Iacobus
bereitete.
»Wenn du mir nicht mehr zu helfen bereit bist, kannst du gleich wieder nach Ponç de Riba zurückkehren. Die Mönche werden froh sein, ihren Novizen García wiederzuhaben!«
»Das ist ungerecht!« rief er empört aus.
»Also los, wir sind spät dran! Du zuerst!«
Zähneknirschend machte er sich auf den Weg zum Antoniterkloster, das, düster und verlassen, mehr denn je wie verzaubert wirkte.
Mit äußerster Vorsicht umrundeten wir die Mauern, um uns nicht zu verraten, wenngleich es unvermeidlich war, die tausend Vögel aufzuschrecken, die auf dem Boden, in den nahegelegenen Bäumen und den Fugen der Strebepfeiler nisteten. Im rückwärtigen Teil des Klosters fanden wir eine kleine Pforte, deren Scharniere mit Hilfe meines Dolches leicht absprangen. Eine Eule heulte hinter unserem Rücken, was sowohl den Jungen als auch mich erschreckt zusammenzucken ließ. Es blieb indessen alles still, nichts rührte sich. Daraufhin hob ich die Tür aus den Angeln, und wir schlichen hinein.
Auf der anderen Seite erwartete uns ein schmaler, feuchter Gang. Es wäre widersinnig gewesen, eine Laterne anzuzünden, da der Lichtschein uns verraten hätte, weshalb wir unsere Augen erst an die Dunkelheit gewöhnen mußten. Dann tappten wir weiter, bis wir zur Küche kamen, wo die riesigen, ehernen Kessel wie große Schlünde wirkten, die uns beim Näherkommen zu verschlingen drohten. Wir durchquerten die reichlich bestückte Vorratskammer und drangen dann durch lange und kurvige Gänge in den innersten Bereich des Klosters vor. Gleich fiel mir auf, daß nirgendwo religiöse Gegenstände auszumachen waren. Wenn man mich mit verbundenen Augen dorthin gebracht und mir dann die Binde in irgendeinem der Räume wieder abgenommen hätte, so hätte ich ohne den geringsten Zweifel schwören können, daß ich mich im Innern einer Festung oder eines Schlosses befand, denn wertvolle Teppiche bedeckten die Mauern, und Vorhänge aus blauem Samt trennten die Gemächer voneinander. Die freien Wände waren mit Eisenbeschlägen und Ketten geschmückt, und auf den Konsolen der Kamine und dem prächtigen Mobiliar waren noch viele weitere kostbare Gegenstände verteilt, die zu benennen, ja, sie gar zu beschreiben, mir unmöglich schien.
Zunächst suchte ich die Hauskapelle, da ich bis dahin meine Entdeckungen an ähnlichen Orten gemacht hatte, aber dort auf eine solche zu stoßen, war schwieriger, als eine Nadel im Heuhaufen zu finden. Es gab schlicht und ergreifend keine: weder eine Kapelle, noch eine Kirche, noch sonst irgend etwas, das daran erinnerte, daß wir uns hier eigentlich an einem Ort der Kontemplation und des Gebets befanden.
Schon seit geraumer Zeit vernahm ich zu meiner Rechten und hinter mir ein leises Rascheln wie von seidenen Frauenkleidern. Anfangs schenkte ich dem keinerlei Beachtung, da die Geräusche zu unmerklich waren, um mir sicher sein zu können, sie tatsächlich auch gehört zu haben, doch nach einer Weile begann ich mir ernsthaft Gedanken darüber zu machen.
»Jonas«, flüsterte ich und hielt den Jungen am Handgelenk fest, »hörst du das auch?«
»Seit einer Weile schon vernehme ich Dinge, die ich nicht verstehe.«
»Laß uns stehenbleiben und die Ohren spitzen.«
Um uns herum war alles still. Wir haben nichts zu befürchten, redete ich mir selbst gut zu. Plötzlich drang aus einem Winkel ein leises Lachen zu uns. Das Blut stockte mir in den Adern, und es sträubten sich mir die Haare, als ob man mir mit einer Gänsefeder über den Nacken gestrichen hätte. Jonas' Hand krallte sich in meinen Arm.
Noch einmal hörten wir das arglistige Lachen, und dann, als ob dies das Zeichen für den Angriff gewesen wäre, brach ein ganzer Sturm dröhnenden Gelächters um uns herum los, während eiserne Arme Jonas von mir wegzerrten und andere mich festhielten und mir die Hände fesselten. Der flackernde Feuerschein einer Fackel sauste wie ein Blitz an uns vorbei und entzündete nacheinander zahlreiche Kienspäne in den Händen eines gespenstischen Heers: Mehrere Antonitermönche in ihren schwarzen Umhängen mit dem blauen Taukreuz auf der Brust hatten sich entlang der Wände des Raumes aufgereiht, in den der Junge und ich eingedrungen waren, ohne zu ahnen, daß wir in eine Falle gingen.
»Herzlich willkommen, Galcerán de Born«, rief eine Stimme fröhlich von der Balustrade einer höhergelegenen Galerie herunter. »Erinnert Ihr Euch noch an mich?«
Ich blickte nach oben. In der nur von den Kienspänen erhellten
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