Ich beantrage Todesstrafe
Pattis voran aus dem Zimmer. Seine Füße schlurften über den Gang. Er hielt die Hände auf dem Rücken, als trüge er Fesseln.
Unterdessen saßen sich in Frankfurt Pohlschläger und Dicaccio gegenüber. Gorilla Heidrich und der elegante Wollenczy waren bereits mit dem Teil ihres Geldes mit unbekanntem Ziel abgereist.
Auch Dicaccio sollte längst die Stadt verlassen haben. Um so erstaunter und ärgerlicher war Pohlschläger, als er, auf ein anhaltendes Klingeln, die Tür zögernd öffnete und den Amerikaner im Treppenhaus stehen sah.
»Wohl verrückt geworden?« zischte er und zog Dicaccio in die Wohnung. Er schloß die Tür und sah den blonden Jungen mißtrauisch an. »Stimmt das Geld nicht? Du hast es unter Zeugen durchgezählt.«
»Das Geld stimmt.« Dicaccio zog eine Zigarette aus der Manteltasche und steckte sie sich in den Mundwinkel. »Ich habe was vergessen.«
»Dann hol es dir und verdufte so schnell wie möglich.«
»Okay.« Dicaccio steckte sich seine Zigarette in Brand und schob Pohlschläger zur Seite. »Ist sie im Badezimmer?«
»Wer?« fragte Pohlschläger verblüfft.
»Olga –«
»Laß den Blödsinn.« Pohlschläger stieß die Tür zum Nebenzimmer auf. Dicaccio sah hinein. Über einem Sessel hing die Wäsche Olgas. Perlonwäsche, zartgrün. Dicaccio schloß die Augen. Er atmete hastig.
»Hol sie raus«, sagte er leise.
Pohlschläger beugte sich vor. Er stand Dicaccio gegenüber und hatte die Hände in die Seiten gestemmt. »Wen?« fragte er verblüfft.
»Olga –«
»Quatsch nicht so dusselig, Joe.« Pohlschläger war unsicher.
»Ich nehme Olga mit«, sagte Dicaccio heiser. Pohlschlägers Gesicht wurde kantig.
»Ach nee«, sagte er gepreßt.
»Ich habe das Ding in der Bank nur mitgedreht, um Olga in die Staaten mitzunehmen. Jetzt habe ich Geld genug, uns beiden eine kleine Farm zu kaufen.«
»Nett.« Pohlschläger biß die Zähne aufeinander. »Und Olga will mitgehen?«
»Wir haben uns immer gut verstanden, wenn du nicht da warst.«
»Du bist ein Schwein, Joe.« Er wollte Dicaccio niederschlagen, aber dieser war schneller. Er fuhr aus seinem Sessel heraus, stürzte sich auf Pohlschläger und drückte ihn mit seiner rechten Faust in einen Sessel. Eine ungeahnte Kraft stak in seiner schmächtigen Gestalt. Die Wertlosigkeit, mit der das alles geschah, warnte Pohlschläger. Er wehrte sich nicht … er blieb sitzen und starrte zu Dicaccio hinauf, dessen Gesicht bleich und schmal über ihm hing.
»Sag, sie soll sich anziehen und mitkommen«, befahl Dicaccio.
Pohlschläger versuchte ein Lächeln. »Wenn Olga nicht will …«
»Sie wird es wollen.«
»Es kann doch sein, daß …«
Dicaccio schüttelte den Kopf. »Ich habe einen Menschen umgebracht … wegen Geld. Nur wegen Geld, um Olga mitnehmen zu können. Ich hätte nie geschossen! Nie! Nur wegen Olga! Und jetzt muß sie mit! Verstehst du?«
»Nein.« Pohlschläger stieß den Kopf vor und traf Dicaccio in den Magen. Der Hieb kam so plötzlich, daß der Amerikaner zurücktaumelte. Ehe er sich gegen die Wand stemmen konnte, war Pohlschläger schon bei ihm und schlug ihn unter das Kinn. Dicaccio sackte zusammen. Blut rann in dünnen Fäden zwischen seinen Lippen hervor. Er lag, mit dem Gesicht nach unten, auf dem Teppich. Die Beine angezogen, die Arme vor der Brust. Pohlschläger trat ihm in die Seite. Dicaccio rührte sich nicht.
»Idiot!« sagte Pohlschläger höhnisch. Aus dem Schlafzimmer kam Olga. Ihr Morgenmantel klaffte auseinander.
Mit einem spitzen Aufschrei prallte sie zurück, als sie Dicaccio auf der Erde liegen sah. Pohlschläger beobachtete sie aus den Augenwinkeln heraus.
»Er tut dir leid, was?«
Olga Katinsky raffte den Morgenmantel zusammen. »Was wollte er noch hier?«
»Das fragst du noch?«
Olga blickte zu Boden. Sie schwieg. Pohlschläger nickte mehrmals.
»Also doch! Du wolltest weg von mir …«
»Nein, Fritz.«
»Er hat es gesagt.«
»Ich habe es ihm damals versprochen … nur, damit er bei euch bleibt. Ich habe nie daran gedacht, mit ihm zu gehen.« Sie starrte auf Dicaccio, der immer noch regungslos auf dem Teppich lag. »Ist er tot?« fragte sie leise.
»Nicht ganz. Ein tiefer Schlaf. Er wollte den starken Mann spielen.« Er sah ihr in die Augen. »Zieh dich an. Ich werde ihn solange ruhig halten.«
Dicaccio lag regungslos. Aber er beobachtete unter den Wimpern Pohlschläger und Olga Katinsky. Die rechte Hand, auf der er zusammengekrümmt lag, hielt die Pistole umklammert, die er beim
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