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iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche

Titel: iBurn-out - Zeit fuers Wesentliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birte Jeß , Ingo Schmitz
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und grundloser Traurigkeit ließen ihn unbeeindruckt und prallten an ihm ab. Sie irrten durch den Raum, ohne von ihm eingefangen zu werden. Es schien für ihn ein emotionsloser Alltag mit der immer gleichen Leier zu sein. Ich erwartete beinahe, dass er gleich zu gähnen anfing oder seine Nachrichten auf dem iPhone las. Er verkörperte für mich keinen Fachmann mit beruflicher Routine, sondern eine abgestumpfte Person mit einem vorgeheuchelten Persönlichkeitsprofil. Mir kam es vor, als folgte er meiner Krankengeschichte nur mit halbem Ohr. Warum hatte er diesen Beruf wohl gewählt?, fragte ich mich. Ich hegte immer noch die naive Vorstellung, dass Ärzte mit der Berufswahl auch ihrer persönlichen Berufung nachgingen: der individuellen Bestimmung, Menschen zu helfen, die Hilfe benötigten.
    Während meiner Schilderungen sagte er nichts, was mich noch mehr verunsicherte. Stattdessen nickte er ab und zu zustimmend und untermalte es mit einem genuschelten »Hmmm«. Versunken kritzelte er kleine und große Kreise auf seinen ansonsten weißen Schreibblock. Als er sich ertappt fühlte, schlug er das Blatt schnell um.
    Ihm fehlte definitiv eine Couch, wo seine Patienten drauf lagen, die Augen schlossen und ihn nicht mehr sehen konnten.
    »Wir werden Ihre Symptome zunächst medikamentös behandeln.« Dabei schaute er mir das erste Mal direkt in die Augen. »In Hypothalamus und Hypophyse laufen die vegetativen Informationen zusammen. BLABLABLA. Der Hypothalamus produziert CR-Hormone, die wiederum in der Hypophyse bei einer Stressreaktion zur Ausschüttung von ACT-Hormone führen. Dieses stimuliert dann die Nebenniere im Körper dazu, die Stresshormone Adrenalin und Cortisol zu produzieren. BLABLABLA. Die Stresshormone hemmen gleichzeitig auch die Produktion. Diese Bremse wird bei Ihnen gestört sein. Sie sind in dauernder Alarmbereitschaft. BLABLABLA.« Mit seiner roten Zunge fuhr er sich über die schmalen Lippen.
    Ich folgte dem monotonen Gerede meines Psychiaters nur widerwillig, schaute dabei aber interessiert. Er wollte keine Resonanz und sprach auch nicht mit mir, sondern nur vor mir. Ich kam mir vor, als sei ich sein passives Auditorium, vor dem er seine Darbietung abhielt.
    Die Chemie zwischen uns passte überhaupt nicht, auch wenn er über Chemie eine Menge zu wissen schien. Seine gesamte Person war mir unsympathisch, was ich allerdings nicht auf seinen Beruf zurückführte. Als Autoverkäufer wäre er genauso. Geradezu unecht wirkte er. Er war nicht das, was er vorgab zu sein und er erzeugte durch seine Art ein unangenehmes Gefühl in mir.
    Die Dreiviertelstunde verflog, ohne dass er meine aktive Teilnahme einforderte. Das Ende der Sitzung signalisierte er mit dem Aufstehen aus dem Sessel. »Das kriegen wir schon wieder hin.«
    Für mich waren das mitfühlende Worthülsen, denen der winzige, aber entscheidende emotionale Unterton fehlte. Von Floskeln wie »Schlaf dich mal richtig aus«, »Ist doch nur halb so schlimm« oder »Stell dich mal nicht so an« hatte ich in der letzten Zeit genug gehört. Er sollte es durch seinen beruflichen Hintergrund besser wissen. Empathie war offenbar ein Fremdwort in seiner Praxis. Meine verzweifelte Stimmung hatte sich scheinbar nicht auf ihn übertragen. Rasputin konnte meine Situation wohl auch nicht nachempfinden oder nachfühlend verstehen.
    »Die werden Ihnen helfen, bis wir uns in sechs Wochen wiedersehen.«
    Er drückte mir zwei Medikamentenpackungen in die Hand.
    Psychopharmaka. Jetzt war ich doch noch in meinem Hollywood-Schmachtfilm gelandet, dachte ich. Zwei Musterpackungen eines Pharmareferenten mit dem Aufdruck »unverkäufliches Muster«. Wenn der eigene Stoffwechsel verrückt spielte, dann musste synthetisch nachgeholfen werden. Dafür brauchte ich nicht mehr in einer glamourösen Scheinwelt wie Hollywood zu leben. »Upper and Downer«, morgens die Pillen zum Anschieben und abends die zum Abstoppen.
    »Aber was mache ich in den nächsten sechs Wochen? Ich dachte, Sie würden mit mir eine Gesprächstherapie beginnen. Sechs Wochen sind eine verdammt lange Zeit«, platzten meine Sorgen in panischer Stimmlage hervor. Ich wollte ihm nicht sein Recht auf Urlaub absprechen oder ihm seine Urlaubsstimmung vermiesen. Aber in seiner Situation und besonders in meiner, hätte er mich beim ersten Telefonat auf einen anderen Kollegen verweisen müssen. Stattdessen hatte ich in der letzten Minute vor seinem Urlaub noch einen Termin erhalten. Das hier ergab überhaupt keinen Sinn. Es

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