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Ich beschütze dich

Ich beschütze dich

Titel: Ich beschütze dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Hancock
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während ich für uns das Abendessen koche. So wie an dem Tag, an dem er zu mir gekommen ist.
    »Gute Nacht. Versuch zu schlafen. Morgen früh komme ich wieder.«
    »Sonia, nein«, krächzt er, als ich die Tür erreiche. »Lassen Sie mich nicht noch eine Nacht hier allein. Es ist kalt, und ich habe Angst hier. Und es geht mir nicht gut. Bitte.«
    Aber ich ignoriere sein Betteln und zwinge mich, von ihm fort und in die Nacht hinauszugehen.

K APITEL F ÜNFUNDZWANZIG
    Sonntag
    Sonia
    Um elf Uhr am nächsten Vormittag sitze ich mit einem Cappuccino auf der Terrasse der Pavilion Tea Rooms, wie das früher schlichte Parkcafé jetzt heißt. In einigen Blumenbeeten um die Terrasse zeigen sich winzige Austriebe, aber es weht ein kalter Wind. Die nackten Baumwipfel recken sich nach dunklen, dahinjagenden Wolken.
    Helen trudelt ein paar Minuten später ein, wie ein verfrühter Schmetterling an diesem unwirtlichen Tag, mit einem traumhaften, kirschroten Schal, passendem Hut und in eine blaugrüne Wolljacke mit Kapuze gehüllt. Im Gegensatz zu mir hat sie eine Vorliebe für knallige Farben. Es passt zu ihr. Sie gibt mir Küsschen auf beide Wangen und starrt auf meinen Kaffee.
    »Willst du nichts Stärkeres?«, fragt sie.
    »Mir ist das etwas zu früh, Helen. Aber bestell dir ruhig etwas, wenn dir danach ist.«
    Ich überlege, ob eine bessere Freundin ihr davon abraten würde, so früh schon Wein zu trinken. Sie überreden würde, es ruhiger angehen zu lassen. Aber das tue ich aus zwei Gründen nicht. Zum einen kann ich Moralpredigten nicht ausstehen. Wie könnte ich mir anmaßen, über die Unzulänglichkeiten anderer zu urteilen? Wie kann das überhaupt jemand? Haben wir nicht alle unsere Schwächen? Begeht nicht jeder bei dieser oder jener Sache mal eine Verfehlung? Sollten wir anderen ihre Fehler nicht zugestehen, damit wir unsere eigenen akzeptieren und mit ihnen leben können?
    Zum anderen ist es ein Vorteil für mich, wenn Helen angetrunken ist. Das lockert ihre Zunge. Ich kann mir ins Gedächtnis schreiben, was sie mir erzählt, ohne dass sie meine Neugier bemerkt. Als sie Wein vorschlägt, biete ich daher an, ihr ein Glas zu holen. Sogar eine Flasche, wenn ihr das lieber ist, und sie bedankt sich und sagt, es gäbe auch kleine Flaschen, sie würde als Kompromiss eine davon nehmen.
    Ich kann mich gerade noch setzen und enger in den Mantel hüllen, um den eiskalten Wind abzuhalten, bevor sie loslegt.
    »Also. Es hat sich etwas getan. Sogar, seit wir uns Freitag gesehen haben. Ich habe mich in eine ziemliche Bredouille gebracht, und ich brauche deine Hilfe.«
    Die Kaffeetasse halb zum Mund geführt, starre ich sie an.
    »Hör mal, Sonia. Ich muss dir das erzählen, weil ich nicht mehr weiß, was ich machen soll. An dem Tag, an dem Jez verschwunden ist, an dem Freitag, bin ich nicht zur Arbeit gegangen. Aber das habe ich allen erzählt, auch der Polizei.«
    Meine Hände fangen an zu zittern. Ein paar schreckliche Sekunden lang befürchte ich, sie würde gleich sagen, sie sei hier gewesen, in Greenwich, und habe Jez vor meiner Tür gesehen. Sie wüsste, dass er bei mir ist. Und weil die Polizei ermittelt, sei es an der Zeit, damit »rauszurücken«, wie Kits Freunde sagen würden. Klappernd stelle ich die Kaffeetasse ab.
    »Ich habe mir den Vormittag freigenommen – freitags arbeite ich sowieso nur den halben Tag. Ich habe gedacht, das würde bei der Arbeit niemanden stören.«
    Sie sieht mich mit aufgerissenen Augen an, als sollte ich erraten, was sie sagen will.
    »Jetzt glaubt die Polizei, ich hätte etwas mit Jez’ Verschwinden zu tun. Im Moment geht es nur um Ahnungen, Vermutungen, sie haben keine handfesten Beweise. Aber sie suchen nach irgendetwas.«
    »Woher weißt du das?«
    »Von den Fragen! Reihenweise! Sie waren noch mal da und haben mit mir geredet, nicht mit Mick. Zweimal. Und sie glauben, wie gesagt, ich hätte ein Motiv, weil Barney sich für dasselbe College wie Jez bewerben wollte. Jetzt haben sie herausgefunden, dass ich an diesem Vormittag nicht gearbeitet habe. Obwohl ich das behauptet habe.«
    »Mein Gott. Wie schrecklich. Wo warst du denn?«
    Mein Puls hat sich beruhigt. Ich beobachte sie genau, während ich an meinem Kaffee nippe.
    »Nicht da, wo ich es gesagt habe. Aber das kann ich nur dir erzählen, es ist so peinlich. In Wahrheit war ich in einer Bar in Smithfields. Habe was gegen den Kater getrunken. Wenn Maria das herausfindet, kann ich mir das noch ewig anhören. Es ist so. Ich bin

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