Ich bin dein - Geheime Sehnsucht
Nathaniel wandte sich um und ging ins Haus. Er schaute sich nicht einmal um, ob ich ihm folgte. Aber natürlich folgte ich ihm.
»Wir essen heute am Küchentisch zu Abend«, sagte er und führte mich durch die Eingangshalle. Ich versuchte das Umfeld zu erkunden – eine feinsinnige Mischung aus Antikem und Zeitgenössischem ‒, konnte die Augen aber kaum von dem Mann lassen, der mir vorausging.
Wir schritten einen langen Korridor mit mehreren Türen entlang, während er redete. »Sie können den Küchentisch als Freiraum betrachten. Sie werden an ihm die meisten Mahlzeiten einnehmen. Wenn ich mich zu Ihnen setze, können Sie das als Aufforderung auffassen, sich frei zu äußern. Die meiste Zeit dienen Sie mir im Speisezimmer, aber ich dachte, wir beginnen den Abend weniger förmlich. Verstanden?«
»Jawohl, Herr.«
Er wandte sich um. In seinen Augen blitzte ein Anflug von Zorn auf. »Nein. Sie haben noch nicht das Recht, mich so zu nennen. Bis es so weit ist, reden Sie mich mit ›Sir‹ oder ›Mr West‹ an.«
»Jawohl, Sir«, sagte ich. »Es tut mir leid, Sir.«
Er ging weiter.
Die Anredeformen waren eine Grauzone. Ich hatte nicht gewusst, was mich erwartete. Immerhin hatte er nicht allzu verärgert gewirkt.
Er zog einen Stuhl unter einem kunstvoll geschnitzten Tisch hervor und wartete, bis ich mich setzte. Dann ließ er sich schweigend mir gegenüber nieder.
Das Abendessen stand bereits auf dem Tisch. Ich wartete, bis er einen Bissen genommen hatte, und fing zu essen an – ein köstliches Mahl: geschmortes Hühnerbrüstchen mit einer delikaten Honig-Mandel-Soße. Das Huhn schmeckte so gut, dass ich die Beilagen ‒ grüne Bohnen und Möhren – fast links liegen ließ.
Am Ende dämmerte mir, dass außer uns niemand im Haus war. »Haben Sie das gekocht?«, fragte ich.
Er neigte leicht den Kopf. »Ich bin ein Mann mit vielen Talenten, Abigail.«
Ich rutschte auf meinem Stuhl hin und her. Schweigend aßen wir weiter. Ich war zu nervös, um etwas zu sagen. Als er wieder redete, hatten wir fast schon aufgegessen.
»Es freut mich, dass du es überflüssig findest, die Stille mit endlosem Geschwätz auszufüllen«, sagte er. Er war ganz selbstverständlich zum Du gewechselt. »Da sind ein paar Dinge, die ich erklären muss. Denke daran, dass du an diesem Tisch offen reden darfst.«
Er hielt inne und wartete er auf meine Antwort.
»Ja, Sir.«
»Aus meiner Checkliste weißt du, dass ich ein ziemlich konservativer Dom bin. Ich halte nichts von öffentlichen Demütigungen, beteilige mich nicht an Spielen, die extreme Schmerzen verursachen, und teile meine Sub mit niemandem. Niemals.« Er hob einen Mundwinkel. »Auch wenn ich das als Dom, wie ich meine, jederzeit ändern könnte.«
»Ich verstehe, Sir«, sagte ich. Mir fiel seine Checkliste wieder ein und wie lange ich gebraucht hatte, um meine zu erstellen. Ich hoffte inständig, dass sich dieses Wochenende nicht als Fehlgriff erweisen würde. Ich spürte die beruhigende Präsenz meines Mobiltelefons in der Jackentasche. Felicia wusste, dass sie die Polizei rufen musste, wenn ich mich in der nächsten Stunde nicht melden würde.
»Dazu musst du wissen«, sagte er, »dass ich nie auf Lippen küsse.«
»Wie in Pretty Woman?«, fragte ich. »Ist das zu persönlich?«
»Pretty Woman?«
»Kennen Sie den Film?«
»Nein«, sagte er. »Ich habe ihn nie gesehen. Ich küsse keine Lippen, denn es ist überflüssig.«
Überflüssig? Ich hatte doch die Fantasie, in sein prachtvolles Haar zu greifen und ihn an mich zu ziehen.
Ich aß ein letztes Stück Hühnchen und dachte über seine Worte nach.
Auf der anderen Tischseite redete Nathaniel weiter. »Ich erkenne an, dass du ein Mensch mit eigenen Hoffnungen, Träumen, Begierden, Wünschen und Meinungen bist. An diesem Wochenende lässt du all das beiseite, um dich mir zu unterwerfen. Sich in diese Position zu begeben verdient Respekt. Und ich respektiere dich. Bei allem, was ich dir antue oder für dich tue, habe ich dich im Kopf. Meine Regeln zum Schlafen, Essen und zum Training sind zu deinem Wohl. Meine Züchtigungen dienen deiner Besserung.« Er fuhr mit einem Finger den Rand seines Weinglases entlang. »Und jede Lust, die ich dir spende« ‒ der Finger wanderte den Stiel nach unten und wieder hoch ‒, »nun, ich nehme nicht an, dass du Skrupel hast, wenn es um Lust geht.«
Ich merkte, dass ich ihn anstarrte, als er sich lächelnd mit den Armen vom Tisch wegdrückte.
»Bist du mit dem Abendessen
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