Hybrid
dahin. Aber andererseits: Den Chefredakteur im Boot zu haben, konnte vielleicht auch nicht schaden, wenn man sicher sein wollte, dass man Aufmerksamkeit bekam. Er würde nur dafür sorgen müssen, dass sein Name nicht »versehentlich« unterschlagen wurde.
»Wir sind einverstanden«, sagte nun Juli. »Aber wir haben es eilig.«
Gregory setzte sich hin und begann, Notizen zu machen. »Das bekommen wir schon hin. Ich werde eine Putzfrau in Toms Wohnung schicken lassen, die alle eure wichtigen Unterlagen gemeinsam mit der schmutzigen Wäsche mitnehmen kann. Dann haben wir auch Ihre Handtasche, Frau Thomas, und damit kann sie gleich weiter in Ihre Wohnung und dort das gleiche Spiel noch einmal spielen. Natürlich müssen wir die Dame vorher ausführlich instruieren, und wir geben ihr ein Handy mit.
Tom, du stellst dir aus unserem Fundus eine leichte Fotoausrüstung zusammen und was du sonst noch brauchst.«
Tom brachte keine Erwiderung hervor. Zu sehr überraschte ihn der plötzliche Eifer des Mannes.
»Das Kofferpacken wird etwas problematisch«, fuhr Gregory inzwischen fort. »Ich werde euch also nach dem Mittagessen zwei Teamassistentinnen besorgen, denen ihr eine Einkaufsliste erstellt mit einfacher Kleidung, Toilettenartikeln und allem, was ihr für zwei Wochen Brasilien benötigt.
Ich bleibe den Rest des Tages hier im Gebäude, und heute Abend fahrt ihr mit mir nach Hause. Ich habe ausreichend Platz für die Nacht, und morgen könnt ihr euch schon auf den Weg nach Rio machen.«
»Manaus«, korrigierte Tom tonlos.
»Dann eben so.«
Kapitel 9
Tagebuch von Marie Thomas – Brasilien, 15. Mai
D ie Geheimniskrämerei geht mir auf die Nerven. Heute habe ich Susan noch einmal zur Rede gestellt. Als ich wissen wollte, was es mit dem Friedhof im Wald auf sich hat, war sie völlig überrascht, tat, als wüsste sie von nichts. Aber sie kann mich nicht täuschen. Warum will sie es mir nicht sagen? Was ist so irrsinnig geheim?
Ich habe sie auch auf das Gefasel von Tia Velha angesprochen, von dem Geist oder den Geistern des Waldes und deren Haus im Wald. Ich habe sehr wohl bemerkt, dass Susan bei der Erwähnung leicht zusammenzuckte, aber wieder tat sie so, als hätte sie noch nie davon gehört.
Erst als ich erzählte, dass ich von einem Oliver erfahren habe und ob sie mir wenigstens etwas über ihn erzählen könne, hat sie dann eingelenkt. Vielleicht, weil sie dachte, ich wüsste mehr und wollte sie testen, keine Ahnung, vielleicht auch, um mir wenigstens eine einzige Antwort zu geben.
Aber viel war das auch nicht. Sie sagte, es habe mal einen Oliver im Camp gegeben, vor rund einem Jahr, auch ein Medizinstudent. Der sei etwas merkwürdig gewesen und hätte sich genauso wie ich für das abergläubische Gerede über den Chupacabra und die Geister des Waldes interessiert. Überhaupt hätte er sich viel für Mythologie, Sagen, legendäre Wesen und dergleichen begeistert, so sehr, dass er überzeugt war, dass es einen wahren Kern geben müsse. Dann hätte er eines Tages seine Sachen gepackt, habe sich offiziell abgemeldet und sei flussaufwärts gezogen. Seitdem habe man nichts mehr von ihm gehört und wisse nicht, was aus ihm geworden sei.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass das nur die halbe Wahrheit war und dass Susan mir diese Geschichte nur aufgetischt hat, um mir Angst zu machen.
Irgendetwas verbirgt sich flussaufwärts. Es muss einfach so sein. Ich habe mir den ganzen Tag darüber Gedanken gemacht, aber letztlich gibt es nur einen Weg, es herauszufinden.
Ich werde nachher noch einen Brief an Juli schreiben, aber ohne die ganzen Details, ich weiß nicht, wer die Post unterwegs vielleicht aufmacht.
Proviant habe ich nun schon zusammen, eine kleine Ausrüstung mit Messer, Seil, Medikamente und was man so braucht. Und morgen früh breche ich auf.
Flughafen Fuhlsbüttel, Hamburg, 26. Juli
Tom und Juli warteten darauf, dass ihr Gate öffnete und die Maschine nach Frankfurt zum Einsteigen freigegeben wurde.
Der ganze vorherige Tag war noch mit der Organisation der Reise angefüllt gewesen. Gregory hatte sein Versprechen gehalten und schon am Vortag mithilfe der vorgeblichen Putzfrau nicht nur die Pässe und Brieftaschen unbehelligt aus den Wohnungen holen können. Auch hatte er zwei Assistentinnen abgestellt, die die Einkäufe erledigten. Mehrfach fielen Tom und Juli zahlreiche weitere Kleinigkeiten ein, und sie schickten sie erneut los. Außerdem mussten sie sich ausreichend Malariaprophylaxe verschreiben lassen
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