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Hymne an Die Nacht

Hymne an Die Nacht

Titel: Hymne an Die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Madsack
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sich gestoßen hatte, als sei sie eine Fremde für ihn, seit er die Wahrheit über sie kannte, von Kyrill, der sie erneut bedrohte und Rache üben wollte.
    »Um Gottes willen«, stöhnte sie, »das arme Mädchen. Dann seid ihr beide in Gefahr! Soll ich nicht besser zu euch kommen? Ich setze mich ins nächste Flugzeug.«
    »Das fehlte gerade noch, Hexlein. Dann wärst du auch nicht mehr sicher! Du bleibst genau dort, wo du bist. Obwohl die Vorstellung, dich hier bei mir zu haben, sehr verlockend ist …« Er schickte ihr ein Lächeln durchs Telefon.
    Sie schwieg eine Weile, bis sie fragte: »Wirst du mit Kyrill fertig werden? Und hast du eine Ahnung, was er vorhat?«
    Nein, musste er ihr gestehen. Die Sorge um Joanna hatte ihn zu sehr abgelenkt, seine Sinne waren seitdem weniger geschärft.
    »Stanislaw«, ihre Stimme klang eindringlich, »dieses Monster ist zu allem fähig, vergiss nicht, wie heimtückisch er mich damals in die Falle gelockt hat.«
    Wie sollte er das jemals vergessen, dachte er bitter.
    »Kannst du ihm nicht eine Falle stellen? Damit das endlich ein Ende findet?«
    »Eine Falle? Bei der ich womöglich Joannas Leben riskiere?«, erwiderte er ungewollt heftig.
    »Ich weiß, wie sehr du sie liebst«, sagte sie ruhig, »aber du solltest dich wieder auf deine Stärke besinnen.«
    »Ist es wirklich so weit mit mir gekommen, dass du mir erklären musst, was Gefühle bei einem Vampir anrichten können?«, fragte er mit sanfter Ironie. »Aber du hast ja recht«, lenkte er ein. »Um mal von etwas anderem zu sprechen, was treibst du zurzeit in Zürich? Was hast du für Pläne?«
    »Mein Agent kümmert sich um alles. Ich soll demnächst in Luzern eine Meisterklasse für junge Flötisten leiten, und Anfang nächsten Jahres kann ich wahrscheinlich mit dem Zürcher Tonhalle-Orchester auf eine längere Tournee gehen.«
    Gegen seinen Willen versetzte ihm die Nachricht einen Stich, doch das verging rasch. Zu sehr hatte er sich für sie gewünscht, dass sie den Weg zu ihrer Musik zurückfand, ihrer einzigen dauerhaften Heimat. Als er sie kennengelernt hatte, war sie bereits eine gefeierte Solistin gewesen, doch dann hatte die Begegnung mit ihm alles für sie verändert. Als er sich fast gewaltsam von ihr getrennt hatte, um ihr ein Leben an der Seite einer so getriebenen Kreatur wie ihm zu ersparen, hatte er nicht geahnt, dass sie daran fast zugrunde gehen und auch in ihrer Kunst keine Rettung mehr finden würde.
    »Ich freue mich sehr für dich«, sagte er aufrichtig. Die Wehmut in seiner Stimme entging ihr dennoch nicht.
    »Stanislaw«, sie klang plötzlich weich, und er spürte das Verlangen in ihrer Stimme, »wann werden wir wieder zusammen sein können?«
    »Ich weiß es nicht, Hexlein, aber ich wünsche es mir genauso wie du. Nur muss hier zuerst etwas zu Ende gebracht werden.«
    »Ja«, murmelte sie. »Sag mal, Stanislaw, dieser Vadim, was ist das für einer? Ich kann verstehen, dass Joannas Geständnis erst mal ein Schock für ihn war, aber ihm müsste doch schon vorher einiges seltsam vorgekommen sein.«
    »Sein größtes Problem besteht darin, dass er nie an die Existenz von uns Vampiren geglaubt hat«, erwiderte er trocken, »und das, nachdem er in mehreren Vampirfilmen den Protagonisten gespielt hat und ein Kind dieser Region ist.«
    Er erzählte Daphne einige Details aus Vadims Biografie und von dem, was die Medien über ihn berichteten.
    Sie hörte ruhig zu. »Und du, wie siehst du ihn?«, fragte sie schließlich.
    »Das ist eine Frage, auf die ich zunächst keine Antwort wusste. Anfangs war ich ein bisschen der eifersüchtige Vater, dann habe ich mich genauer mit ihm beschäftigt, vor allem, nachdem Joanna quasi bei ihm eingezogen war. Dieser Mann muss trotz seiner bekannten Schwächen etwas Besonderes haben, das Joanna von Anfang an in ihm erkannt hat. Sie war mit ihm aus und kam unerwartet früh von dieser Verabredung zurück, als sei etwas Unangenehmes vorgefallen. Doch am anderen Tag war sie wie ausgewechselt. Sie ließ sich von seinem Faktotum im Hotel abholen und zu ihm bringen, und du hättest sie sehen sollen, wie eilig sie es da hatte. Ich habe sie heimlich beobachtet, wie sie im Sturmschritt das Hotel verließ.«
    Er machte eine Pause, und Daphne unterbrach ihn jetzt nicht mehr. »Ich weiß nicht, was damals über Nacht in ihr vorgegangen ist, aber plötzlich war alles anders. Vadim tritt als glamouröser Superstar auf, er gibt den Macho, dem alles gelingt und der jedes weibliche Wesen haben

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