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Ich beantrage Todesstrafe

Ich beantrage Todesstrafe

Titel: Ich beantrage Todesstrafe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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versuchte sie einen schwachen Trost.
    Pattis schüttelte den Kopf. »Ich habe versagt – ich gebe es zu. Drei Menschen könnten heute noch leben, wenn ich nicht versagt hätte …«
    »Ich weiß nicht, was ich getan haben würde, wenn plötzlich ein Mann vor mir steht und zu mir sagt: Morgen überfalle ich eine Bank und schieße Menschen nieder.«
    »Sie hätten geschrien, Sie wären zur Polizei oder zu Ihrem Vater gelaufen. Sie hätten irgend etwas getan … Was habe ich gemacht? Ich habe mich betrunken und drei Menschenleben verschlafen!«
    »Sie haben doch mit den Morden nichts zu tun!«
    »Ob bewußt oder nur mittelbar – das ist im Endeffekt gleich. Die Wirkung, die Folge meiner Schuld ist maßgebend. Es sind drei Tote. Nein, es sind sogar fünf Tote, denn Dicaccio hat heute morgen seinen ›Chef‹ und seine Geliebte erschossen. Und das alles wäre nicht geschehen, wenn ich in jener Nacht sofort die Polizei verständigt hätte.«
    »Ich will mit meinem Vater darüber sprechen.«
    »Bitte, tun Sie das nicht.« Pattis ergriff die Hand Sylvias.
    »Ich will nicht, daß Sie sich Sorgen machen, Sylvia. Nicht um mich. Wir haben uns erst wenige Stunden gesehen, aber nach diesen Stunden habe ich nur einen Wunsch – Sie fröhlich zu sehen.«
    Der Wachtmeister an der Tür räusperte sich. Er blickte an die Decke und rappelte mit den Schlüsseln. Sylvia erhob sich.
    »In wenigen Tagen wird sich alles aufgeklärt haben«, sagte sie. »Kommen Sie dann zu uns und erholen sich bei einer guten Flasche Wein von dem Schrecken der letzten Tage.«
    »Wenn Ihr Vater mich noch empfängt …«
    John Pattis sah auf die Tür, die sich klirrend schloß.
    »Sylvie …«, sagte er leise.
    Landesjustizminister Dr. Burrmeister hatte die Post des Tages vor sich liegen und klopfte mit der flachen Hand auf die Briefe. Ministerialrat Dr. Feind – auf Grund seines Namens der ›feindliche Abteilungsleister‹ genannt – stand in straffer Haltung vor dem Tisch und klemmte die Berichtsmappe eng an seinen Körper.
    »Haben Sie das gelesen?« fragte Justizminister Burrmeister. »Da hat einer einen richtigen Sturm entfacht, und anstatt Öl auf die Wogen zu gießen, blasen sie alle mit an. Sozusagen ein Hurrikan im Wasserglas. Für die Presse allerdings ein Orkan, der über mehrere Illustriertennummern fegt. Bitte –«, er nahm einige Briefe in die Hand und ließ sie einzeln wieder auf den Tisch flattern.
    »Herr Staatsanwalt Doernberg beginnt –
    Landgerichtsdirektor Hellmig beschwert sich.
    Oberstaatsanwalt Karlssen stößt ins gleiche Horn wie Doernberg …
    Der Herr Generalstaatsanwalt schickt mir eine Meldung.
    Ein Bundestagsabgeordneter beschwert sich darüber, daß er die demokratische Ordnung aufgelöst sieht. Gleicher Abgeordneter wird von dem forschen Doernberg am selben Abend attackiert.
    Ein erregter Zuchthausdirektor läßt einen Protest auf mich los und fordert lakonisch: Wiedereinführung der Todesstrafe …
    Rundschreiben aus Bonn: Keine Diskussion über die Todesstrafe. Maßgebend ist nach wie vor das Grundgesetz …«
    Landesjustizminister Dr. Burrmeister legte seine Hände flach auf die Papiere. »Was halten Sie davon, Dr. Feind?«
    »Meine Ansicht dürfte in diesem Falle kaum zu einer Klärung beitragen«, sagte er ausweichend. Burrmeister nickte.
    »Also dafür.«
    »Das habe ich nicht gesagt, Herr Minister.«
    »Natürlich nicht. Dafür sage ich es und gebe Ihren Gedanken Farbe!« Justizminister Burrmeister schüttelte heftig den Kopf.
    »Die Todesstrafe ist heute für viele das letzte Stückchen Seligkeit! Mit der Wiedereinführung des Fallbeiles oder des Strickes scheinen sich alle Probleme der Nachkriegskriminalität am besten zu lösen!«
    »Haben Sie schon einmal eine Hinrichtung gesehen, Herr Feind?«
    »Mehrere, Herr Minister. Die letzte 1944.«
    »Und Ihnen ist nicht schlecht dabei geworden?«
    »Nein. Meine letzte Hinrichtung war ein Mann, der einen Urlauberzug aus Rußland kurz vor Frankfurt/Oder durch zwei Minen entgleisen ließ. Erfolg: siebzehn Tote und fünfundvierzig Schwerverletzte. Urlauber, Herr Minister. Väter und Söhne, die nach monatelangem Kampf in den Weiten Rußlands endlich nach Hause konnten, die sich seit Jahren auf diesen Urlaub freuten. Wie können Sie mich noch fragen, Herr Minister«, sagte er heiser, »ob es mir bei dieser Hinrichtung schlecht geworden sei?«
    Minister Burrmeister sah verwundert auf Dr. Feind. »Sehen wir von Ihrem Musterfall ab – merkwürdigerweise haben alle Juristen

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