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Hybrid

Titel: Hybrid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Wilhelm
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Ärzte ohne Grenzen in einem kleinen Dorf in Brasilien. Na ja, also eher ein Urwalddorf südlich von Manaus, ziemlich weitab vom Schuss. Von dort hat sie mir immer geschrieben. Zwar mit reichlicher Verzögerung, aber regelmäßig. Und nun ist sie verschwunden.«
    Tom schwieg.
    »Der letzte Brief, den ich von ihr bekam, war reichlich beunruhigend«, fuhr sie fort, »und dann war plötzlich vier Wochen lang Sendepause. Also habe ich mich mit den Ärzten im Dorf direkt in Verbindung gesetzt. Von denen habe ich dann erfahren, dass Marie vier Wochen vorher auf eine Expedition flussaufwärts in den Urwald aufgebrochen war und man seitdem nichts mehr von ihr gehört hatte.«
    »O Mann … und wie lange ist das her?«
    »Das war vor drei Wochen. Ich habe natürlich noch einmal Kontakt gesucht, aber man konnte mir nichts Neues sagen. Man hatte einen Suchtrupp hinterhergeschickt, der aber einige Tage später zurückgekehrt war, ohne eine Spur gefunden zu haben.«
    »Und mehr haben die nicht unternommen?«
    »Sie zögern noch, sie offiziell als vermisst zu melden. Und ich verstehe nicht, warum.«
    »Kann es denn sein, dass sie entführt wurde? Oder gibt es dort irgendwelche Banden?«
    »Das ist unwahrscheinlich. Das Dorf liegt wirklich weitab, und in der näheren Umgebung gibt es nur noch einige verstreute Indiostämme.«
    »Dann hat sie sich vielleicht verlaufen? Oder sie ist verunglückt?«
    »Vielen Dank fürs Mutmachen …«
    »O mein Gott, so meinte ich es nicht«, beeilte sich Tom zu versichern. »Ich überlege nur, was passiert sein könnte.«
    »Du hast ja recht«, sagte sie leise. »Viele andere Möglichkeiten gibt es sicher nicht.«
    Tom zögerte. Er wusste nun, warum sie nicht darüber hatte sprechen wollen. Aber was war es, das sie nun zu dieser Suche verleitete? Neßsand war schließlich nicht der brasilianische Urwald.
    »Als ich deinen Artikel las«, sagte Juli, »hat mich die Beschreibung des Fußes stutzig gemacht. In dem letzten Brief erwähnte Marie, dass der Fluss bei ihnen im Dorf ebenfalls Leichenteile angespült hatte. Und auch sie waren violett verfärbt.«
    »Und deswegen vermutest du eine Verbindung …?«
    »Ich sagte ja, es ist reichlich vage und eigentlich nicht wirklich zu erklären. Aber irgendwie hat mich die Beschreibung erregt, so als würde ich etwas wiedererkennen … ich weiß nicht, wie das miteinander zu tun haben könnte, aber ich muss dem einfach auf den Grund gehen … Ergibt das irgendeinen Sinn?«
    »Tja … ich schätze, irgendwo muss man anfangen.«
    »Ja …«
    »Was ist, warum bleibst du stehen?«
    »Hier ist ein Zaun.« Sie schaltete ihre Lampe an.
    Tom trat heran. Vor ihnen erhob sich eine fast drei Meter hohe Absperrung.
    »Warum steht hier ein Zaun mitten auf der Insel?«, fragte Tom.
    »Hier kann er nicht hindurch sein.«
    »Wer?«
    »Na, der Hund. Komm, wir folgen dem Verlauf. Ich bin gespannt, wo er hinführt.«
    »Wir sind eigentlich nicht wegen des Hundes hier …«
    »Ja, sicher, aber willst du nicht auch wissen, wer hier, mitten im Naturschutzgebiet, so was aufstellt?« Sie leuchtete nach oben. »Mit Stacheldraht obenauf. Hier war jemandem etwas ganz besonders wichtig. Und ein paar Sumpfhuhn-Nester waren es bestimmt nicht.«
    Tom musste ihr recht geben. Dieser Zaun bestand nicht aus alten Latten oder Maschendraht, er war aus engen Stahlgittersegmenten gefertigt und so hoch, dass er eine ernsthafte Barriere darstellte. Es war zweifellos verdächtig.
    Juli schaltete ihre Lampe aus, und gemeinsam folgten sie der Absperrung. Ihre Augen gewöhnten sich wieder an die Dunkelheit, und mit einer Hand am Zaun kamen sie zügig voran.
    »Pass auf …«, hörte Tom gerade noch, als seine Füße plötzlich keinen ebenen Halt mehr fanden. Er rutschte einen guten Meter abwärts und fiel dann zu Boden. Julis Lampe flammte auf. »Hier ist ein Loch, wollte ich gerade sagen.« Sie stand etwas weiter oben, noch dicht am Zaun. Der Boden war hier ausgeschwemmt, eine tiefe Rinne verlief vom Zaun aus durch den Wald und in Richtung des Strandes. Die Rinne war so tief, dass sie den Zaun unterhöhlte, ein kleiner Betonfuß war zu erkennen, der einmal in der Erde gesteckt hatte und nun, von unten am Zaun hängend, in der Luft schwebte.
    »Hier ist er also durchgekommen«, meinte Juli und sprang zu Tom hinab. »Irgendein Hochwasser oder eine Sturmflut hat die Erde weggespült. Sieh mal.«
    »Willst du da rein?«, fragte Tom, während er aufstand und den Dreck von seiner Hose klopfte.
    »Na

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