Hyperspace: eine Reise durch den Hyperraum und die zehnte Dimension ; [Einsteins Rache]
nicht aus einem strengen System von Grundprinzipien, aus denen man diese Schleifen hätte ableiten können. Wie gesehen, entwickelte sich die Stringtheorie rückwärts, da sie ihre Entstehung der zufälligen Entdeckung von Veneziano und Suzuki verdankte. Der nächste Schritt in der Rückwärtsentwicklung des Strings mußte nun darin bestehen, daß man sich auf den Spuren von Faraday, Riemann, Maxwell und Einstein bewegte und eine Feldtheorie der Strings entwickelte.
Stringfeldtheorie
Seit Faraday seine bahnbrechende Arbeit vorgelegt hat, wird jede physikalische Theorie als Feldtheorie formuliert. Das galt für Maxwells Lichttheorie ebenso wie für Einsteins Relativitätstheorie. Überhaupt beruht die ganze Teilchenphysik auf der Feldtheorie. Die einzige Ausnahme bildet hier die Stringtheorie. Das KSV-Programm war eher ein System zweckdienlicher Regeln als eine Feldtheorie.
Deshalb bestand mein nächstes Ziel darin, diese Situation zu bereinigen. Allerdings stellte sich bei einer Stringfeldtheorie das Problem, daß viele bedeutende Physiker sie ausgeschlossen hatten. Und ihre Argumente waren einfach. Jahrelang hatten solch übermächtige Vaterflguren der Physik wie Hideki Yukawa und Werner Heisenberg versucht, eine Feldtheorie zu entwickeln, die nicht auf Punktteilchen beruhte. Unter Elementarteilchen stellten sie sich eher pulsierende Materieblobs (Tröpfchen) als Punkte vor. Doch wie sehr sie sich auch mühten, Feldtheorien, die von solchen Blobs ausgingen, verstießen stets gegen die Kausalität.
Würden wir an einem Punkt des Blobs eine Erschütterung auslösen, so würden sich die Wechselwirkungen rascher als das Licht im Blob ausbreiten, womit sie gegen die Regeln der speziellen Relativitätstheorie verstießen und eine Vielzahl von Zeitparadoxa hervorriefen. So war bekannt, daß »nichtlokale Feldtheorien«, die auf Blobs beruhen, außerordentlich schwierige Probleme aufwerfen. Mit großer Entschiedenheit vertraten deshalb viele Physiker die Auffassung, nur lokale Feldtheorien, die von Punktteilchen ausgehen, könnten schlüssig sein. Nichtlokale Feldtheorien müßten gegen das Relativitätsprinzip verstoßen.
Noch überzeugender war das zweite Argument. Das Veneziano-Modell besaß viele magische Eigenschaften (unter anderem die sogenannte Dualität), die man in Feldtheorien noch nie beobachtet hatte. Jahre zuvor hatte Richard Feynman einige Regeln aufgestellt, die für alle Feldtheorien gelten. Nun befanden sich aber diese Feynmanregeln in direktem Widerspruch zur Dualität. Deshalb waren viele Stringtheoretiker davon überzeugt, eine Stringfeldtheorie sei unmöglich, weil die Stringtheorie sich auf keinen Fall mit den Eigenschaften des Venezianomodells vereinbaren lasse. Die Stringtheorie nehme, sagten sie, eine absolute Sonderstellung in der Physik ein, weil sie sich nicht als Feldtheorie formulieren lasse. Zusammen mit Keiji Kikkawa habe ich an diesem schwierigen, aber wichtigen Problem gearbeitet. Schritt für Schritt entwickelten wir unsere Feldtheorie, nicht viel anders als unsere Vorgänger Feldtheorien für andere Kräfte entwickelt hatten. Wie Faraday führten wir an jedem Punkt der Raumzeit ein Feld ein. Doch um zu einer Feldtheorie der Strings zu gelangen, mußten wir Faradays Konzept verallgemeinern und ein Feld postulieren, das für alle denkbaren Konfigurationen eines in der Raumzeit schwingenden Strings definiert war.
In einem zweiten Schritt postulierten wir die Feldgleichungen, denen der String gehorcht. Die Feldgleichungen für einen einzelnen String, der sich allein in der Raumzeit bewegt, sind leicht. Wie erwartet reproduzierten unsere Feldgleichungen eine unendliche Reihe von Stringresonanzen, die alle einem subatomaren Teilchen entsprachen. Dann fanden wir heraus, daß sich die Einwände von Yukawa und Heisenberg durch die Stringfeldtheorie entkräften ließen. Wenn wir den String in Bewegung setzten, wanderten die Schwingungen den String mit einem Tempo entlang, das geringer war als die Lichtgeschwindigkeit.
Doch bald daraufstießen wir auf ein offenbar unüberwindliches Hindernis. Als wir versuchten, wechselwirkende Strings einzuführen, gelang es uns nicht, die Veneziano-Amplitude korrekt zu reproduzieren. Die Dualität und die Zählweise der Diagramme, die Feynman für jede Feldtheorie festgelegt hatte, waren unvereinbar. Es verhielt sich genauso wie die Kritiker erwartet hatten: Die Feynman-Diagramme stimmten nicht. Ein entmutigendes Ergebnis.
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