Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich beantrage Todesstrafe

Ich beantrage Todesstrafe

Titel: Ich beantrage Todesstrafe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Sondergesetz gestützt – hinrichtete. Innerhalb weniger Wochen war dieser Spuk vorüber. Es haben sich keine Autofallen wieder gezeigt, solange das Sondergesetz bestand!«
    Dr. Bierbaum verzog seinen Mund und legte die Hände aneinander.
    »Es ist merkwürdig … nicht nur die Presse, nun auch meine eigenen Staatsanwälte greifen auf Urteile und Gesetze einer urteilslosen und gesetzwidrigen Zeit der deutschen Justiz zurück! Auf Sondergesetze des ›Führers‹. Heil ihm, dem Retter des deutschen Rechts!« Bierbaum erhob sich abrupt. »Amerika erfand die Lindbergh-Charta … haben Kindesentführungen deswegen in Amerika aufgehört?«
    »Die Autofallen verschwanden«, beharrte Doernberg. Bierbaum klopfte mit den Knöcheln seiner Finger auf den Schreibtisch und sah zu Karlssen hin. Er nahm die blaue, dünne Mappe mit dem Bericht über Doernberg und schob sie über die Tischplatte zu dem Oberstaatsanwalt zurück.
    »Ich glaube, es wäre müßig, Ihre Ausführungen noch zu lesen«, meinte er knapp. Sein Lächeln bei diesen Worten mahnte Karlssen zur Vorsicht. Die Ansichtsänderung Bierbaums zerstörte sein Konzept.
    Er wurde einer Antwort enthoben. Hinter der Tür zum Vorzimmer wurde ein Wortwechsel laut. Die Sekretärin wehrte einen Besucher ab.
    Bierbaums Kopf fuhr herum. Eine Stimme, laut, fast schon brüllend, tönte durch die Tür.
    »Und wenn der Bundespräsident drin ist, mir ist es gleich! Bitte, gehen Sie aus dem Weg!«
    Die Tür wurde aufgerissen. Ein großgewachsener Mann stürmte ins Zimmer, warf die Tür hinter sich zu und schleuderte seinen Mantel, den er über dem Arm trug, auf einen der Sessel. Bierbaum, Karlssen und Doernberg waren aufgesprungen.
    Der erregte Mann hieb mit der Faust auf den Schreibtisch Bierbaums und warf in seinem Zorn die dünne blaue Akte mit dem Bericht über Doernberg auf den Boden.
    »Eine Schweinerei!« schrie er laut. »Sie sind schuld! Sie und Ihre milde Justiz.« Er zeigte auf Bierbaum, dessen kahler Schädel rot anlief und noch anzuschwellen schien. »Die Schuldigen sitzen hier! Einträchtig versammelt! Es ist zum Kotzen!« Er warf sich in einen der Sessel und hieb mit den Fäusten auf die Lehnen.
    Dr. Bierbaum kam um seinen Schreibtisch herum.
    »Was verschafft mir die Ehre Ihres temperamentvollen Besuches, Herr Polizeipräsident?« fragte er mit der Haltung eines Mannes, der Katastrophen als etwas Unwiderstehlichem gegenübertritt.
    »Ehre?« Polizeipräsident Dr. Pelzer schnellte vor. »Draußen auf der Straße werden meine Beamten wie Vieh zusammengeschossen! Werden zwei Bankbeamte ermordet! Werden 150.000 Mark geraubt, können die Mörder entkommen, weil sie die Polizei, meine Polizei, einfach abknallen und werden – falls man sie fängt – mit fünfzehn Jahren Zuchthaus bestraft.«
    »Mit lebenslänglich«, verbesserte Karlssen.
    Der Polizeipräsident fuhr herum. »Das ist das gleiche!« schrie er, setzte sich wieder und stützte den Kopf in die Hände. Dr. Bierbaum war ans Fenster getreten und sah hinaus auf den Innenhof des Landgerichtes. Ihm gegenüber lagen die Gerichtszellen, in denen die Angeklagten sich einrichteten, solange ihr Prozeß im Hause lief. »Was werden Sie jetzt unternehmen?« fragte ihn der Polizeipräsident dumpf.
    »Kollege Karlssen wird den Prozeß übernehmen.«
    »Prozeß! Ich höre immer Prozeß! Wir haben die Mörder noch nicht, und wenn, dann wird die Anklage keine Mittel haben, diese Morde durch abschließende Strafanträge eindämmen zu können!« Dr. Pelzer sprang wieder auf und trat an den Generalstaatsanwalt heran. »Ich fordere die Wiedereinführung der Todesstrafe!« sagte er hart.
    Bierbaum nickte schwer. »Das habe ich erwartet! Todesstrafe! Das Allheilmittel eines Staates! Kopf ab – juchhei!«
    »Ich verbitte mir in dieser Situation Ihre Späße!« schrie Pelzer aufgebracht. »Zwei unschuldige Bankbeamte, ein Polizist sind die Opfer. Neun Kinder weinen um den Vater! Neun Kinder, Herr Generalstaatsanwalt, neun unschuldige Kinder von zwei bis fünfzehn Jahren! Später werden sie ihren Lebenslauf schreiben müssen: Mein Vater wurde am 30. Juli ermordet. Sie werden es flüssig schreiben, denn diese Vokabel wird sie durch ihr ganzes Leben begleiten … Mein Vater ermordet. Im Kindergarten, in der Schule, beim Religionsunterricht vor dem Pfarrer – ›Was macht dein Vater?‹ – Er wurde ermordet. An einem sonnigen Frühsommermorgen um acht Uhr fünfzehn. – Ich frage Sie, Herr Generalstaatsanwalt: was unternimmt der Staat, um uns

Weitere Kostenlose Bücher