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Ich bin dein, du bist mein

Ich bin dein, du bist mein

Titel: Ich bin dein, du bist mein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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aufgehört zu regnen, aber an diesemTag war bestimmt nicht mehr mit Badegästen zu rechnen. Bis auf ein paar Hartgesottene natürlich, denen das Wetter nichts ausmachte und die am Abend unbedingt ihre 1000 Meter schwimmen wollten.
    Der Parkplatz war so gut wie leer. Judith konnte ihr Fahrrad schon aus der Ferne erkennen, denn es war das einzige, das an einen Ständer gekettet war. Als sie jedoch näher kam, musste sie feststellen, dass der hintere Reifen platt war. Jemand hatte das Ventil aus dem Schlauch geschraubt. Wahrscheinlich hatte er es irgendwo in die Büsche geworfen.
    Judith stöhnte und strich sich wütend das nasse Haar aus der Stirn. Dann holte sie tief Luft, biss die Zähne zusammen, lief durch den strömenden Regen zum Kassenhäuschen und klopfte an die Scheibe, denn die Frau, die sonst die Saisonkarten kontrollierte, saß an einem kleinen Tisch und löste Kreuzworträtsel. Erst als sie das Klopfen hörte, blickte sie auf.
    »Hallo«, sagte Judith laut. »Ich wollte das hier für Bogdan abgeben.« Sie hielt einen Zwanzigeuroschein in die Höhe.
    »Wenn du möchtest, kannst ihm das Geld selber geben«, sagte die Frau. »Er ist drüben bei den Umkleiden.« Sie zeigte in die Richtung eines Flachbaus um die Ecke.
    Judith nickte ihr einen Dank zu und hastete über dieWiese zu den Umkleiden hinüber. Jetzt, ohne die Badegäste, wirkte das Freibad geradezu verwunschen. Der feine Regen zauberte Kreise auf die glatte Wasseroberfläche des großen Schwimmbeckens. Judith konnte das Sirren eines Akkuschraubers hören. Sie ging an den Schließfächern vorbei zu einer Galerie von Türen.
    »Bogdan?«, rief sie. »Sind Sie hier?«
    Der massige, hochrote Kopf eines Mannes erschien in einem der Türrahmen.
    Bogdan lächelte, als er Judith sah. »Hallo! Mit dir hatte ich eigentlich gar nicht gerechnet.«
    Judith hielt ihm die zwanzig Euro hin. »Hier. Ich bin Ihnen noch was schuldig.«
    Bogdan nahm das Geld, trat aus der Umkleide und steckte den Schein in die Tasche seiner Jeans. In der linken Hand hielt er einen Akkuschrauber, der in seiner Pranke wie eine Spielzeugpistole aussah. »Danke«, sagte er und stutzte dann. »Stimmt was nicht mit mir?« Er blickte belustigt an sich hinab.
    In der Nacht ihrer ersten Begegnung hatte Bogdan einen Overall getragen und schon da war er ihr wie ein Schrank erschienen. Jetzt trug er ein T-Shirt, das mindestens XXXL sein musste, ihm aber dennoch zu klein war.
    Judith schüttelte den Kopf. »Alles in Ordnung.«
    »Dann ist es ja gut.« Er betrachtete noch einmal dieTür, an der er zuvor herumgeschraubt hatte. »Es will mir einfach nicht in den Kopf, wie jemand Spaß daran haben kann, Sachen zu zerlegen. Hier.« Er deutete auf die Scharniere, die er versetzt hatte. »Das Zeug ist nicht aus Pappe. Man muss schon einiges an Energie aufbringen, um hier alles aus der Verankerung zu reißen!«
    »Ich dachte, Sie sind hier nur als Wachmann angestellt. Für die Nacht«, sagte Judith.
    »Ja, bin ich auch. Aber manchmal verdiene ich mir auch tagsüber noch ein wenig dazu.« Er sah auf die Uhr, die über den Kassenhäuschen angebracht war. »Pause. Kann ich dich zu einem Kaffee einladen oder musst du wieder nach Hause?«
    Judith schüttelte den Kopf. »Auf mich wartet niemand.«
    »So?« Bogdan runzelte die Stirn und packte den Akkuschrauber wieder in ein kleines Köfferchen, dessen Schlösser er zuschnappen ließ. »Ich hätte dein Fahrrad ja gerne bei mir ins Büro gestellt, aber es war abgeschlossen und ich hatte deinen Schlüssel nicht. Das mit dem Reifen hast du gesehen?«
    Judith nickte.
    Bogdan fischte mit seiner riesigen Hand in der Tasche seiner Jeans, in die bereits das Geld gewandert war, nach etwas, was ziemlich klein sein musste. Schließlich wurdeer fündig. »Das hier müsste passen.« Auf seiner ausgestreckten Handfläche sah das glänzende Ventil wie eine Plombe aus, die ihm aus dem Zahn gefallen war.
    »Danke!«, sagte Judith überrascht. »Sieht so aus, als hätten Sie mich doch erwartet.«
    Bogdan zuckte mit den Schultern. »Wenn ich ehrlich sein soll: Ja. Du schienst mir nicht zu den Leuten zu gehören, die ihre Schulden nicht bezahlen.«
    Judith lächelte. »Sie bilden sich ganz schön was auf ihre Menschenkenntnis ein.«
    Bogdan dachte einen Augenblick lang nach. »Ja«, sagte er schließlich. Und blieb dabei ganz ernst.
    »Und Aljoscha?«, fragte sie. Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, als der Schäferhund auch schon über die Wiese auf sie beide zugerannt kam.

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