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Ich bin der Herr deiner Angst

Ich bin der Herr deiner Angst

Titel: Ich bin der Herr deiner Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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Leute wissen, dass Sie in der Abteilung ein und aus gehen und vielleicht auch einen Kollegen mitbringen. Ich werde gleich noch andeuten, dass Sie heute Abend wahrscheinlich noch mal vorbeikommen.»
    Er kniff die Augen zusammen. «Und Seidel?»
    «Hat Abenddienst. Ich werde jetzt wieder reingehen. Wenn ich ihn ein bisschen in ein Gespräch verwickle, sollte ihn das ablenken.»
    Unvermittelt hatte Albrecht einen Kloß im Hals. «Das kann ich unmöglich von Ihnen …»
    Ihre Augen, diese bemerkenswerten Augen unter den apart geschwungenen Brauen betrachteten ihn. «Glauben Sie, dass ich das für Sie tue, Jörg Albrecht?» Ihre Hand hob sich, und für einen Moment, kurz wie der Flügelschlag einer Libelle, berührten ihre Finger seine Wange. «
Intentio vera nostra est manifestare ea, quae sunt, sicut sunt.
Die Dinge so darzustellen, wie sie sich in Wahrheit verhalten.»
    Albrecht schluckte. Für sie, für sich selbst: Wie sehr wünschte er sich, sie könnte dabei sein.
    Er nickte stumm. In diesem Moment traute er seiner Stimme nicht. Noch immer spürte er die Berührung ihrer Finger. Obwohl sie die Hand längst wieder hatte sinken lassen.
    Das Blut rauschte in seinen Ohren. Nein …
    Motorengeräusch! Ein Lichtreflex auf den Fenstern der geschlossenen Abteilung.
    Er wandte sich um. In einem nicht sonderlich eleganten Manöver bog das Wohnmobil auf den Innenhof der Anstalt.
    Maja Werden warf nicht mehr als einen raschen Blick auf das Fahrzeug, einen Blick, den er weniger denn je zu deuten wusste.
    «Gehen Sie einfach rein!», schärfte sie ihm ein. «Wie selbstverständlich. – Ach ja: Gehen Sie nicht auf Freiligraths Zimmer. Ich habe mit ihm gesprochen. Es gibt einen Begegnungsraum im Souterrain. Dort wartet er auf Sie.»
    «Wie?» Albrecht sah zwischen der jungen Frau und dem Wohnmobil hin und her. «Was?»
    Sie schürzte die Lippen. «Die Patientenzimmer werden alle zwei Stunden kontrolliert – da hat Bob Seidel schon recht. Aus dem Schlaf holt man die Patienten aber nicht bei der Gelegenheit. Ob Freiligrath tatsächlich im Bett liegt oder nicht, wird dem Nachtdienst kaum auffallen. Wenn
Sie
allerdings im Arbeitszimmer auf dem Sofa sitzen …»
    «Ja …» Albrecht schüttelte sich. «Natürlich. Im Souterrain?»
    «Ockerfarbene Linie.» Sie war schon auf dem Weg zur Tür.
    «Maja …!»
    Doch sie war bereits verschwunden. Sein Plan. Sie wusste nichts von seinem Plan.
    Aber mit einem Dutzend bewaffneter Beamter rund um das Gebäude war die geschlossene Abteilung in den nächsten Stunden vermutlich der sicherste Ort weit und breit.
    Für jeden, der nicht unmittelbar mit Freiligrath zu tun hatte.
    Albrecht biss die Zähne zusammen. Das Souterrain. Der Keller.
    Eine Bemerkung fiel ihm ein, die die junge Frau gestern Abend gemacht hatte, bei ihrer Ankunft in Königslutter.
    Früher muss es dort eine Mühle gegeben haben. Die Schleuseneinrichtung ist im Keller noch erhalten.
    Die Schleuse, die Staumauer. David Martenbergs Körper.
    Brüllendes, stürzendes Wasser.
    Wer mochte auf den Einfall mit dem Begegnungsraum gekommen sein? Die Psychologin – oder Maximilian Freiligrath?
    ***
    Ob es am Licht liegt?, dachte ich.
    Mit Sicherheit lag es am Licht.
    Es war ein künstliches, hässliches Licht auf dem Parkplatz. Passte wie die Faust aufs Auge zu einer Anstalt, in der die Hälfte der Leute mit Depressionen zu kämpfen hatte.
    Alles wirkte seltsam grau, Jörg Albrecht nicht anders als die zusammengesunkene Gestalt, die aus der Tür des Wohnmobils kletterte und sich dabei schwer auf meine Schulter stützen musste.
    «Herr Hauptkommissar.» Albrecht neigte den Kopf, und es war mehr als ein bloßes angedeutetes Nicken. «Ich möchte Ihnen danken, dass Sie gekommen sind.» Wenn er einem Menschen gegenüberstand, für den er Respekt empfand, konnte er das sehr deutlich zeigen.
    Bei Wolfram war es mehr als das. Unser Chef griff nach dem Arm seines Amtsvorgängers, als wäre es eine ganz selbstverständliche Sache.
    Zwei Männer, dachte ich. Gejagt von den Geistern der Vergangenheit.
    Klang wie der Umschlagtext eines drittklassigen Schmökers.
    Horst Wolfram quittierte Albrechts Worte mit einem stummen Nicken. Irgendwo hinter Hannover hatte er sich im Wohnbereich seines Gefährts zu regen begonnen, doch als ich versucht hatte, ein Gespräch mit ihm anzufangen, waren seine Antworten immer einsilbiger geworden.
    Seitdem wir die Autobahn verlassen hatten, schwieg er.
    «Danke, dass Sie sich gleich ans Steuer gesetzt haben»,

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