Hyperspace: eine Reise durch den Hyperraum und die zehnte Dimension ; [Einsteins Rache]
Wirklichkeit zu tun haben. So kam die Stringforschung unvermittelt zum Stillstand. Wie zuvor die Kaluza-Klein-Theorie fiel die Stringtheorie in einen tiefen Winterschlaf. Zehn lange Jahre blieb das Modell in der Versenkung verschwunden. (Obwohl die meisten Stringphysiker, meine Wenigkeit eingeschlossen, das Modell wie ein sinkendes Schiff im Stich ließen, versuchten ein paar Unverzagte wie John Schwarz und der verstorbene Joel Scherk, das Modell am Leben zu erhalten, indem sie ständig Verbesserungen an ihm vornahmen. Beispielsweise hielt man die Stringtheorie ursprünglich nur für eine Theorie der starken Wechselwirkungen, bei der jeder Schwingungsmodus einer Resonanz der Quarkmodells entspricht. Dagegen konnten Schwarz und Scherk nachweisen, daß das Stringmodell in Wirklichkeit eine einheitliche Theorie aller Kräfte und nicht nur der starken Wechselwirkungen ist.)
Nun schlug die Quantengravitationsforschung andere Wege ein. Von
1974 bis 1984, als die Stringtheorie in Vergessenheit geriet, untersuchte man nacheinander eine große Zahl von alternativen Theorien der Quantengravitation. In dieser Zeit erfreuten sich die ursprüngliche Kaluza-KleinTheorie und dann die Supergravitation großer Beliebtheit, doch jedesmal stieß man auch auf die Mängel dieser Modelle. Beispielsweise zeigte sich immer wieder, daß die Kaluza-Kleinund die Supergravitationstheorie nicht renormierbar sind.
Doch dann geschah etwas Merkwürdiges. Zum einen wurden die Physiker der wachsenden Zahl von Modellen überdrüssig, die in diesem Zeitraum erwogen und verworfen wurden. Alle scheiterten sie, und so stellte sich allmählich die Erkenntnis ein, daß die Kaluza-Klein-Theorie und die Supergravitation wahrscheinlich auf der richtigen Spur, aber nicht ausgefeilt genug waren, um das Problem der Nichtrenormierbarkeit zu lösen. Nun war aber die einzige Theorie, die sich als genügend komplex erwies, um sowohl die Kaluza-Klein-Theorie als auch die Supergravitation einzuschließen, die Superstringtheorie. Zum anderen gewöhnten sich die Physiker langsam daran, im Hyperraum zu arbeiten. Dank der Kaluza-KleinRenaissance erschien das Konzept des Hyperraums nicht mehr ganz so weit hergeholt oder absurd. Im Laufe der Zeit verlor sogar eine Theorie, die in sechsundzwanzig Dimensionen definiert war, ihren exotischen Anstrich. Die ursprünglichen Vorbehalte gegen sechsundzwanzig Dimensionen begannen langsam aufzuweichen.
1984 bewiesen Green und Schwarz schließlich, daß die Superstringtheorie die einzige schlüssige Theorie der Quantengravitation ist, und das wilde Wettrennen begann. 1985 legte Edward Witten eine wichtige Verbesserung der Stringfeldtheorie vor, die viele für die schönste Entwicklung der Theorie halten. Er zeigte, daß sich unsere alte Feldtheorie mit Hilfe leistungsfähiger mathematischer und geometrischer Sätze (die aus der sogenannten Kohomologietheorie stammen) in vollständig relativistischer Form ableiten läßt.
Mit seiner neuen Feldtheorie führte Witten vor Augen, wieviel mathematische Eleganz die Stringfeldtheorie besitzt, die in unserer alten Version allerdings verborgen geblieben war. In kurzer Zeit entstanden fast hundert wissenschaftliche Arbeiten, in denen man den faszinierenden mathematischen Eigenschaften der Wittenschen Feldtheorie nachging. 12
Niemand ist intelligent genug
Wenn wir von der Annahme ausgehen, daß die Stringfeldtheorie richtig ist, sollten wir grundsätzlich in der Lage sein, die Protonenmasse aus den Grundprinzipien zu berechnen und auf bekannte Daten zu stoßen, wie etwa die Masse der verschiedenen Teilchen. Wenn die numerischen Werte falsch sind, müssen wir die Theorie aufgeben. Doch falls die Theorie richtig ist, muß sie zu den wichtigsten physikalischen Errungenschaften der letzten 2000 Jahre gezählt werden.
Nach der euphorischen Hochstimmung Ende der achtziger Jahre (als es den Anschein hatte, daß die Theorie in wenigen Jahren vollendet wäre und Dutzende von Nobelpreisen fällig würden) hat sich jetzt eine gewisse Ernüchterung breitgemacht. Obwohl die Theorie mathematisch eindeutig definiert ist, ist bislang niemand in der Lage, die Theorie zu lösen. Niemand.
Das Problem liegt darin, daß niemand intelligent genug ist, die Stringfeldtheorie zu lösen – oder irgendeinen anderen stringtheoretischen Ansatz, der nicht auf der Störungsrechnung beruht. Das ist ein eindeutig definiertes Problem, doch die Ironie liegt darin, daß zur Lösung der
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