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Hymne der demokratischen Jugend (German Edition)

Hymne der demokratischen Jugend (German Edition)

Titel: Hymne der demokratischen Jugend (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serhij Zhadan
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Staatsdepartement, jetzt noch ordentlich schmieren, und er ist noch vor den Wahlen raus. Dann werden wir uns die drei Quellender Sozialdemokratie mal anschauen. Hier, – Sjewa zog geschickt einen Stapel Flugblätter aus dem Ärmel, – nimm! – Was ist das? – fragte Iwan. – Meine Arbeit, – grinste Sjewa freundlich-vollmondig, – habe ich entwickelt. Wir stehen in der Tradition, verstehst du, setzen sozusagen die Sache unserer Eltern fort, der frühere Leiter unserer ideologischen Sektion hat seinerzeit, vor zehn Jahren oder so, eine geile Theorie vom Zerfall des Kapitals entwickelt, ich bin noch weiter gegangen – ich habe die Theorie der Autarkie des Kapitals entwickelt. – Und was soll das sein? – fragte Iwan wieder – mit der halbvollen Flasche Absolut in einer Hand und der ebenfalls halbvollen Limo in der anderen, fühlte er sich irgendwie unsicher in diesem Flugzeug, zwischen diesen Diplomaten, neben Sjewa, vor der halb erstickten Oma, er war total verwirrt und nahm deshalb noch einen Schluck. – Was das ist? – lachte der junge Mann. – Das ist eine Bombe, Bruder, ein Perpetuum mobile, denen hab ich’s gezeigt, kapiert? Wir drücken das jetzt durch den Haushaltsausschuß, kriegen die Investitionsförderung, schmieren die Fraktion, und dann kommt auch unser Sponsor frei. Ach Brüderchen, Brüderchen, – Sjewa umarmte Iwan, – nur die wehrhafte Revolution ist was wert. Lies es, wenn du Zeit hast, – sagte er geschäftig, nahm Iwan die Pulle ab und trank sie auf einen Zug leer. Iwan griff verwirrt seinen Aktenkoffer, holte die Pressemitteilung heraus und hielt sie Sjewa hin: hier, – sagte er, – das ist von mir. – Geschäftsunterlagen? – der mondgesichtige Sjewa blätterte sachkundig, – technische Daten? – Dort steht unsere Faxnummer, – erklärte Iwan, – wenn was ist – melde dich, bist immer willkommen. – Ach, Brüderchen, sagte Sjewa daraufhin enttäuscht, – hier steht alles auf englisch, und ichbin doch Deutscher. Aus dem Donbass. – Deutscher? – Na klar, – das Mondgesicht des jungen Mannes sah plötzlich traurig aus, – hab ab der vierten Schulklasse Deutsch gelernt – seid bereit, immer bereit, es lebe ernst thälmann, verstehst du? – Hier, nimm, – Iwan öffnete noch einmal seinen Aktenkoffer und holte den Ausdruck heraus. – Das ist die Übersetzung. – Aha, – Sjewa prüfte den Stapel mit den Fingern, – verstehe, – sagte er respektvoll, als er die Skizze des Ofens sah.
    Nach der Landung auf dem internationalen Flughafen von Budapest war Iwan schlecht; die Stewardeß ging durch den Gang und band die ukrainischen Diplomaten los. – Okay, Brüderchen, – sagte Sjewa, – ich bin weg, die Genossen vom ungarischen ZK erwarten mich. Und nicht vergessen – die Autarkie des Kapitals! – Er zerdrückte Iwan fast in seiner freundlich-vollmondigen Umarmung, kickte die leere Flasche Absolut unter den Sitz und ging zum Ausgang. Iwan folgte ihm. Und hinter Iwan schleppte sich die halberstickte Oma hinaus. In Budapest regnete es.
    Im Flughafen wurde Sjewa von Zigeunern erwartet. Vorne ein Zigeuner mit einer Gitarre, an seinem roten Hemd war eine rote Schleife befestigt, daneben ein Zigeuner mit einem Zimbal, dahinter ein paar bunt gekleidete Frauen – ohne Instrumente, aber bereit, jeden Augenblick loszusingen. Sjewa sah die Zigeuner, aha, er stieß seine geballte, schwammige Faust in die Höhe, camarada, es lebe ernst thälmann! Der Zigeuner mit der Schleife zupfte die Saiten, sein Partner schlug das Zimbal, und alle sangen die Internationale.
    Iwan kam am nächsten Morgen im Hotel wieder zu sich. Zwei Frauen in strengen Kostümen beugten sich über ihn. – Mister Oschwanz? – fragten sie, – House of the Death? – Ja, genau, – antwortete Iwan und schleppte sich zum Konferenzsaal. – Hören Sie, – sagten unterwegs die beiden Frauen, heute ist der zweite Konferenztag. Sie treten als dritter auf. – Darf ich vielleicht als vierter? – Nein, – die Frauen blieben hart, – als vierter ist der Vertreter der Zionisten dran, es gäbe einen Skandal, wenn sein Auftritt verschoben würde. – Wenn ich Ihnen hier alles vollkotze, – sagte Iwan, – gibt es auch einen Skandal. – Alles wird gut, – antworteten ihm darauf die zwei Frauen, – wo ist Ihre Präsentation? – Iwan gab ihnen wortlos die CD. – Und das Referat? – fragten die Frauen. – Und das Referat? – stimmte Iwan ein und fing an, in den Taschen seines neuen, aber schon zerknitterten

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