mit einem leisen »Ding« der Eingang einer neuen Mail ankündigte.
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Liebe Judith,
ich bin ganz zerknirscht. Du hast Recht. Da war ein Vertipper in der Mail-Adresse. Entschuldige. Von Richthofen ist ein liebes Tier. Ich habe nicht Nein sagen können, als eine Freundin ihn mir anbot. Ihre Hündin hatte einen ganzen Wurf Welpen bekommen, und sie wusste nicht, was sie mit dem Nachwuchs machen sollte. Ein Tierheim kam natürlichnicht infrage. Aber so langsam beschleicht mich die Erkenntnis, es wäre vielleicht besser gewesen, wenn ich vorher mit einem Wellensittich oder einer Stabheuschrecke geübt hätte. Hast du eventuell einen Tipp, was ich machen kann?
Liebe Grüße
Gabriel
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Hallo Gabriel,
Du könntest googeln. Also gut, ich kürze deine Suche ab. Auf drei Dinge musst du achten. Nach dem Fressen gehst du raus. Ebenfalls, wenn der Hund geschlafen hat. Wenn der Kleine unruhig wird, gehst du mit ihm Gassi. Trotzdem wird er ab und zu auf den Teppich machen. Dann hebst du ihn hoch, sagst »Nein!« und setzt ihn vor die Tür. Mit ein wenig Geduld kriegst du das relativ schnell hin. Von Richthofen heißt er? Was ist denn das für ein Name?
Liebe Grüße,
Judith
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Liebe Judith,
ich hätte ihn auch Snoopy nennen können, aber der Name lag für einen Beagle dermaßen auf der Hand, dass ich ihm den Namen des Roten Barons gab.
Liebe Grüße
Gabriel
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Lieber Gabriel,
das war wohl ein Fehlgriff. Ich kenne Snoopy, aber er war nie der Rote Baron. Er hat in seiner Fantasie immer nur als Fliegerass Jagd auf ihn gemacht.
Liebe Grüße
Judith
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Liebe Judith,
woher willst du das wissen?
Grüße
Gabriel
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Wikipedia. :)
LG , Judith
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Meine liebe Judith,
irgendwie komme ich mir gerade ziemlich dämlich vor. Aber es hätte schlimmer kommen können. Wilfred wäre ein noch blöderer Name gewesen.
Liebe Grüße
Gabriel
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Wilfred? Ja, das mag sein. Wie kommst du auf den Namen?
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Ist eine meiner Lieblingsserien. Heißt so wie der Hund, der die Hauptrolle spielt.
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Ich schaue nie fern. Also, so gut wie nie. Meine Mutter ist eher für solche Serien zu haben. Bestimmt kennt sie auch Wilfred .
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Es ist schon spät. Ich muss morgen früh raus. Hund Gassi führen. War nett, mit dir zu plauschen.
Gute Nacht, Gabriel
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Gute Nacht, Judith
Judith drückte auf »Senden« und der Mauszeiger schwebte kurz über dem kleinen X auf der oberen Leiste,mit der sich das Mailprogramm schließen ließ. Doch dann entschloss sie sich, noch eine letzte Mail hinterherzuschicken.
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Du kannst dich ja noch mal melden, wenn du mit von Richthofen Erfolg hattest.
Gute Nacht, jetzt wirklich.
Judith
Gabriel hatte sich immer gefragt, was Liebe tatsächlich war. Auch wenn ihm die praktische Erfahrung fehlen mochte, hatte er eine sehr konkrete Vorstellung von ihr.
Liebe war eine viel zu ernsthafte Angelegenheit, als dass man sie bonbonrosa anmalen konnte. Das war ausgemachter Quatsch, sentimentales Gesäusel. Man musste sich auf sie konzentrieren, sie wollen, vielleicht auch einfordern. Wenn ich liebe, so dachte Gabriel, als er auf Judiths letzte Mail starrte, dann mit jeder Faser meines Herzens, mit jedem Atemzug.
Ich erwache und mein erster Gedanke gilt ihr.
Ich verbringe den Tag und denke an niemand anderen.
Ich gehe zu Bett und auch meinen letzten Gedanken schenke ich ihr, bevor ich in der Nacht von ihr träume.
Liebe ist absolut.
Man stellt sie nicht infrage.
Man diskutiert nicht darüber, handelt keine Kompromisse aus.
Man stellt sich ihr nicht in den Weg,