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Ich beantrage Todesstrafe

Ich beantrage Todesstrafe

Titel: Ich beantrage Todesstrafe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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immer Musterfälle zur Hand, wenn sie über die Todesstrafe diskutieren – und betrachten wir einmal die Hinrichtungen schlechthin. In der Hand eines Despoten ist der Todesstrafen-Paragraph nichts anderes als die Legalisierung des Mordes!«
    »Wir haben heute eine Demokratie.«
    »Und in zwanzig oder fünfzig Jahren?«
    »So Gott will – auch. Sollte es jemals wieder einen Despoten als Regierungsoberhaupt geben, so wäre es ihm ein leichtes, den Paragraphen einfach wieder einzusetzen. Irgendeine Angst, mit dem Wegfall des Artikels 102 des Grundgesetzes der Willkür Vorschub zu leisten, ist ebenso abseitig wie der Vorwurf, daß die Todesstrafe unsittlich sei. Unser Strafgesetz ist ja ein Sittengesetz. Wer sich gegen Leib und Leben der Gemeinschaft vergeht, hat kein Recht mehr, in dieser Gemeinschaft zu leben.«
    »Dafür haben wir die lebenslängliche Zuchthausstrafe!«
    »Ein Mörder sollte aber auch kein Recht mehr darauf haben, daß die Gemeinschaft der Staatsbürger über Jahrzehnte hinaus seinen Lebensunterhalt bezahlt. Krankenhäuser, Müttererholungsheime, Ausbau des Straßennetzes, Aufstockung des Sozialfonds sind wichtiger als die Ernährung von überführten Mördern!«
    »Und die Achtung vor dem Leben?«
    »Welche Achtung? Hat der Mörder das Leben seiner Opfer geachtet? Mit welchem Recht verlangt er Humanität, wo er selbst das Leben mißachtete?«
    »Mit dem Recht des Christenmenschen, Herr Dr. Feind.«
    »In der Bibel steht: Auge um Auge, Zahn um Zahn …«
    »Das ist das Alte Testament. Christus aber sagt: Mein Reich ist die Liebe.« Justizminister Dr. Burrmeister erhob sich kopfschüttelnd. »Sind wir Pastoren, Dr. Feind? Wir haben nüchtern und leidenschaftslos zu denken. Ich habe hier einen Stapel Meldungen und Beschwerden. Wir müssen eine Stellungnahme geben. Und wir müssen uns entscheiden nach den bestehenden Gesetzen.«
    Justizminister Burrmeister stützte sich auf die Schreibtischplatte, sein Gesicht war leicht gerötet. »Selbst wenn wir annehmen, daß sehr viele für die Todesstrafe sind … das reichte aus, die Verfassung zu ändern? Um den Artikel 102 des Grundgesetzes außer Kraft zu setzen, braucht es eine Zweidrittelmehrheit des Bundestages! Zwei Drittel aller Abgeordneten müßten sich einig sein. Haben Sie das schon jemals in Bonn erlebt?
    Seien wir doch illusionslos, Herr Dr. Feind. Das werde ich auch Karlssen und Doernberg sagen.« Burrmeister schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Soll ich die deutsche Justiz lächerlich machen?«
    Der Minister wandte sich ab. Er ging zu einem Wandschrank und entnahm ihm eine Flasche Mineralwasser.
    Er schüttelte sich ein Glas voll und trank es in kleinen, schnellen Zügen.
    Er stellte die Mineralwasserflasche zurück in den Wandschrank. Eine Weile blieb er so stehen. Dann drehte er sich plötzlich herum.
    »Ich lasse für übermorgen die Herren Karlssen und Doernberg zu mir bitten. Jeweils mit einer Stunde Abstand. Beginnend um zehn Uhr vormittags.«
    »Ich werde es veranlassen«, antwortete Dr. Feind steif.
    Das Mittagessen hatte er gerade eingenommen. Dechant Peter Ahrens lehnte sich in seinen Lehnstuhl zurück, um die Kirchenzeitung des Bistums zu lesen, als die Haushälterin Maria Poll einen Besucher meldete.
    »Um diese Zeit?« fragte Dechant Ahrens. Er sah auf die Uhr. Halb zwei Uhr mittags. »Wer ist es denn?«
    »Er nennt seinen Namen nicht. Er sagt, daß Sie ihn kennen.« Maria Poll trocknete ihre Hände an der Schürze ab; sie war gerade dabei, das Geschirr zu spülen. »Er sieht aus wie ein guter Mensch«, fügte sie hinzu, als sie den zweifelnden Blick des Dechanten bemerkte.
    Peter Ahrens legte die Kirchenzeitung auf den kleinen Rauchtisch und knöpfte die oberen Knöpfe seiner Jacke zu, die er nach dem Mittagessen immer zu öffnen pflegte.
    »Ich lasse bitten«, sagte er und sah erwartungsvoll auf die Tür, durch die ein farbloser, mittelgroßer Mensch hereintrat, sich artig verbeugte und mit dem Hut in der Hand demütig an der Tür stehenblieb. Über das Gesicht Dechant Ahrens' zog ein Lächeln.
    »Sie, mein lieber Herr Schultze?«
    Kurt Meyer – mit y – hob bittend die Hand.

»Nicht so laut, Herr Dechant. Ihre Haushälterin könnte meinen Namen hören.«
    Dechant Ahrens lachte. Er winkte Kurt Meyer, näher zu treten. »Setzen Sie sich. Da Sie um diese Zeit kommen, muß es ja wohl sehr wichtig sein. Hängt es mit dem Erntedankchor zusammen, den Sie einüben wollen? Ein schwieriger zweiter Satz, nicht wahr?«
    Kurt Meyer

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