Hyperkode Wüstenfuchs
bitte den Helm zu schließen, oder bitte die Mittagspause zu beenden, weil die Arbeit wartet, mit der man sich den ganzen Tag verdirbt; wenn wir das tun wollten, hätten wir nur noch ›bitte‹ zu sagen. Sie sind in drei Minuten fertig zum Aussteigen, klar!«
Ich grinste verstohlen vor mich hin. Die Männer des Wachpersonals schienen Nerven aus Draht zu besitzen, oder wie sonst hätten sie auf die Dauer die provozierenden Bemerkungen böswillig eingestellter Sträflinge ertragen können? Von diesen Leuten schien es im Bolloni-Krater sehr viele zu geben. Das war auch nicht verwunderlich, denn hier hatten wir die wirklich schweren und schwersten Fälle untergebracht.
Ich brauchte mir nur die Verhaltensweise der ehemals so mächtigen Wissenschaftspriester aus dem Kult des Sehenden Calthur vorzustellen, um zu wissen, was diese Frauen und Männer den Wachsoldaten im Sinne des Wortes an die Köpfe warfen. Das waren intellektuell ausgeklügelte, haarspalterische Feinheiten, gegen die ein an seine Dienstvorschriften gebundener Wachmann so gut wie nichts ausrichten konnte. Ihm stand nur der Weg der Beschwerde bei seinen Vorgesetzten offen, und er begann meistens nach einem Jahr zu resignieren.
So ist das Leben! Es wäre an dieser Stelle zwecklos, die Verhältnisse auf Luna am 23. Oktober 2011 n. Chr. beschönigen zu wollen. Früher waren die Sträflinge gezähmt worden, heute paßten sich die Männer des Wachpersonals an. Ich konnte mich also in das Gefühlsleben unseres Transportleiters gut hineindenken. Auf eine telepathische Belauschung legte ich keinen Wert. Es wäre unanständig gewesen.
Wir klappten unsere Raumdruckhelme nach vorn und überprüften den einwandfreien Sitz der Magnetverschlüsse. Die helminternen Kontrolleuchten gaben Grünwert.
Demnach hatte die Sauerstoffversorgung eingesetzt. Die Klimastation lief, und die Sprechfunkanlage arbeitete ebenfalls einwandfrei.
Der Sergeant ordnete eine kurze Sprechprobe an, deren Ergebnis zufriedenstellend war. Von der Sekunde an empfingen wir unsere Anweisungen nur noch über Funk.
»Zuhören«, forderte er gelassen. »Wir sind außerhalb des Ringwalls gelandet. Das ist notwendig, weil der Riesenmeteor einen großen Teil der inneren Kraterrundung bedeckt. Hier draußen sind die Wohnanlagen für das Wachpersonal errichtet worden; die üblichen Druckkuppeln, die Sie alle kennen. Die Lagerhallen für Güter jeder Art haben wir in den Ringwall hineingebaut. Das erspart kostspielige Druckkuppeln und erfordert lediglich ein gutes Schleusensystem; und das haben wir hier oben. Aus dem Grund müssen wir eine luftleere Zone ohne Außendruck passieren, um die Schleusenaufzüge zu erreichen. Ist das verstanden worden?«
»Wir sind keine Anfänger, Sergeant«, gab ich ihm zu verstehen.
»Akzeptiert! Ich habe Sie jedoch pflichtgemäß zu unterrichten. Spaß macht es mir nicht. Das Ringgebirge des Bolloni-Kraters besitzt zahlreiche Aufwurfblasen. Darunter verstehen wir große bis riesenhafte Hohlräume. Wir haben sie genutzt und sämtliche Verhüttungsanlagen dort eingebaut. Erweiterungen und Begradigungen der vorhandenen Hohlräume waren selbstverständlich notwendig. Dort wurden auch die Unterkünfte für die Strafgefangenen angelegt. Die in der Erzverhüttung Tätigen bleiben immer im Ringgebirge. Die Abbau-Kommandos, zu denen Sie wahrscheinlich gehören werden, verlassen den Ringwall kratereinwärts, um vor Ort ihrer Arbeit nachgehen zu können. Wir beuten den Erzmeteor nach verschiedenen Methoden aus. Das fast reine Nickeleisen wird im Tage-Abbau, also von der Oberfläche her, gewonnen. Die hochwertigen Einschlüsse von Chrom, Mangan, Titan, Wolfram und so weiter sind hier nicht zu finden. Sie liegen bis zu achtzehn Kilometer tief im Materialblock. Die dort arbeitenden Kommandos haben bis zur erwähnten Tiefe vorzudringen. Druckanzüge sind grundsätzlich und überall zu tragen. Das erschwert zwar die Arbeit, rettet aber das Leben, wenn es wieder einmal zu einem explosiven Druckverlust durch irgendeinen Versager kommt.«
»Und wie häufig geschieht das?« erkundigte ich mich.
»Viel zu oft. Sie tragen daher Raumanzüge mit automatisch schließenden Druckhelmen und ebenfalls automatisch anspringenden Lebenserhaltungssystemen. Ich rate Ihnen dringend, die Monturen auf keinen Fall abzulegen. Das haben schon viele Strafgefangene getan, weil es die Bewegung vor Ort erleichtert. Hunderte sind verunglückt. Unsere Stollensysteme vor Ort sind so gut und so schlecht, wie sie es
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