Hybrid
noch lang kein Freund von uns.«
»Hier sind wir nicht sicher«, sagte Juli. »Irgendwo müssen wir hin.«
»Ja. Und ich weiß auch schon, wo.«
»Nicht schlecht«, meinte Juli und sank erschöpft nach hinten.
Sie parkten in der Tiefgarage des Verlags. Tom arbeitete zwar nur als Freier, aber einmal hatte er sich statt eines mageren Honorars eine Chipkarte für die Garage ausgehandelt. Selbst wenn ihre Verfolger noch unterwegs waren, würden sie hier nicht hineinkommen.
Sie hatten die Lehnen der Sitze so weit zurückgedreht, wie es ging, und versuchten, ein paar Stunden zu schlafen. Am Morgen würden sie entscheiden, was sie nun tun konnten.
Es war erst halb acht, als Juli bereits durch die ersten Wagen, die morgens durch die Garage fuhren, geweckt wurde.
Sie fühlte sich wie gerädert. Der wenige Schlaf, die Flucht über die Balkone und schließlich mit dem Wagen durch die halbe Stadt hatten ihre Spuren hinterlassen. Ihr Mund fühlte sich pelzig an und der Geschmack darin war übel. Tom schlief noch. Sie drehte ihre Rückenlehne senkrecht und öffnete das Handschuhfach, um einen Kaugummi oder ein Minzbonbon zu finden. Aber in dem Fach lagen nur selbst gebrannte CD s, ein alter Kugelschreiber mit abgebrochenem Clip und allerlei Papiere. Sie sah an sich herab. Bis auf die Tatsache, dass sie keine Schuhe mitgenommen hatte, sah sie mit Jeans und Bluse halbwegs passabel aus. Tom hingegen trug weder Schuhe noch T-Shirt. Bevor sie etwas unternehmen konnten, mussten sie sich herrichten.
Ihre Tasche hatte sie in Toms Wohnung gelassen, aber sie wusste, dass Jungs wie er ihr Geld häufig in der Hosentasche trugen. Sie befühlte Toms Hose und tatsächlich konnte sie Münzen und zusammengefaltete Scheine ertasten. Sie schob ihre Finger in seine vordere Tasche. Tom grummelte etwas im Halbschlaf und schob sich auf dem Sitz zurecht. Juli erwischte die Scheine mit zwei Fingerspitzen und zog sie heraus. Ein Zwanziger und zwei Fünfer. Nicht üppig, aber es würde reichen.
Sie schrieb eine kleine Notiz, legte sie auf das Armaturenbrett, dann nahm sie seinen Schlüssel mit dem Garagenchip und verließ den Wagen so leise sie konnte.
Als sie eine halbe Stunde später zurückkam, schlief Tom noch immer. Sie stieg ein, drehte die Fenster runter und rüttelte ihn wach.
»Guten Morgen«, sagte sie, als er sich orientiert hatte. »Ich hab dir ein T-Shirt besorgt und ein paar Flipflops.« Dann reichte sie ihm einen Pappbecher mit Kaffee. »Wir müssen jetzt mal überlegen, wie es weitergeht.«
Tom nahm den Kaffee dankend entgegen. »Tja, gute Frage«, sagte er nach einer Weile. »Wir haben nichts dabei, wir können nicht in die Wohnung, um die Sachen zu holen, und irgendwo müssen wir unterkommen.«
»Vielleicht wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, um zur Polizei zu gehen«, schlug Juli vor.
Tom schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Und was dann? Glaubst du wirklich, die würden den Fall übernehmen? Selbst wenn wir ihnen alles präsentieren, was wir haben, werden sie uns sicherlich keine Überwachung rund um die Uhr zu unserem Schutz abstellen. Die werden ganz reguläre Ermittlungen aufnehmen, und alles, was ins Ausland führt, in die Schweiz oder nach Brasilien, das versandet doch. Auf jeden Fall wird es sich endlos hinziehen, und ich bezweifle, dass deine Schwester so viel Zeit hat.« Wenn sie noch lebt , wollte er hinzufügen, biss sich aber gerade noch auf die Zunge.
»Also willst du auf eigene Faust weitermachen?«
»Als Journalist kenne ich es nicht anders. Wenn man etwas geschafft bekommen will, ist man alleine besser dran.« Er trank noch einen Schluck. »Die Sache ist so groß, sie darf nicht irgendwo in den Behörden versacken. Wir brauchen mehr Material, Beweise, Fotos, und dann müssen wir an die Öffentlichkeit.«
»Du willst nach Brasilien?«
»Ja.«
»Gut, aber trotzdem müssen wir an Geld kommen.«
Tom nickte stumm.
»Kennst du irgendwelche Leute, die uns helfen können?«, fragte Juli.
»Na ja, hier geht es um mehr als einen kleinen Gefallen …«
»Was ist denn mit deiner Zeitung? Können die dich nicht unterstützen? Die könnten dich doch vorfinanzieren. Immerhin haben die selbst ein Interesse an der Geschichte, oder nicht?«
Tom wiegte den Kopf. »Keine Ahnung. So gut ist mein Verhältnis auch wieder nicht. Und ich bin auch nur ein Externer. Außerdem hasse ich es, solche Verpflichtungen einzugehen und dann von jemandem abhängig zu sein.«
»Mag ja sein, aber so furchtbar viele Möglichkeiten
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