Iacobus
weiß nur zu gut, daß unsere Reise auf irgend etwas gründet, das mit einer frommen Pilgerfahrt nichts zu tun hat, und wenn ihr auch nur der geringste Zweifel geblieben wäre, so hätte sie spätestens in San Juan de Ortega bestätigt gefunden, daß unheilvolle Dinge vor sich gehen. Nun, ich fürchte einerseits ihre Freundschaft zu den Templern« – bestürzt drehte Sara mit einem Ruck den Kopf zu mir und starrte mich an – »und andererseits den Grafen Le Mans. Du verstehst, was ich meine, nicht wahr?«
Er nickte und schien dann lange über meine Worte nachzudenken.
»Also, ich glaube, wir sollten ihr vertrauen«, verkündete er schließlich, »denn für Le Mans steht sowieso fest, daß sie Bescheid weiß; mit solchen Spitzfindigkeiten wird er sich nicht befassen.«
Zu unseren Füßen prasselte das Lagerfeuer, und über uns funkelten am Himmel die Sterne.
»Also, Sara, Ihr habt es vernommen, Jonas hat eine kluge Entscheidung getroffen, und ich bin mit ihm einer Meinung. So hört denn zu.«
Ungefähr eine Stunde benötigte ich, um der Jüdin die wichtigsten Punkte des päpstlichen Auftrags darzulegen, und Jonas fügte meinem Bericht mit wachsender Begeisterung die pittoresken Einzelheiten hinzu, als ob die Auffrischung seines Gedächtnisses wieder alles ins rechte Lot brächte. Gegen Ende hin schaute er mich sogar ab und zu an und suchte meine Zustimmung, Sara lauschte gespannt; der rege Geist dieser Frau hatte nun die abenteuerliche Nahrung gefunden, derer sie bedurfte.
»Ihr habt allen Grund, Euch zu sorgen«, meinte sie anschließend. »Auch ich würde zögern, bevor ich dies alles jemandem erzähle, der den Templern viel verdankt. Aber seid Euch gewiß, Sire Galcerán, daß, selbst wenn ihr nie erreichen werdet, daß ich sie verrate, ich dennoch verstehe, daß Ihr Eure Mission zu erfüllen habt und nur Befehle ausführt, die Euch von Euren Obrigkeiten erteilt wurden. Ihr könnt Euch keinesfalls weigern, das zu tun, was Ihr tun müßt, und ich glaube, daß Le Mans' Hetzjagd den untrüglichen Beweis dafür liefert, was ich sage … Ich verspreche geheimzuhalten, was Ihr mir anvertraut habt, und ich werde Euch helfen, wo ich nur kann, solange Ihr mich nicht darum bittet, gegen mein Gewissen zu handeln und es am nötigen Respekt fehlen zu lassen, den ich nicht nur vor Templern wie Manrique de Mendoza habe, dem ich – auch wenn er ein Schuft ist – das Leben verdanke, sondern auch vor solch gutherzigen und ehrwürdigen wie Evrard.«
»Nie werde ich von Euch etwas verlangen, was Euch zuwider ist, Sara«, beteuerte ich. »Nur Ihr habt über Euer Tun und Lassen zu bestimmen.«
»Wir werden Euch niemals zu nahe treten, Sara«, fügte Jonas hinzu und stocherte verlegen mit der Spitze seiner Sandale in der Glut herum.
»Ich weiß, ich weiß«, murmelte sie zufrieden.
Ein Lächeln und der Feuerschein erhellten ihre Augen, die wie Edelsteine funkelten, viel schöner noch als jene, die wir in San Juan de Ortega gefunden hatten. Für einen Moment vergaß ich, was ich eigentlich sagen wollte. Ich hätte sie unermüdlich bis ans Ende aller Zeiten ansehen können, denn damals glaubte ich noch (oder ich wollte mir glauben machen), daß ich fühlen und denken konnte, was immer ich wollte, solange ich nicht gegen meine Ordensregeln verstieß, die uns, wie auch den Tempelherren und Deutschrittern, jeglichen Umgang mit dem weiblichen Geschlecht untersagten. Nicht einmal anschauen (zumindest in der Theorie) sollten wir die Frauen, und das Verbot schloß auch unsere Mütter und Schwestern mit ein, die wir nicht küssen durften, wie auch sonst ›kein Weib, weder Witwe noch Fräulein‹. Ich war dazu verdammt, Sara im stillen und ohne Hoffnung zu lieben, was ich bereitwillig akzeptierte, trunken von meinen eigenen Gefühlen und überzeugt, daß dies das höchste war, wonach ich trachten konnte.
»Nun denn«, sagte ich, als ich wieder mühevoll aus meinem Sinnestaumel erwachte, da ich nicht länger schweigen durfte, »diese Nacht werden Jonas und ich ins Kloster der Antoniter eindringen. Und Ihr, Sara, werdet uns hier erwarten.«
»Wir werden wo eindringen???« rief Jonas bestürzt.
»In das Antoniterkloster. Um den Zusammenhang zwischen den Mönchen des Taukreuzes und den Templerschätzen herauszufinden.«
»Ist das Euer Ernst?« rief er und zog ein dummes Gesicht. »Nie und nimmer! Auf mich braucht Ihr gar nicht zu zählen!«
Nun gut, jetzt war er wieder derselbe Dummkopf wie immer, was mir nicht wenig Freude
Weitere Kostenlose Bücher