Ich Bin Dann Mal Weg: Meine Reise Auf Dem Jakobsweg
Aufs Waschen hat die natürlich gar keine Lust. Trabt dann aber ihrerseits zum Brunnen, da sie clever schlussfolgert, dass ich ja dort gewesen sein, den Hahn geöffnet haben und das Wasser übergelaufen sein muss – und sie nun trinken kann.
In einem Minilädchen in einer der bescheidenen Hütten kaufe ich ein halbes Kilo Aufschnitt und füttere das ausgemergelte Tier. Danach läuft sie gesättigt zu ihrem Hauseingang zurück. Hoffentlich hab ich jetzt keine Flöhe!
Selbst am Abend liegt über dem Ort immer noch eine bleierne stechende Hitze, die sich in meinem Körper wie Fieber anfühlt. Draußen ist es nicht auszuhalten und bisher habe ich noch keinen anderen Dorfbewohner zu Gesicht bekommen.
Auf dem Weg zurück ins Hotel trifft mich fast der Schlag. Plötzlich steht mitten in dieser Geisterstadt ein unbeschreiblich hässliches Tier vor mir, wie eine Chimäre aus einem Horrorfilm, und mir läuft es eiskalt den Rücken herunter! Da steht etwas in der Größe einer Dogge, das aussieht wie eine monströse Genmanipulation aus Wolf, Hyäne und Kragenbär. Natürlich kann das nur ein wahnsinnig dicker Hund sein, auch wenn ich so etwas im Leben noch nie zuvor gesehen habe. Ich habe wirklich Angst! Leider geht kein Weg an dem Ungetüm vorbei, also nähere ich mich, die rechte Hand voran, mit säuselnder Babystimme: »Duu bist aber süüüß!«, lüge ich, denn die Wahrheit über sich würde das Viech sicher nicht verkraften. Das Tier lässt sich sogar streicheln. Es fühlt sich richtig fies an und mich schaudert. Wieso fasse ich Idiot das Ding auch noch an? Bäh! Der Hyänenwolfbär ist aber ganz zutraulich und ich habe das dumpfe Gefühl, dass er nicht den blassesten Schimmer von seiner brutalen Wirkung hat. Dieser Hund ist mit Sicherheit seit der Geschlechtsreife nicht mehr gestreichelt worden, so lieb wie er mich anschaut!
Mir reicht’s für heute, ich gehe auf mein Zimmer, schau noch ein bisschen fern und dann schlafe ich bestimmt trotz »Dauerfieber« irgendwann ein.
Das deutsche Pärchen verhält sich heute Nacht hoffentlich ruhig.
Erkenntnis des Tages:
Ja, man muss sich auch dem Monströsen nähern.
29. Juni 2001 – Sahagún
Heute Morgen bin ich um sechs Uhr aufgestanden und gleich runter in die Bar gelaufen, aber die ist zu meinem Entsetzen leider noch geschlossen und öffnet erst um acht Uhr. Der Tag beginnt ganz nach meinem Geschmack!
Ohne Frühstück bin ich heute nicht zu ertragen und lieber nehme ich ein schlechtes Frühstück zu mir als gar keins! Ohne Frühstück bin ich nichts und kann ich nichts! Zwei bräunliche Bananen habe ich zwar immer dabei und lauwarmes Wasser ist auch zur Genüge in meiner Flasche, aber mir ist halt nach etwas Substanziellerem mit einer schönen Tasse Kaffee zu Mute. Also klaue ich mir ein Stück Marmorkuchen von der Theke und verschlinge es. Das wird sicher kein Fall für die Guardia Civil.
Vor dem Hotel kuschele ich noch kurz mit einem weißen Kater und um halb sieben bin ich bereits auf dem Weg.
Allerdings war das, was ich mir da eben im Mundraubverfahren zugeführt habe, kein richtiges Frühstück. Deshalb bin ich muffelig und quengelig. Zehn Kilometer muss ich laut Wanderbuch bis zur nächsten möglichen Einkehr in Ledigos laufen. Meine Laune verschlechtert sich mit jedem Meter, ich komme kaum voran und krieche wütend vor mich hin. Ich bin wütend auf alles!
Die Landschaft um mich herum interessiert mich nicht die Bohne. Es gibt ja auch nicht gerade viel zu sehen. Wie viel Brot backen die Spanier bloß aus all den Getreidekörnern? Je weiter ich laufe, desto mehr sieht es hier außerdem aus wie in Hessen, da hätte ich auch gleich durch Süddeutschland latschen können! Das wäre garantiert kühler und unkomplizierter.
Hätte große Lust, einen von diesen Muschelwegweisern, die überall am Weg stehen, zu zertrümmern. Aber meinen Pilgerstab brauche ich vielleicht noch und so kann ich mich gerade noch bremsen. Ich fange an, laut zu fluchen. Ich will wirklich nicht mehr weiterlaufen. Herrje, ich kann meine schlechte Laune gar nicht bändigen. Ich habe die Schnauze endgültig voll von dieser doofen Pilgerei und will sofort mein Frühstück!
In meinem Wanderoutfit, diesem blöden Jeanshemd und dem viel zu großen Hut komme ich mir heute lächerlich und naiv vor. Diese Klamotten kann ich nicht mehr sehen und mich darin nicht mehr ertragen. Meine Handwäsche führt auch nie wirklich zum gewünschten Erfolg. Ein richtiger Vollwaschgang mit
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