Ice
wir haben robustere Gene, uns macht die Verstrahlung nichts aus. Dafür setzten mir die höllischen Strahlen der Sonne zu. Ich bin fast verdurstet.«
»Ihr wart drei Tage an Pfählen gefesselt und habt nichts zu trinken bekommen?« Ich kann kaum glauben, was er erzählt.
»Das war noch nicht alles. Jeden Abend kam unser zukünftiger Ausbilder vorbei und hat uns mit einem glühenden Eisen diese Buchstaben in den Bauch gebrannt. Eine Letter für jeden überstandenen Tag.«
»Oh mein Gott!« Ich schlage die Hand vor den Mund. Meine Augen werden feucht. Ich möchte mir nicht ausmalen, wie es ihm drei Tage lang ergangen ist. Die Haut verbrannt von den ungnädigen Sonnenstrahlen, nichts zu trinken und dann noch die Schmerzen, verursacht durch das glühende Eisen … Mir wird schlecht. Er war ein Kind!
Ice verschränkt die Arme vor der Brust. »Natürlich wollten wir Jungs die Prüfung schaffen, keiner will sich die Blöße geben und abbrechen, daher gibt es fast jedes Jahr einen Toten. Ich wäre auch beinahe gestorben, doch ich war unglaublich stolz, es überstanden zu haben. Für dich mag sich das alles furchtbar anhören, aber ich habe mich danach wie ein Held gefühlt.«
»Kein Wunder, dass es heißt, die Warrior aus New World City wären noch härter und brutaler«, wispere ich.
Ice kratzt sich an der Schläfe. »Lissa hat mich nach diesen drei Tagen Hölle jeden Tag im Krankenhaus besucht, danach habe ich sie nie wieder gesehen.«
Ich atme auf. »Lissa war deine Amme!«
Er zwinkert mir zu. »Was hast du denn gedacht?«
Bevor es für mich peinlich wird, frage ich ihn: »Wenn die Aufnahmeprüfung so hart war und du so stolz warst, weil du überlebt hast … Wieso bist du Bodyguard? Das war sicher keine freiwillige Entscheidung.«
Sein Lächeln gefriert. »Doch, war es.«
»Was ist passiert?« Ich kann mir bei ihm nicht vorstellen, dass er zu feige war, um an die Front zu gehen.
»Darüber möchte ich nicht sprechen. Ich habe das Kapitel vor langer Zeit abgeschlossen.« Er rutscht nach unten und legt sich auf den Rücken.
Ich will jetzt nicht locker lassen. »Auf jeden Fall warst du ein richtiger Warrior und hast auch bei der Show teilgenommen, sonst hättest du keine Injektionen bekommen.« Die Soldaten erhalten sie erst, wenn sie mit der Ausbildung fertig sind und zum ersten Mal bei der Show mitmachen dürfen. Damit sie so geil sind, dass es ihnen egal ist, vor den Kameras Sex zu haben. Damit sie eine heiße Show liefern, alle Hemmungen verlieren.
Ice sagt nichts.
»Würdest du gerne wieder ein richtiger Warrior sein?«
Er seufzt. »Liebend gern. Mich frustriert dieser Babysitter-Job, deshalb war ich im Shuttle auch so kratzbürstig zu dir. Vielleicht klappt es ja hier mit einer neuen Karriere. Falls mich dein Vater nicht mehr braucht, möchte ich ihn fragen, ob ich in White City in eine Einheit aufgenommen werde. Aber nur, wenn es keine Shows mehr gibt.«
»Dann hatte es also etwas damit zu tun?« Ich überlege fieberhaft. Was könnte vorgefallen sein? »Hast du vor den Kameras nicht … können?«, frage ich zögerlich.
Er rollt mit den Augen. »Könntest du in deine Wohnung gehen? Ich möchte schlafen.« Demonstrativ dreht er mir den Rücken zu und zieht sich die Decke bis zur Schulter hoch.
Aha, er schämt sich offenbar für etwas. »Du kannst es mir wirklich erzählen«, sage ich vorsichtig. »Danach geht’s dir vielleicht besser.«
»Mir geht’s besser.«
»Ich habe dein Erbrochenes weggetragen.« Ich luge auf die große Schüssel, die auf dem Boden neben dem Bett steht. »Noch mehr kannst du dein Inneres ohnehin nicht nach außen kehren.«
Als er weiterhin schweigt, beschließe ich, nicht weiter nachzubohren. Er hat ein Recht auf Privatsphäre und ich bin ohnehin zu penetrant. So kenne ich mich nicht. Aber Ice macht mich neugierig.
»Verrätst du mir wenigstens deinen richtigen Vornamen?« Jeder Supersoldat wird mit einem bürgerlichen Namen geboren, doch solange sie als Warrior arbeiten, dürfen sie sich einen Kriegernamen geben.
»Isaak«, murmelt er.
»Isaak … Den Namen habe ich noch nie gehört. Isaak Trent … klingt gut, aber Ice gefällt mir besser. Passt zu deinen wunderschönen Augen.«
»Schleimen bringt dich bei mir nicht weiter«, erwidert er kühl.
Du bist nicht so kalt, wie du zwischendurch tust, mein Lieber. »Das meine ich wirklich. Ich finde deine Augen faszinierend.«
»Ich hab Kopfweh. Kannst du bitte aufhören, mich auszuhorchen?« Er klingt tatsächlich ein
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