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Ich beantrage Todesstrafe

Ich beantrage Todesstrafe

Titel: Ich beantrage Todesstrafe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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führen könnten.« Karlssen sah Bierbaum scharf an. »Es ist schade, daß dieser Kollege nicht in unserer Mitte ist, um mit seiner damals sehr vernünftigen Haltung zu überzeugen.«
    Bierbaums kahler Schädel war dunkelrot geworden. Er atmete schwer. Blutdruck 215, dachte Doernberg. Eines Tages wird er zu Boden fallen.
    Bierbaum nestelte an den Knöpfen seiner Jacke.
    »Bitte gehen Sie«, sagte er.
    Sie verließen das Zimmer.
    Nach Einbruch der Dunkelheit zog durch die Innenstadt von Wiesbaden ein langer, stummer Zug.
    Fackeln loderten, knisterten und zogen dünne Rauchschwaden über die gesenkten Köpfe der Dahinschreitenden. Polizei ging voraus und sperrte die Straßen. Polizei beschloß den stummen Zug. Auch in ihren Händen loderten die Fackeln.
    Sie zogen durch die Innenstadt Wiesbadens … stumm, ohne Spruchbänder, ohne Sprechchöre, ohne Musik … Ein gespenstischer Leichenzug, umlodert von den rauchenden Fackeln. Wenn auch die Tausenden nicht sprachen … jeder, der dem Zug begegnete, verstand sie. Nach einer Stunde war der Zug zu einer riesigen dunklen Menschenschlange gewachsen. Eine ergreifende, schweigende Demonstration, die vor der ausgeraubten Bank anhielt, die Köpfe wie zum Gebet senkte und drei Minuten in verbissenem Gedenken verharrte.
    Dann zogen sie weiter … durch das Kurviertel, am Theater vorbei, am Bahnhof, am Schloß … sie zogen wie eine brennende Schlange kreuz und quer durch die Stadt.
    Ein Schrei des Volkes.
    Das Päckchen, das Wachtmeister Puck zu Zuchthausdirektor Friedrich Moll brachte, war leicht, rechteckig und gewissenhaft verschnürt. Die Anschrift war mit schönen, geschwungenen Buchstaben gemalt. Nur der Absender fehlte. Das war ein Schönheitsfehler, der sowohl Moll wie Puck nachdenklich werden ließ. Sie dachten beide den gleichen Gedanken: Eine Wiederholung der Sprengstoffpakete, wie sie einmal Hallacz benutzte, jener Hallacz , der damit drei Mann in die Luft jagte, um einmal als Schlagzeile in der Presse zu stehen und dafür heute im Zuchthaus Celle lebt und im Zuchthausgarten in der Sonne spazierengeht.
    Regierungsrat Moll betrachtete das Päckchen von allen Seiten. Wachtmeister Puck hielt sich in einiger Entfernung an der Tür auf und beobachtete seinen Vorgesetzten.
    »Wie kam es an?« fragte Moll.
    »Mit der Post, Herr Regierungsrat. Mit der gewöhnlichen Briefpost.«
    Moll beugte sich über das Päckchen. Der Stempel auf den Briefmarken war verwischt, aber noch lesbar. Bonn 1.
    »Es kommt aus Bonn«, stellte Moll fest.
    Puck nickte. »Besonders verdächtig«, grinste er.
    Friedrich Moll sah kurz auf. »Lassen Sie die dummen Witze, Puck. Die Sache ist zu ernst. Wir sollten die Polizei anrufen und einen Sprengmeister kommen lassen.« Er ging um seinen Schreibtisch herum, auf dem das Päckchen lag. Rechteckig, flach, gut verschnürt, beschrieben mit einer schönen, runden Schrift. Er bückte sich sogar etwas, um die flache Seite des Päckchens zu betrachten. »Man sieht nirgends eine Reißleine.«
    »Vielleicht im Inneren, Herr Regierungsrat. Beim Aufwickeln des Papieres löst sich ein Kontakt.«
    »Möglich, möglich.« Direktor Moll sah von oben herab auf die Anschrift.
    Herrn Zuchthausdirektor Dr. Moll. Zuchthaus Rheinbach. Persönlich.
    »Er hat sogar ›Persönlich‹ geschrieben.«
    »Eben.« Wachtmeister Puck nickte heftig. »Das macht mich stutzig. Persönlich – und dann keinen Absender.«
    »Irgendwie kommt mir die Schrift bekannt vor«, stellte Regierungsrat Moll fest. »Diese runden Buchstaben, diese Schnörkel – eine Buchhalterschrift.« Molls Gesicht hellte sich auf. Ein Gedanke schoß durch seinen Kopf. Ein alle Vorsicht ad absurdum führender Gedanke. Eine beruhigende Erkenntnis. »Das ist die Handschrift unseres Freundes Meyer mit y!« sagte er aufatmend.
    Wachtmeister Puck verließ seinen Posten an der Tür und trat zögernd näher. Er betrachtete die Schrift und wiegte den Kopf. »Es kann sie sein«, sagte er vorsichtig.
    Moll nickte mehrmals. »Er ist es.« Er nahm das Päckchen vom Tisch und schüttelte es. Er legte es ans Ohr und lauschte, ob er ein Ticken höre. Wenn die Post es in schüttelnden und rappelnden Eisenbahnwagen befördert, der Briefträger es in seine Ledertasche stundenlang herumtrug, kann man es ruhig in die Hand nehmen. »Nichts«, stellte er fest. »Ich glaube, wir beleidigen unseren Kurt Meyer in Abwesenheit, wenn wir ihm dies zutrauen. Machen wir es auf, Puck.«
    Sie lösten vorsichtig mit einer Schere die Bindfäden,

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