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Hypnose

Hypnose

Titel: Hypnose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Beerwald
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…«
    »Herta«, setzte Inka vorsichtig an, »ich habe dich vorhin im oberen Stockwerk gesucht und auch einen Blick in dein Zimmer geworfen. Dort steht eine Wiege und …«
    »Ja, von Leander! Ein süßes kleines Kerlchen. Evelyn hat ihn mir vor zehn Tagen gebracht, seine Mutter ist schwer krank und kann den Buben im Moment nicht versorgen. Ich habe das von Herzen gern gemacht, und Doktor Brunner hat ihn auch gleich gemocht. Heute Morgen hat er Leander zum ersten Mal gesehen. Es war fast, als hätte er einen Enkel bekommen.« Hertas angespannter Gesichtsausdruck verklärte sich. »Leander ist ein ganz liebes Kind, und was er mit seinen sechseinhalb Monaten schon alles kann … Er dreht sich vom Rücken auf den Bauch und wenn er sich mit den Händchen abstützt, schaut er ganz interessiert durch die Gegend. Jetzt liegt er gerade im alten Kinderwagen von Annabel und macht im Garten unter dem Obstbaum sein Vormittagsschläfchen … Was ist denn, Inka? Du hast ja Tränen in den Augen und starrst mich so an …«
    Inka wischte sich über die Augen und hustete. »Schon gut, Herta. Schon gut. Ich … ich wäre nur auch so gerne Mutter.«
    »Du bekommst bestimmt auch eines Tages ein Kind.«
    Inka nickte und versuchte, den Kloß im Hals mit dem Kaffee hinunterzuspülen. Herta wusste gar nicht, wie recht sie mit ihrer Prophezeiung hatte. Sie konnte es kaum erwarten, Jonas im Arm zu halten. »Lass uns doch in den Garten gehen und nach ihm sehen.«
    »Himmel, da fällt mir was ein«, sagte Herta plötzlich und zog die Tischschublade auf, wo früher immer die Bonbons gelegen hatten. Mit verschämtem Blick holte sie ein Handy heraus. »Das habe ich in der ersten Aufregung ganz vergessen. Doktor Brunner durfte nicht wissen, dass ich ein Handy habe – er hält nichts von diesem neumodischen Zeug. Ich weiß nicht mal, ob es geladen ist …« Sie schaltete es ein, und tatsächlich leuchtete das Display auf.
    Ein Geräusch am Eingang ließ sie beide aufhorchen.
    Herta stand von der Eckbank auf. »Kommt da noch mal die Polizei?«
    Hoffentlich , dachte Inka. Skeptisch runzelte sie die Stirn, weil sie weder Türklingeln noch ein Rufen gehört hatte. Doch im Flur waren deutlich langsame Schritte zu hören.
    »Allmächtiger! Doktor Brunner!«, stieß Herta aus, kaum dass sie in den Flur geschaut hatte, und taumelte zurück in die Küche.
    Inka erstarrte auf der Eckbank.
    In diesem Augenblick wurde ihr klar, dass ihr ihr Unterbewusstsein Brunners Tod lediglich suggeriert hatte. Sie hatte seinen schwachen Puls nicht richtig ertastet, weil sie ihn nicht richtig tasten wollte , denn sein Tod wäre bei aller Schuld, die sie damit auf sich geladen hätte, ihre Befreiung gewesen. Nur in diesem Glauben hatte sie sich mit Herta in der Küche niedergelassen, um sich einen Moment lang zu sammeln.
    Brunner hielt sich stoßweise atmend am Türrahmen fest, ein wenig Blut lief ihm aus der Wunde an der Schläfe über die rechte Gesichtshälfte. An seinem Augenausdruck jedoch erkannte Inka die enorme Kraft, die er noch in sich hatte, eine Kraft, die er aus seinem eisernen Willen zog. Er machte an Herta vorbei ein paar Schritte in die Küche hinein und hievte eine abnehmbare ausgebleichte Kinderwagentragetasche auf die Arbeitsplatte.
    Noch nie seit der Geburt war Inka Jonas so nah gewesen, und doch war er so unerreichbar für sie. Aus ihrem Blickfeld konnte sie nur ein klein wenig von seinem Gesicht sehen. Unter dem Mützchen ragten ein paar schwarze Haare hervor. Die dichten dunklen Wimpern an den geschlossenen Augen und der deutliche Augenbrauenansatz waren der griechische Einschlag, die vollen Lippen hatte er von Annabel, stellte Inka fest. Doch es war ihr Baby, sie war die rechtmäßige Mutter, und so fühlte sie auch.
    Doch wie sollte sie jetzt am schnellsten aus der Enge hinter der Eckbank hervorkommen? Und dann? Sollte sie zuerst Jonas schnappen oder mit einem greifbaren Küchengegenstand auf den Alten losgehen?
    In Brunners Blick spiegelte sich der blanke Wahnsinn, als er den Arm ausstreckte und die Küchenschublade aufzog. Inka ahnte, was er dort holen würde. Ein Messer.
    Als er ihr den Rücken zukehrte, nutzte sie die Gunst des Augenblicks und hechtete hinter der Eckbank hervor. Sie sprang ihm an den Hals und drückte mit beiden Händen zu. Ein erstickter Laut entkam seiner Kehle. Inka drückte noch fester zu. Erschreckenderweise war es ihr jetzt gleichgültig, ob sie ihn umbringen würde. Ihr Blick galt Jonas, der nur zwei Armlängen entfernt

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