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Hyperspace: eine Reise durch den Hyperraum und die zehnte Dimension ; [Einsteins Rache]

Hyperspace: eine Reise durch den Hyperraum und die zehnte Dimension ; [Einsteins Rache]

Titel: Hyperspace: eine Reise durch den Hyperraum und die zehnte Dimension ; [Einsteins Rache] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michio Kaku
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das man fertigt, indem man einen Papierstreifen um l8o Grad dreht und dann die Enden zusammenklebt. Wenn ein Flachländer ganz um das Möbiusband herumwandert und an seinen Ausgangspunkt zurückkehrt, entdeckt er, daß seine Organe seitenverkehrt sind (Abbildung 3.2). Möbiusbänder haben noch andere bemerkenswerte Eigenschaften, die die Wissenschaft seit Jahrhunderten faszinieren. Wenn Sie beispielsweise die Fläche vollständig umrunden, werden Sie feststellen, daß das Band nur eine Seite hat. Schneidet man es längs der Mitte durch, bleibt es dennoch ein einziges Stück, was zur Entstehung des folgenden mathematischen Limeriks führte:

    A mathematician confided
That a Möbius band is one-sided
And you’ll get quite a laugh
If you cut it in half,
For it stays in one piece when divided.

    In dem bekannten Roman Der Unsichtbare äußert Wells die Vermutung, daß ein Mensch durch »eine Formel, einen geometrischen Ausdruck, der vier Dimensionen in sich schließt«, sogar unsichtbar werden könnte. 7 Wells wußte, daß ein Flachländer verschwindet, wenn man ihn aus seinem zweidimensionalen Universum herauslöst; entsprechend könnte ein Mensch unsichtbar werden, wenn er irgendwie in die vierte Dimension springen könnte.
       In der Kurzgeschichte The Remarkable Case of Davidsons Eyes erläutert Wells die Idee, daß ein »Knick im Raum« einen Menschen dazu befähigen könnte, über weite Entfernungen zu sehen. Davidson, der Held der Geschichte, stellt eines Tages fest, daß er die beunruhigende Fähigkeit hat, Ereignisse zu sehen, die sich auf einer fernen Südseeinsel zutragen. Der »Knick im Raum« ist eine Raumverwerfung, durch die das Licht von der Südsee in den Hyperraum gelangt und von dort nach England in Davidsons Augen fällt. So werden Riemanns Wurmlöcher bei Wells zu einem literarischen Plot.
       In der Erzählung The Wonderful Visit siedelt Wells den Himmel in einer Parallelwelt oder -dimension an. Dabei geht es um die mißliche Situation eines Engels, der aus dem Himmel fällt und in einem englischen Dorf landet.
       Der Erfolg des Wells’schen Werkes begründete eine neue literarische Gattung. Auch George McDonald, ein Freund des Mathematikers Lewis Carroll, stellte Spekulationen über die Möglichkeit an, daß der Himmel in der vierten Dimension liegen könnte. 1895 schrieb McDonald die phantastische Erzählung Lilith, deren Held durch geschickte Handhabung von Spiegelbildern ein Dimensionsfenster zwischen unserem Universum und anderen Welten öffnet. Und in der 1901 erschienenen Geschichte The Inhe- ritors von Joseph Conrad und Ford Madox Ford begibt sich ein Geschlecht von Übermenschen aus der vierten Dimension in unsere Welt. Grausam und gefühllos schicken sich diese Geschöpfe an, von unserer Welt Besitz zu ergreifen.

    Die vierte Dimension in der Malerei
    Die Jahre von 1890 bis 1910 können als das goldene Zeitalter der vierten Dimension gelten. In diesem Zeitraum eroberten die von Gauß und Riemann entwickelten Ideen die literarischen Kreise, die Avantgarde und die Phantasie der breiten Öffentlichkeit; auf diese Weise wirkten sie sich auf die Entwicklung von Malerei, Literatur und Philosophie aus. Auch ein neuer Zweig der Philosophie, die Theosophie, wurde von der Theorie höherer Dimensionen stark beeinflußt.
       Einerseits bedauerten ernsthafte Wissenschaftler diese Entwicklung, weil sie die strengen, wissenschaftlichen Resultate der Riemannschen Arbeit verflachte und vereinfachte. Andererseits hatte die Popularisierung der vierten Dimension auch ihre positiven Aspekte. Nicht nur, daß sie dem Laienpublikum die neuere mathematische Entwicklung zugänglich machte, sie wurde auch zu einer Metapher, die die kulturellen Strömungen bereicherte und anregte.
       In ihrer Schrift The Fourth Dimension and Non-Euclidean Geometry in Modern Art vertritt die Kunsthistorikerin Linda Dalrymple Henderson die Auffassung, die vierte Dimension habe die Entwicklung des Kubismus und Expressionismus in der bildenden Kunst entscheidend beeinflußt. Sie schreibt: »Von den Kubisten wurde die erste und schlüssigste Kunsttheorie entwickelt, die sich auf die neuen Geometrien stützte.« Für die Vertreter der Avantgarde symbolisierte die vierte Dimension die Revolte gegen die Auswüchse des Kapitalismus. Sie sahen in dem repressiven Positivismus und dem Vulgärmaterialismus eine Beeinträchtigung aller schöpferischen Bestrebungen. Beispielsweise empörten sich die Kubisten gegen die

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