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Iacobus

Iacobus

Titel: Iacobus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matilde Asensi
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Sicherlich hatten die ortsansässigen Medizi alle Hände voll zu tun, um all die Lungenleiden und Darminfekte zu heilen.
    Statt wie die meisten Pilger in einem der vielen Hospize Unterkunft zu suchen, die sich um die Kirche San Juan Evangelista ballten, wollten Jonas und ich im prunkvollen Hospital del Rey um Obdach bitten, welches von den Zisterzienserinnen des nahegelegenen Klosters Real Monasterio de Las Huelgas geleitet wurde. Sara, die seit San Juan de Ortega äußerst wortkarg war, würde sich von uns im großen, wohlhabenden Judenviertel verabschieden, wo sie im Haus eines gewissen Samuel, einem entfernten Verwandten, Rabbi der Gemeinde und ehemaligen Schatzmeister des verstorbenen Königs Fernando IV. zu übernachten gedachte.
    Längs des Weges waren wir an vielen, reichgeschmückten Kirchen vorbeigekommen, aber erst angesichts der Vollkommenheit und Monumentalität der Kathedrale, unvergleichlich mit jeglichem anderen heiligen Bauwerk des Jakobswegs, verschlug es uns die Sprache, und wir kamen aus dem Staunen nicht heraus, als ob wir soeben mit einer himmlischen und verklärten Erscheinung fürstlich beschenkt worden wären. Im Laufe der Jahrhunderte wird man sich an Burgos vielleicht wegen seiner Helden wie Ritter Ruy Díaz de Vivar erinnern, von dem schon jetzt die Chroniken und fahrenden Spielleute berichten, indessen zweifele ich nicht daran, daß sich die Stadt weit mehr wegen ihrer Kathedrale einen Namen machen wird, diesem Beispiel steinerner Schönheit, das der Mensch kraft seines Geistes und der Geschicklichkeit seiner Hände zu schaffen vermocht hatte.
    Leider stießen wir schon kurz darauf auf das Judenviertel. An dessen Toren sagten wir Sara für immer Lebewohl. Verdrängt durch die jüngsten Ereignisse in San Juan de Ortega und das uns bevorstehende Wiedersehen mit den Geschwistern Mendoza, war der Abschied bis zu diesem Augenblick belanglos gewesen, so, als ob er nie kommen würde, als ob dies völlig unmöglich wäre.
    »Ich möchte nicht, daß wir voll Traurigkeit Abschied nehmen«, murmelte Sara und schulterte entschieden ihre Pilgertasche. »Das Leben hat uns schon zweimal zusammengeführt, und, wer weiß, es kann uns eines schönen Tages wieder vereinen.«
    »Und wenn dem nicht so ist?« fragte Jonas besorgt. »Das Leben kann sich auch dazu entschließen, daß wir uns nie mehr wiedersehen.«
    »Das wird nicht geschehen, mein hübscher Junge«, versprach die Jüdin und strich ihm mit einer Hand zärtlich über den Flaum an seinem Kinn. »Die wirklich wichtigen Menschen begegnen einem immer wieder. Alles dreht sich, alles ist im Fluß, zieht seine Kreise, und irgendwo werden wir erneut zusammentreffen … Ich wünsche Euch das allerbeste, Sire Galcerán«, sagte sie dann und wandte sich zu mir um, »Euch werde ich höchstwahrscheinlich nicht wiedersehen.«
    »Das wird schwierig werden, ja«, gab ich zu und wies in meinem Innern den Wahrheitsgehalt ihrer Worte von mir, »denn wenn ich meine Aufgabe hier erledigt habe, werde ich wohl auf meine Insel zurückkehren. Aber solltet Ihr eines Tages nach Rhodos reisen, so sucht mich im Spital meines Ordens auf.«
    »Nein, Sire … ich glaube nicht, daß ich jemals nach Rhodos fahren werde. Daraus Trost zu schöpfen, wäre absurd. Seid glücklich. Möge Jahwe Eure Schritte lenken.«
    »Möge der Himmel die Euren führen«, murmelte ich traurig und wandte mich zum Gehen. Es drehte sich mir das Herz im Leibe herum, und meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. »Komm, Jonas.«
    »Leb wohl, Jonas«, hörte ich Sara noch im Weggehen sagen.
    »Leb wohl, Sara.«
    Kaum hatten wir das Stadttor von San Martin durchschritten und wanderten zum Hospital del Emperador hinunter, das ganz in der Nähe des Hospital del Rey lag, konnte Jonas sich nicht mehr zurückhalten:
    »Warum müssen wir uns von ihr trennen?«
    »Weil sie einen Mann liebt, der hier in der Stadt lebt. Wir dürfen uns nicht in ihr Leben einmischen.« So gern wäre ich jetzt frei gewesen, um den Schmerz in meiner Brust laut herauszuschreien. »Wenn sie lieber in Burgos bleibt, ist das ihre Sache, meinst du nicht?« Die Stimme versagte mir. »Wir können sie unmöglich gewaltsam nach Santiago de Compostela schleppen. Außerdem haben wir in Burgos unsere eigenen Dinge zu erledigen, deshalb beeil dich.«
    »Was denn?«
    »Etwas zu Wichtiges, als daß ich dich hier mitten im Klosterhof darüber in Kenntnis setzen würde.« Wir befanden uns bereits innerhalb des umfriedeten Besitzes des Hospital del

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