von ihnen war etwas.
    »Juli, leuchte mal da rüber«, sagte er. »Wo es so dunkel ist.«
    Das Licht der Lampe wanderte über Gräser und Brombeerranken und offenbarte schließlich eine Senke im Gelände.
    »Lass uns das ansehen«, sagte Tom und bahnte sich einen Weg. Juli folgte ihm und leuchtete. Nach einigen Schritten blieb er stehen und wartete, dass Juli zu ihm aufschloss.
    Sie standen am Rand eines gähnenden Lochs mitten im Boden. Die Decke eines unterirdischen Raums war eingebrochen. Betonteile waren zum Teil herabgestürzt, zum Teil hingen sie noch durch verrostete Metallstangen aneinander. In etwa drei Metern Tiefe war der Boden eines Raums zu sehen, der teilweise mit Geröll, Erde und Blättern bedeckt war. Undefinierbare Gerätschaften, Kisten lagen verstreut herum, Regale ragten herauf.
    »Ein alter Bunker?«, fragte Juli.
    »Nein, viel moderner. Höchstens ein paar Jahre alt. Und vermutlich vor Kurzem erst eingestürzt.«
    »Was ist das da?« Juli war in die Hocke gegangen und leuchtete in eine Ecke.
    Das Licht brach und spiegelte sich in Glasscherben. Dazwischen lagen intakte Gefäße, die offenbar herabgestürzt waren. Etwas Weißes schimmerte ihnen entgegen.
    Tom erkannte, was es war. Er wollte seinen Blick abwenden, aber das Grauen ließ ihn erstarren, hielt ihn fest wie in einem Schraubstock. Selbst aus der Entfernung sah er jede Falte, jedes Haar, die glasige Blindheit der toten Augen, die aufgedunsenen Lippen. In dem Gefäß befand sich, in einer Flüssigkeit schwimmend, der abgetrennte Kopf eines Menschen.
    Tom stolperte rückwärts, während Juli noch immer kniete und den Fund näher in Augenschein nahm. Dann stand sie auf und untersuchte den Rand der Grube. Kurz darauf begann sie, auf den Trümmerstücken der eingestürzten Decke nach unten zu klettern.
    »Moment mal«, rief Tom. »Das könnte zusammenbrechen!«
    »Ich pass schon auf.«
    Wenig später war sie bereits am Boden dessen, was einmal ein Raum gewesen war, angelangt und leuchtete umher.
    »Komm auch«, rief sie. »Das musst du dir ansehen.«
    Tom zögerte. Die Kleine war reichlich unverfroren, fast ein bisschen zu viel für seinen Geschmack. Mitten in der Nacht in ein Sperrgebiet einzudringen und dann in eine baufällige Ruine zu klettern, in der Leichenteile in Asservaten-Gläsern herumlagen, das ging auch über sein übliches Maß an Recherche hinaus. Und seine Ekelgrenze war bei solchen Horrorfunden ebenfalls deutlich überschritten.
    Weder hatte er Angst in der Dunkelheit, noch war er abergläubisch. Aber was er im Licht der Taschenlampe gesehen hatte, tanzte unablässig vor seinen Augen, hatte sich eingebrannt und kroch nun

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