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Ich bin da noch mal hin

Ich bin da noch mal hin

Titel: Ich bin da noch mal hin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Butterfield
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der Linienrichter muss es doch gesehen haben! Warum tut er denn nichts? Wird er bloß fürs Zuschauen bezahlt?«, schreit Lynn empört.
    »Wozu gibt es denn Video?«, brüllt Steve. »Wir haben alle gesehen, dass es ein Tor war. Warum sagt es denen niemand?«
    »Das ist nicht zulässig.«
    »Du machst Witze! In welchem Jahrhundert leben wir eigentlich? Warum denn nicht?«
    »Weil Sepp Blatter dagegen ist. Deshalb«, erkläre ich.
    »Sepp Blatter? Wer ist denn das?«, brüllt Steve, inzwischen so dunkelrot wie ich.
    »Der Präsident der FIFA. Er hält nichts von moderner Technik, also gibt’s keine.«
    »Absetzen! Rausschmeißen, den Typ!«
    »Geht nicht. Er ist schon FIFA-Präsident, seit ich denken kann. So eine Art Alleinherrscher.«
    »Eine Schande ist das!«, fasst Steve zusammen.
    »So was gibt es ja noch nicht einmal beim Rugby«, sagt Lynn resigniert, während wir eine weitere Wiederholung von Lampards herrlichem Tor sehen.
    »Das war ein ganz klares Tor!!!!!!!!!!!«, versichert Elizabeth zur Halbzeit mit elf bestätigenden Ausrufezeichen.
    »Das war ein Tor! Streite es bloß nicht ab!«, melde ich Hans.
    »Ich fürchte, du hast recht. Es war ein Tor!!!!!«, antwortet er einsichtig mit fünf versöhnlichen Ausrufezeichen.
    »Ein Skandal! Nur wegen Sepp Blatter, diesem Dinosaurier«, schimpft Helen, bevor sie, typisch, feststellt: »Total miese Abwehr – wir müssten fünf Tore im Rückstand sein.«
    Elizabeth stimmt ihr freimütig zu: »England ist Schrott.«
    »Hier reden alle von Rache für Wembley!«, bemerkt Helen.
    »Deutschlands Rache für 1966!«, meint Jane.
    »Wie lautet das Urteil, Anne?«, fragt Steve, der sieht, wie ich aufs Handy schaue und die Stirn runzle.
    »Oh, Deutschlands Rache für 1966.«
    »Was heißt das?«
    »Also, England hat 1966 im Wembley Stadion mit einem vier zu zwei gegen Deutschland die WM gewonnen. Es wurde ewig debattiert, ob der Ball beim dritten Tor über der Linie war.«
    »Und, war er?«, fragt er.
    »Die englischen Fans sagten ja, die deutschen nein. Aber England hat ja noch ein viertes Tor geschossen, es war also nicht so entscheidend.«
    Doch es war natürlich entscheidend. England bekam 1966 ein Tor zugesprochen, das keines war. Erst das gab der Mannschaft die Kraft und das Selbstvertrauen, gegen die demoralisierten Deutschen auch noch einen vierten Treffer zu erzielen, denen nach dieser Fehlentscheidung die Knie weich wurden.
    »Aber diesmal ist es anders«, beharre ich. »Diesmal sind keine Zweifel möglich. Das war ein Tor! Lampard hat einen Treffer erzielt. Der Spielstand müsste zwei zu zwei sein.«
    »Vergiss es, Anne. Es sollte halt nicht sein. England wird in der zweiten Hälfte kämpfen müssen, wir zeigen ihnen, was wir drauf haben«, meint Lynn.
    Genau da liegt das Problem. Ich weiß, aus welchem Holz die englischen Spieler geschnitzt sind. Sie werden sich hängen lassen. Sie werden glauben, das Schicksal gegen sich zu haben, und sie werden den Kampf einstellen. Soweit sie überhaupt gekämpft haben. Ohne die Entschlossenheit, die so oft Englands schwache Spieltechnik ausgleicht, werden sie in der zweiten Halbzeit untergehen. Das wird der Effekt dieses nicht gegebenen Tors sein. Und das ist die wahre Rache für 1966. Die Engländer werden ihren Mut verlieren, genau wie damals die Deutschen.
    »Sechsundsechzig! Sechsundsechzig«, skandieren lachend die vier Deutschen hinter uns, ohne sich an meinem finsteren Blick zu stören.
    Wenn ich diese Jahreszahl noch einmal höre, explodiere ich.
    »In gewissem Sinn ist das die Rache für Wembley 1966«, räsoniert da auch schon Hans aus Deutschland.
    Ich überlege, wie meine Rache aussehen soll, wenn die zweite Halbzeit beginnt. Im Tumult der Bar kann ich den Anpfiff nicht hören, aber ich lese die SMS von Hans:
    »Es geht weiter!!!!«
    Vier Ausrufezeichen – Was erwartet er bloß????
    Zweiundzwanzig Minuten lang rennen die Engländer mit dem Ball herum, und manchmal wagen sie sogar einen Schuss. Ich gebe mich der Illusion hin, dass unsere Chancen nicht schlechter stehen als die der Deutschen. Sie erweist sich als Trugschluss. Die englischen Sonntagsfahrer werden von den Deutschen bei ihrer Spritztour einfach in den Graben gedrängt. Jérôme Boateng (Einundzwanzig) spielt den Ball lässig zu Müller, der mit dem unbezähmbaren Özil und dem Ballkünstler Schweinsteiger vorstürmt.
    »Das sieht nicht gut aus«, bemerkt Steve zu Recht.
    »Haltet sie auf! Haltet sie auf!«, schreie ich.
    Doch nur ein Wunder könnte

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