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Ich bin alt und brauche das Geld

Ich bin alt und brauche das Geld

Titel: Ich bin alt und brauche das Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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Flur standen. Zu meiner Überraschung fand ich tatsächlich ein paar Dinge von Klaus, die irgendwie zwischen meine Habseligkeiten geraten waren. Als der Gerichtsvollzieher mich vor die Tür gesetzt hatte, hatte ich einfach nur schnell alles zusammengeräumt, was in den Schränken und Regalen noch herumlag. Es war aber, wie ich beim Durchgehen sah, nur wertloser Krimskrams. Ein alter Golfball, ein kleines Taschenmesser, eine Packung Grippetabletten (abgelaufen), diverse Knöpfe, Batterien, ein Sammelsurium ausrangierter Schlüssel, eine Uhr mit kaputtem Gehäuse, ein alter Rasierapparat (du liebe Zeit, wie war der mit in meine Kiste gekommen?), ein Einwegfeuerzeug (konnte man immer brauchen) und ein leicht abgeschabtes Portemonnaie (leider leer).
    Es war nichts Bedeutsames dabei, denn das hatte Klaus schon bei seinem Auszug mitgenommen, und den Rest hatte der Gerichtsvollzieher weggeschleppt.
    Während ich in den Kisten kramte, beschäftigten sich die Kinder damit, Verkleiden zu spielen, wofür sie entdeckungsfreudig meinen Schrank ausräumten. Olga hatte sich zwischenzeitlich schon wieder verdrückt – sie war nach unten gegangen, um mit ihrer Landsmännin Natascha Kaffee zu trinken, vermutlich, weil sie keine Lust hatte, bei den Renovierungsarbeiten eingespannt zu werden. Mit denen es bald darauf schon losging – pünktlich zur vereinbarten Zeit erschien Adrian zum Tapetenabreißen, eine Arbeit, die ich hasste. Trotzdem vermittelte mir sein Auftauchen das Gefühl, dass jetzt der beste Teil des Tages anfing. Und das beunruhigte mich fast noch mehr als die posthumen Ermittlungen gegen Klaus. Allmählich musste ich wirklich anfangen, mich am Riemen zu reißen.
    »Es kann losgehen«, sagte Adrian gut gelaunt zu den Kindern, während er die mitgebrachten Sachen ablud. »Hier, ich habe Spachtel für alle. Wollen wir mal gucken, wer am meisten Tapete abreißen kann?«
    Wir fingen in der Küche an. Beherrsch dich, befahl ich mir, als Adrian mit seinem Spachtel dicht neben mir Aufstellung bezog. Du hast gesehen, wohin das beim letzten Mal geführt hat! Außerdem schreibt er ein Drehbuch über dein Leben. Er will bloß Daten sammeln, sonst nichts.
    Aber egal, wie streng ich mich innerlich zur Ordnung rief – ich fühlte mich durch seine Anwesenheit nachhaltig aus dem Konzept gebracht. Sogar das Tapetenabreißen, für das man wirklich keine besonderen mentalen Fähigkeiten brauchte, ging mir schlecht von der Hand. Zum Glück fiel es nicht auf, denn die Kinder kamen auch nicht besonders gut damit klar. Und Adrian ebenfalls nicht. Er ließ entnervt den Spachtel sinken. »Diese Tapete ist irgendwie mit der Wand verwachsen.« Kritisch beäugte er die ungefähr zehn Quadratzentimeter Putz, die er bisher freigelegt hatte. »Sieh dir das an! Da ist noch eine Tapete drunter. Nein, sogar zwei. Es ist nicht zu fassen. Diesem Blödmann von Hauseigentümer sollte man wirklich in den Hintern treten. Wie kann man so eine Wohnung vermieten?«
    »Mich darfst du das nicht fragen«, sagte ich.
    »Es war auch eher eine rhetorische Frage. Auf diese Weise kriegen wir jedenfalls die Tapete nicht runter. Ich werde ein Spezialgerät besorgen, es gibt im Baumarkt so ein Ding, damit kann man Tapeten maschinell ablösen.«
    Das klang nach viel Lärm und Dreck, aber ich erhob keine Einwände. Aus denselben Gründen wie gehabt – ich war unfähig, mich gegen seine wachsende Anziehungskraft zur Wehr zu setzen.
    Im Wohnzimmer ging die Tapete besser ab, wir schafften eine ganze Wand, bevor es Zeit fürs Mittagessen wurde. Ich kochte Spaghetti mit Tomatensauce und rief Olga auf ihrem Handy an, aber sie erklärte, sie wäre noch satt vom Kaffee. Folglich verputzten Adrian und ich mit den Kindern die Spaghetti zu viert.
    »Sehr lecker«, sagte er.
    Seine Stimme war rau und ein bisschen belegt und ließ mir einen kleinen Schauer über den Rücken laufen. Ich hatte es aufgegeben, mich gegen das warme Gefühl zu wehren, das sich jedes Mal in mir ausbreitete, wenn ich seinen Blick auf mir spürte.
    »Es ist nur ein Fertiggericht«, sagte ich.
    »Schmeckt trotzdem gut.«
    Ich wischte Mäxchen das Gesicht ab, das bis zum Haaransatz mit Tomatensauce beschmiert war. »Da fällt mir ein – hättest du Lust, heute Abend noch mal zum Essen zu mir zu kommen?«
    »Ja«, sagte Mäxchen. »Was gibt es denn?«
    Adrian musterte mich überrascht, und verlegen erklärte ich: »Meine Freunde kommen auch, Doro und Dirk, und da dachte ich, es wäre eine gute Idee, wenn du auch

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