Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich bin der Herr deiner Angst

Ich bin der Herr deiner Angst

Titel: Ich bin der Herr deiner Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
Vom Netzwerk:
das in Ruhe besprechen würden, wenn ich aus Königslutter zurück war. In Ruhe. Ich hätte im Moment mehr als genug im Kopf.
    Mein Fels in der Brandung.
    Meiner?
    Zu weit draußen, dachte ich. Ich bin schon viel zu weit draußen im offenen Meer.
    Standing on a beach with a gun in my hand …
    Diesmal schaute ich auf die Nummer, bevor ich den Anruf akzeptierte.
    Es war das Revier.
    «Ja?», meldete ich mich müde, während ich in Richtung Dom ging.
    «Verdammt, die schießen!»
    Mit einem Keuchen fuhr ich herum. Das Gebäude mit der geschlossenen Abteilung, Licht hinter den Fenstern und – Stille.
    «Was?»
    «Die … die schießen auf unsere Beamten!» Nils Lehmann war am Apparat. «Bei Neverding auf dem Gelände! Sie wollten jetzt gerade in dieses Zeltlager oder was das ist … in die Verwaltung … wegen der Stiftungskonten. Da ging’s plötzlich los! – Und ich krieg den Chef nicht an den Hörer!»
    «Man darf keine Handys mitnehmen in die geschlossene Abteilung», murmelte ich.
    Das Anstaltsgebäude schien sich in den letzten Sekunden verändert zu haben. Abweisend, feindselig, einem Gefängnis sehr viel ähnlicher, als mir bis zu diesem Moment klar gewesen war.
    Niemand kam rein, niemand kam raus, solange die elektronische Pforte geschlossen blieb.
    Für einen Moment war da ein Gedanke …
    «Hannah?»
    Ich schüttelte mich. «Nils, an den Chef kommen wir im Moment nicht ran. Und was soll er auch machen von hier aus? Wer hat das Kommando vor Ort? Immer noch Klaus Matthiesen?»
    «Ja, er …» Ich hörte die Nervosität in Lehmanns Stimme. «Verdammt, warum schießen die? Was sind das für Leute?»
    Mit dem nötigen Kleingeld konnte man eine Menge Hilfe kaufen. Mein eigener Gedanke, noch auf der Fahrt hierher. Doch Neverding war tot. Warum sollten seine Leute … Wer
waren
diese Leute?
    Etwas fehlte noch, eine grundlegende Information. Ein entscheidender Faden im Netz.
    «Matthiesen hat schon Verstärkung angefordert», murmelte Nils Lehmann. «Die kriegen das schon hin. Denke ich …»
    «Bestimmt», sagte ich mit wesentlich mehr Überzeugung, als ich in Wahrheit spürte. Doch da war ein anderer Gedanke, nein, weniger als ein Gedanke: ein Aufflackern in meinem Kopf. «Gibt es irgendwas in Sachen Irmtraud?»
    Er keuchte. «Denkst … Denkst du, die ist da drin?»
    Ich wusste selbst nicht, was ich denken sollte.
    «Ich weiß es nicht», murmelte ich. Ich biss die Zähne zusammen. Nachdem ich die Leitung an Faber und Matthiesen abgegeben hatte, durfte ich den beiden jetzt nicht reinreden.
    «Bitte halt mich auf dem Laufenden!», sagte ich.
    Ein deutlicher Hinweis, dass ich das Gespräch beenden wollte.
    Lehmann verstand ihn.
    Ich steckte das Handy in meine Jackentasche und blieb noch einen Moment stehen.
    Du übersiehst etwas! Ich fixierte das Gebäude, doch gleichzeitig war ich mir sicher, dass ich nichts übersehen hatte, was ich im eigentlichen Sinne des Wortes hätte
sehen
können.
    Es war eine bestimmte Verbindung. Sie war immer noch unsichtbar, doch es fehlte nur ein einziger Schalter: Wenn dieser Schalter umgelegt wurde, würde ich … Was?
    Begreifen, was hier in Wahrheit vorging? Was wir alle, auch Jörg Albrecht, noch immer übersahen?
    Ich senkte den Kopf und starrte auf meine Füße, während ich in Richtung Dom weiterging.
    Irgendwie musste ich …
    «Ahoi!» Eine schlaksige Gestalt löste sich aus den Schatten, zog sich eine schwarze Sturmhaube vom Kopf und verneigte sich theatralisch. «Yawuz Cornelius, Kripo Niedersachsen. Zu Ihren Diensten, schöne Frau!»
    Oh mein Gott, dachte ich. Ein Komiker.
    ***
    Mit einem Ächzen schlossen sich die Panzerglastüren in Jörg Albrechts Rücken.
    Die Frau in der Pförtnerloge war dieselbe gewesen wie am Nachmittag. Sie hatte ihn und seinen Begleiter anstandslos passieren lassen.
    Doch nun lag der langgestreckte Korridor vor ihnen, auf die zentrale Information zu, wo Maja Werden heute Abend
nicht
auf Albrecht warten würde.
    Er war es gewohnt, bei seinem allerersten Besuch die Atmosphäre, das Gefühl eines Ortes in sich aufzunehmen. Die geschlossene Abteilung von Königslutter betrat er soeben zum vierten Mal. Und doch war alles anders.
    Er war nicht willkommen heute Abend.
    Das Stationspersonal konnte nichts ahnen von dem endlosen Schlagabtausch, den Maja und der Chefarzt einander geliefert haben mussten. Von Seidels Weigerung, Horst Wolfram Zugang zu Freiligrath zu gewähren.
    Aber Jörg Albrecht spürte es doch.
    Die in Pastelltönen

Weitere Kostenlose Bücher