Ich bin dann mal offline
kleines bisschen, aber die Fehler, die sie machen, heben sich gegenseitig auf -und das, was übrig bleibt, ist die pure Information.« Das widerspricht natürlich eklatant unserem vorherrschenden Menschenbild: Denn eigent6 Wer im Übrigen immer noch glaubt, im Internet gäbe es nur »Seichtgebiete«, dem seien die wissenschaftliche Rechercheseite Google Scholar empfohlen oder Plattformen wie edge.org oder salon.com.
lich glaubt doch jeder von uns, dass Menschen, die in Herden auftreten, dumm sind. Wir selbst natürlich niemals, aber meine Güte, wie blöd die anderen nur sind! Im Extremfall ist die Masse für uns ein tumber und gefährlicher Mob -und selbst wenn wir uns ein bisschen zusammenreißen, können wir sie uns allenfalls als eine verwässerte, auf Durchschnitt ausgerichtete Gruppe vorstellen, der es nur um den kleinsten gemeinsamen Nenner geht. Einzelgenies haben Ideen, Gruppen machen Kompromisse. Surowiecki hat in seinem Buch zahlreiche Beweise zusammengetragen, die zeigen, dass es anders ist:
»Das vielleicht einfachste Beispiel ist das mit den Bonbons: Lässt man eine größere Gruppe von Menschen schätzen, wie viele Bonbons in einem Glas sind, ist der Durchschnitt ihrer Einzelschätzungen meist wahnsinnig nah an der wahren Anzahl. Viel näher als die beste Einzelschätzung.«
Auch andere haben sich über die sogenannte »Schwarmintelligenz« des Internets Gedanken gemacht, darunter der amerikanische Online-Pionier Howard Rheingold, der in seinem Buch »Smart Mobs«
sogar noch den Schritt weitergeht: Was passiert, fragt er, wenn durch die neuen technischen Möglichkeiten der Kooperation und schnellen, günstigen Vernetzung die Macht wieder stärker in die Hände der Einzelnen, der Massen zurückfällt? Die Beispiele in seinem Buch und seinem Blog reichen dabei von per SMS koordinierten Protesten auf den Philippinen bis zum Widerstand im Iran, der sich über die Internetplattform Twitter formierte und durch die Videoseite YouTube eine weltweite Öffentlichkeit erreichte -trotz Medienzensur durch die Machthaber.
Um all diesen großen Denkern und Theoretikern einmal die Banalität des Alltags zur Seite zu stellen: Das Internet bringt nicht nur Demokratie zu den Unterdrückten und Macht für den kleinen Mann von der Straße -sondern es hilft auch, die ganzen kleinen Tücken des Alltags zu bewältigen. Egal, auf welches Problem man in seinem Leben stößt, wie speziell und wie abseitig es einem zu sein scheint: Man kann nahezu sicher sein, im Internet jemanden zu finden, der sich auch schon damit herumgeschlagen hat. Und in den meisten Fällen gibt es die Lösung obendrein dazu, man muss nur ein wenig nach unten scrollen. Und oft ist die dann auch noch gratis! Als ich Jessica beispielsweise zu ihrem neuen Job nach Hamburg brachte, fanden wir in dem Miniapartment, das sie für die Zeit angemietet hatte, nur eine uralte Gasheizung vor, die den Sommer über außer Betrieb gewesen sein musste. Drei verblichene Plastikknöpfe starrten uns an, ohne Beschriftung -dafür mit der impliziten Drohung, uns in die Luft zu sprengen, falls wir etwas falsch machen würden. Auch der Vermieter wusste keinen Rat, der Hausmeister war nicht zu erreichen. Eine Googlesuche nach »alte Gasheizung in Betrieb nehmen« brachte schließlich binnen zehn Sekunden die Lösung: Jemand hatte in dem Forum namens www.wer-weiss-was.de dieselbe Frage gestellt, die uns plagte -und mehrere hilfsbereite Menschen, darunter ein Heizungsinstallateur hatten geantwortet. An einem Sonntagabend im Winter war uns seine Antwort mehr wert als die eines Telefonjokers bei »Wer wird Millionär?«. Eine kulturpessimistische Version diese Geschichte zu erzählen, gibt es natürlich auch. Sie geht in freier Anlehnung an diverse Artikel und Reden zum Thema Internet der letzten Jahre ungefähr so:
»Wer bei Google den Begriff Gasheizung eintippt, bekommt sieben Fantastilliarden Ergebnisse, die durchzulesen 37 Menschenleben dauern würde und mit denen man unfassbar oft die amerikanische Nationalbibliothek füllen könnte. Wer um alles in der Welt hat uns Menschen bloß eingeredet, wir bräuchten öffentliche Foren, in denen jeder dahergelaufene Kretin, der gerade nichts Besseres zu tun hat, sich über alles und nichts austauschen kann von Pokernonfiguren über Harry-Potter-Spekulationen bis zur Funktionsweise alter Gasheizungen? Das ist der Informationsoverkill, und wir alle werden daran zugrundegehen, darüber verdummen und verrohen.«
Von Kanus und
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