Hyperkode Wüstenfuchs
Damit hatte ich gerechnet. Ich habe schon ein Motiv.«
»Ach! Und wie sieht das aus, Supermann?«
»Das wirst du nach der Landung hören. Ich möchte vorher noch die von dir berichteten Tatsachen einkalkulieren. Eine letzte Frage, Zwerg, ist der neue Kommandeur planmäßig eingetroffen?«
»Klar! Vor knapp acht Tagen. TS-19 spielt seine Rolle hervorragend. Er greift wesentlich härter durch als sein Vorgänger, bleibt aber dabei sehr höflich. Vorgestern hat er einen der kleineren Cliquen-Anführer für drei Wochen in verschärfte Einzelhaft geschickt. Die großen Bosse versuchen nun, TS-19 psychologisch auszuloten und einen schwachen Punkt in seiner Laufbahn zu finden. Man arbeitet hier mit allen Mitteln. Die Erpressung höherer Strafvollzugsoffiziere steht dabei an erster Stelle. Du wirst von TS-19 empfangen werden. Mache dich auf allerhand gefaßt. Er zieht dir prompt die Zähne – wenn du es zuläßt! Achte darauf, Großer. Der erste Eindruck ist im Bolloni-Krater schon immer entscheidend gewesen.«
»Nicht nur im Bolloni-Krater. Kannst du TS-19 jederzeit erreichen?«
»Nur über Kiny. Ich gebe meine Wünsche an sie durch, und sie leitet sie an die GWA-Funkzentrale weiter. Anders geht das nicht. Okay, Schluß jetzt. Du mußt dich aus deiner Konzentrationsphase lösen, oder du fällst auf. Ende!«
Hannibal hatte recht. Als ich aufblickte und wieder klar sehen konnte, schaute ich in das Gesicht eines Wachsoldaten. Die Mündung seines Maschinenkarabiners schwebte verdächtig nahe vor meiner Brust.
»Ist Ihnen übel?« sprach er mich an. Es klang für meinen Geschmack etwas zu lässig.
»Ich habe Ihnen schon erklärt, daß Big Rody über tiefgreifen de Probleme nachdenkt«, fiel Allison gereizt ein. »Wird man hier immer in seinen privaten Gedankengängen gestört?«
»Wenn sie privat sind – nein! Sie denken doch hoffentlich nicht an eine Flucht, Mr. Polland?«
»Was für Sie und Ihre Kollegen ein gesetzlich erlaubter Grund wäre, mich in ein Sieb zu verwandeln, nicht wahr?« lehnte ich seine Vermutung ironisch ab. »Den Gefallen erweise ich Ihnen nicht, Sergeant. Richten Sie das bitte Ihren Kameraden aus. Wenn ich jemals fliehen sollte, dann bestimmt nicht in der Nähe Ihrer Maschinenwaffen. Ich bedanke mich jedoch für Ihre fürsorgliche Erkundigung nach meinem Gesundheitszustand. Mir geht es gut.«
»Wie Sie meinen, Mr. Polland. Wenn Sie jedoch eines Tages wirklich die Flucht versuchen sollten, werden die Männer der Elitedivision Luna-Port blitzschnell an Ort und Stelle sein. Dann werden Sie wohl sicherlich keinen marsianischen Schutzschirm projektor besitzen. In unseren Sträflings-Raumanzügen sind sol che Spielereien nämlich nicht eingebaut.«
Er lächelte mich provozierend an, senkte die Waffe und schritt in den hinteren Teil der Passagierkabine zurück.
Allison warf mir einen zurechtweisenden Blick zu.
»Sie waren fast fünf Minuten geistig abwesend«, flüsterte er. »Mußte das sein? Wer hat angerufen? Kiny oder MA-23?«
»Hannibal. Seine Nachrichten waren interessant. Was halten Sie von einer privilegierten Kaste besonders gewalttätiger Strafgefangener? Von Typen, die sofort das Kommando ergreifen und ihre Mithäftlinge in Angst und Schrecken versetzen?«
»Soll das etwa eine Neuigkeit sein? Das gab es in amerikanischen Haftanstalten schon immer. Ein Big-Boß wurde geschnappt. Vor ihm waren viele seiner Leute eingeliefert worden. Ganz klar, daß er das Regiment übernahm. Wie weit solche Bur schen gehen können, hängt immer vom Wachpersonal ab, besonders aber vom Leiter der Anstalt.«
»Irrtum, Framus! Von den jeweils gültigen Gesetzen hängt das ab. Ums Jahr 1870 wurden Häftlinge noch ausgepeitscht und an Ketten mit schweren Eisenkugeln geschmiedet. Hundert Jahre später begann der humane Strafvollzug.«
»Und was haben wir jetzt, im Jahre 2011?« erkundigte sich Kenji Nishimura mit einem etwas anzüglichen Lächeln. »Jetzt haben wir für Übeltäter aller Gattungen eine Art von psychothe rapeutisch geführten Mittelklasse-Hotels erschaffen. Wehe dem ›Zimmerkellner‹, der beim kleinsten geheuchelten Schmerzenruf nicht sofort erscheint und die Zellentür öffnet.«
»Übertreiben Sie nicht, Kenji«, versuchte ich sein Argument zu entkräften. »Unsere Leute können wohl unterscheiden, ob je mand wirkliche Schmerzen hat oder ob man ihnen etwas vorgaukelt; vielleicht mit dem Ziel, das Wachpersonal von einem anderen Ort abzulenken.«
»Das dürfte ein Hauptgrund für die
Weitere Kostenlose Bücher