Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich bin alt und brauche das Geld

Ich bin alt und brauche das Geld

Titel: Ich bin alt und brauche das Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
Vom Netzwerk:
mit freundlicher Lässigkeit. Auch bei Dirk hatte er sofort einen Stein im Brett, denn er ließ sich bereitwillig von ihm in ein Gespräch über Gebäudehaftpflichtversicherungen verwickeln.
    »Heißer Typ!«, zischte Doro mir zu, bevor sie Adrian und Dirk in die Küche folgte.
    Ich blieb im Flur stehen und pellte das Geschenkpapier von der Flasche. Adrians Mitbringsel war ein 98er Château Mouton Rothschild aus dem Pauillac. Ich starrte mindestens eine Minute lang ungläubig auf das Etikett. Dann marschierte ich in die Küche, wo Adrian Hähnchenfleisch klein schnitt und sich nebenbei von Dirk über die steuerlichen Vorzüge von Rürup-Versicherungen informieren ließ, während Doro den Tisch deckte. Die drei waren schon zwanglos zum Du übergegangen.
    »Tut mir leid, aber ich gebe dir die Flasche lieber zurück.«
    Adrian blickte erstaunt auf. »Wieso, ist das kein guter Jahrgang?«
    »Doch«, sagte ich, die Flasche sanft an meine Brust drückend, um wenigstens kurz das Gefühl auszukosten, sie festzuhalten. Und mich dabei an eine Weinprobe vor fünf Jahren zu erinnern, auf der mir mal ein Gläschen von diesem edlen Roten kredenzt worden war. Eine zarte Barrique-Note, verfeinert durch Brombeeraromen, der Abgang begleitet von einem Hauch Toffee. Mir kamen fast die Tränen. Je länger ich die Flasche festhielt, desto schwerer fiel es mir, sie wieder herzugeben.
    »Das versteh ich jetzt nicht«, sagte Dirk. »Wieso willst du den Wein denn nicht?«
    »Dieser Wein ist ein seltener Premier Grand Cru Classé. Er hat sechsundneunzig Parker-Punkte.« Ich räusperte mich. »Und er kostet vierhundert Euro. Pro Flasche. Das ist schon ein Vorzugspreis. Tut mir leid, aber das kann ich nicht annehmen.«
    »Oh, aber das wäre jetzt echt ganz blöd«, sagte Adrian. »Erstens bin ich selber nicht so der Weintrinker, und zweitens hab ich den schon seit Jahren bei mir rumstehen.« Er grinste mich an. »Ich weiß nicht mal mehr, wer mir den mitgebracht hat. Wahrscheinlich meine Produzentin, die macht immer solche überteuerten Geschenke. Also wenn du den Wein nicht willst, nehme ich ihn einfach auf die nächste Feier mit. Aber ich weiß jetzt schon, dass ihn dann nur Banausen trinken werden. Die Filmleute stehen eher auf Schampus. Bei denen muss es im Glas prickeln. Wahrscheinlich machen die sich Schorle aus dem Wein. Ehrlich, der ist nirgends besser aufgehoben als bei dir.«
    Ich räusperte mich noch einmal. »Na gut, dann behalte ich ihn. Ich werde ihn ganz bestimmt sehr wertschätzen, und wenn er getrunken wird, sorge ich dafür, dass es mit größtem Genuss und Sachverstand geschieht.« Bevor Dirk den Vorschlag machen konnte, ihm doch gleich mal davon auszuschenken, fügte ich hinzu: »Und nur zu einem ganz besonderen Anlass.«
    Ich glühte förmlich vor Freude über das wundervolle Geschenk. Von daher ließ sich der Abend nicht schlecht an. Die restlichen Essensvorbereitungen gerieten allerdings zu einer mittleren Katastrophe. Die Kinder hatten keine Lust mehr auf Bernd das Brot und wollten lieber bei uns in der Küche spielen, was für heillose Überfüllung sorgte. Adrian stolperte über ein Matchboxauto, und der Reis, den er gerade waschen wollte, landete als prasselnder Regen auf dem Fußboden. Doro schnitt sich vor Schreck in den Finger, und als ich im Bad Pflaster holen wollte, konnte ich nicht rein, weil Olga es mal wieder blockierte. Sie wollte ins Kino und hinterher mit ein paar Freunden was trinken gehen, was offenbar umfangreiche kosmetische Vorbereitung erforderte. Langsam fing ich an, mich ernsthaft zu fragen, ob ich womöglich ein völlig falsches Bild vom Aupair-Prinzip mit mir herumtrug. Bisher hatte ich immer angenommen, außer dem Erlernen der Sprache sei es die Aufgabe von Aupair-Mädchen, auf die Kinder aufzupassen und im Haushalt zu helfen. Ungefähr wie bei einer älteren Tochter.
    Dabei kam mir ein erschreckender Gedanke. »Sag mal Olga, du bist doch schon volljährig, oder?«, fragte ich durch die geschlossene Tür.
    »Wieso?«, kam es zurück.
    »Weil … weil ich sonst für dich auch die Verantwortung hätte«, sagte ich. »Außerdem müsstest du um zwölf Uhr heimkommen, falls du noch keine achtzehn bist.« Und natürlich kriegst du dann bei mir keinen Wein mehr. Und vor allem keinen Kaffee bei der Escort-Lady.
    » Logisch bin ich schon achtzehn«, sagte Olga.
    »Kannst du das beweisen?«
    »Steht in meinem Ausweis.«
    Da sie im Bad war, konnte sie ihn mir schlecht zeigen, und ich war ja schließlich

Weitere Kostenlose Bücher