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Hymne der demokratischen Jugend (German Edition)

Hymne der demokratischen Jugend (German Edition)

Titel: Hymne der demokratischen Jugend (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serhij Zhadan
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Absolut aus der Hosentasche und grinste freundlich-mondgesichtig. – Sjewa, – er streckte Iwan seine schwammige rechte Hand hin, schraubte dann hastig den Deckel ab, trank und reichte Iwan den Absolut. Iwan setzte die Flasche an den Mund, kriegte vom Wodka einen Hustenanfall und spülte mit Limo nach. – Auf unsere Bekanntschaft, – sagte das Mondgesicht freundlich und nahm noch einen Schluck. – Hey, Brüderchen, – begann der junge Mann die Konversation, als die Maschine in den Himmel aufstieg und Iwan die Limo hochkam, – bist du geschäftlich unterwegs oder was? – Kulturprogramm, – flüsterte Iwan und schluckte schwer, − kommunaler Sektor. – Und ich, Brüderchen, – das freundliche Mondgesicht lehnte sich genüßlich im Sessel zurück und klemmte die Oma in der Reihe dahinter ein, – fliege über die Parteilinie. – Wie das? – Iwan kapierte nicht. – Ich, Brüderchen, komme aus dem Donbass, – die füllige Hand desjungen Mannes fuhr plötzlich in Iwans Richtung, der konnte gerade noch rechtzeitig ausweichen, und Sjewa fing die Stewardeß ab, die durch den Gang lief und einer Delegation betrunkener ukrainischer Diplomaten, die in Budapest noch nach Brüssel zum Gipfeltreffen über freie Wirtschaftszonen umsteigen mußten, die Sicherheitsgurte anlegte. – Mütterchen, – sagte er, – Mütterchen, zwei Tee bitte. Ja, Brüderchen, wandte er sich wieder Iwan zu, – ich komme aus dem Donbass, also vom Donezker Gebietskomitee, ideologischer Sektor sozusagen. Fliege über die Parteilinie, er nahm noch einen Schluck und griff sich Iwans Limo. – Und was macht ihr dort in der Partei? – fragte ihn Iwan. – Wir? – der junge Mann lachte fröhlich, – wir gründen eine Plattform, Brüderchen. Hast du Marx gelesen? – Hab ich, – antwortete Iwan. – Und Engels? – Iwan nickte wieder. – Und den Briefwechsel zwischen Marx und Engels? – Damit verkomplizierte das freundliche Mondgesicht die Sache. Iwan mußte verneinen. Der junge Mann lachte: – Ha, Brüderchen, das ist es – ihr alle lest den falschen Marx und den falschen Engels. Den Briefwechsel muß man lesen. Ich zeig dir ein Buch, – flüsterte er Iwan vertraulich ins Ohr und kam ihm dabei ganz nahe, Iwan war es ein bißchen so, als schnuppere das Mondgesicht an ihm, – das Buch der Bücher, Brüderchen, der frühere Leiter unserer ideologischen Sektion hat es geschrieben, schon zehn Jahre her, ich lese es aber bis heute und entdecke immer was Neues. Es geht eben um den Briefwechsel zwischen Marx und Engels. Da, lies! – fröhlich drückte er Iwan eine zerknitterte Broschüre in die Hand. – Wir bereiten uns auf die Wahlen vor, Brüderchen, fuhr er fort, lehnte sich wieder zurück und klemmte die Oma, die sich gerade hatte befreien können, wiederein. – Werden denen schon noch zeigen, was das heißt, Diktatur des Proletariats! – das freundliche Mondgesicht ballte die Fäuste. – Wir sind noch wer, Brüderchen. Sobald sie unseren Sponsor rauslassen. – Wo rauslassen? – fragte Iwan verständnislos. – Die Ungarn haben ihn geschnappt, er war gerade dabei, seine Offshore-Moneten über ihre Bank zu leiten, da haben sie ihn geschnappt. Er hatte seine Finger an der Pipeline, kapiert? Unser Sponsor ist der beste von allen, Brüderchen. Hatte seine Finger an der Pipeline, da kam die Reversion, also sie haben die Fließrichtung geändert, dazu der neue Terminal und so, kapierst du, Verschlechterung der Zollbedingungen, und er hat irgendwelchen Typen aus dem ungarischen Staatsdepartement versprochen, bei diesem ganzen Hype eine Abzweigung zu ihnen zu legen, so ein Hype, verstehst du – und wir haben’s ja! Warum ich aber so angefressen bin – die eigenen Leute haben ihn verpfiffen, aus seiner eigenen Fraktion, wo er doch erstens Revisionist ist und zweitens seine Finger an der Pipeline hat, klar, daß denen das nicht paßt. Haben ihn also an die Ungarn verzinkt, die Ungarn haben ihn geschnappt und halten ihn fest, angeblich wegen der Offshore-Moneten, aber was das für Offshore-Moneten sein sollen, weiß keiner, so ist das, Brüderchen. Macht aber nichts, Dialektik halt. Hast du Lenin gelesen? – Iwan nickte. – Na, so was wie die Bedingungen des sich verschärfenden Klassenkampfes. Aber scheiß drauf, – das freundliche Mondgesicht setzte wieder gierig die Flasche an, – ein Gespenst, Brüderchen, geht um in Europa, also scheiß drauf. Das Proletariat läßt sich nicht einschüchtern, wir haben schon einen Kontakt im

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