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Ice

Ice

Titel: Ice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inka Loreen Minden
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finde ich seine Reaktion mir gegenüber. Als ob er gezwungen wurde, mich zu meiden. Vater hat doch nicht herausgefunden … Nein, dann wäre Ice nicht mehr hier und ich wahrscheinlich auch nicht.
    Plötzlich fühle ich mich einsamer als jemals zuvor. Ich kann nichts tun, um mich abzulenken, und das Haus verlassen darf ich nicht, nicht einmal mit Ice. Ich wünschte, ich könnte mit Mama oder meiner Stiefschwester sprechen, doch der einzige Transmitter, mit dem ich mit Menschen aus New World City kommunizieren könnte, steht in Vaters Arbeitszimmer.
    Ich habe versucht, etwas aus ihm herauszubekommen, aber er sagt, ich brauche mich damit nicht zu belasten und werde ohnehin bald bei meiner Mutter sein. Dabei hat er mich schon fast böse angesehen, sodass ich erneut das Gefühl hatte, er würde etwas ahnen.
    Wenn ich Ice über den Weg laufe, wirkt er kalt, als wäre er nicht mehr der Mann, den ich kenne. Vermutlich ist er nur so abweisend, um mich zu schützen. Wahrscheinlich wollte er es zwischen uns beenden, bevor es für uns noch schlimmer wird. Oder für mich. Sicherlich empfindet er nicht dasselbe wie ich.
    Stunden später, nach einem endlos langen und tristen Tag, liege ich im Bett und starre die geöffnete Terrassentür an – doch in unserer letzten gemeinsamen Nacht kommt er nicht.

Kapitel 6 – Freund oder Feind?

    Auf dem großen Platz vor dem Shuttle-Tower sind ein Podium und ein gigantischer Screener aufgebaut. Dort wird Vater seine Ansprache halten. Viele Bürger sind gekommen – es sind bestimmt mehrere tausend –, um ihn reden zu hören. Der Platz ist brechend voll, die Menschenmassen füllen sogar die Seitenstraßen. Dort stehen ebenfalls fest montierte Screener und Lautsprecher. Sie sind in der ganzen Stadt verteilt, sodass auch jeder Einwohner die Ausstrahlungen mitbekommt.
    Alle sind neugierig, was es Neues gibt, wann die nächsten Shows stattfinden und ob die abtrünnigen Warrior gefunden wurden. Mittlerweile hat es sich wie ein Lauffeuer verbreitet, dass es Soldaten gibt, die sich gegen das Regime gestellt haben. Das gefällt dem Senat natürlich nicht. Die Unruhen nehmen zu, daher wendet sich Vater heute persönlich ans Volk. Er und Freeman sind als die Obersten des Senats dafür zuständig, zu den Bürgern zu sprechen.
    Er wirkt nervös wie nie, schaut sich ständig um und rückt seine Krawatte zurecht. Ich sitze mit ihm auf dem Podium, Ice steht neben mir, auf der anderen Seite befindet sich Vaters Bodyguard Ethan und um uns herum ein Dutzend bewaffnete Wachen. Auch unsere Leibwächter tragen Pistolen.
    Vater räuspert sich und tritt zum Mikrofon, das Gemurmel der Leute verstummt.
    »Bürger von White City, ich weiß, dass ihr zu Recht beunruhigt seid. Zwei Beschützer dieser Stadt haben die Seiten gewechselt. Das hat uns alle schwer getroffen.« Seine Stimme hallt durch die Straßen und wird von der Kuppel wie ein Echo zurückgeworfen, daher muss er langsam sprechen und längere Pausen machen. »Wir wissen, dass sich die Rebellen mit den Outsidern zusammengetan haben und einen Angriff auf unsere Stadt planen.« Neues Gemurmel ertönt, einige schreien vor Schreck auf. »Aber habt keine Angst, Bürger von White City, wir sind dabei, eine Armee aufzustellen, um den Feind zu vernichten, bevor er uns angreift.« Er deutet auf mich und nickt mir zu. »Meine Tochter Veronica wird euch nun von meinen Plänen berichten. Hört an, was sie zu sagen hat.«
    Wie in Trance stehe ich auf und stelle mich ans Mikrofon. Auf dem Rednerpult vor mir ist ein kleiner Monitor eingebaut. Dort kann ich die Rede ablesen, die Vater für mich geschrieben hat. Den Text werde ich nun zum ersten Mal sehen. So war es bisher immer. Vater bestimmt alles, und heute wirkt er besonders streng. Seine Lider sind verengt, ich merke ihm seine schlechte Laune an.
    »Bürger von White City …«, sage ich, wobei die Buchstaben vor meinen Augen verschwimmen. Mein Herz rast, meine Hände zittern. Es wird Krieg geben. Krieg! Das wird mir jetzt erst richtig bewusst. Daher ist Vater auch so nervös.
    Ich werde sprechen und danach sofort in den Aufzug des Turms steigen, um nach New World City zu fliegen. Ein Shuttle steht schon bereit.
    Und ich konnte mich nicht einmal von Ice verabschieden.
    Ich spüre ihn dicht hinter mir und würde mich am liebsten zurückfallen lassen. Würde er mich auffangen? Vielleicht sollte ich eine Ohnmacht vortäuschen?
    Ich habe ihn vorhin ununterbrochen beobachtet. Auch wenn er wie ein Fels wirkt, den nichts aus

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