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Ich bin der Herr deiner Angst

Ich bin der Herr deiner Angst

Titel: Ich bin der Herr deiner Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan M. Rother
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Mitarbeitern mit auf den Weg gegeben hatte, vor zwei Tagen schon:
    Jemand, mit dem sie bekannt geworden waren, auf eine Weise, die untypisch war für sie. Die abwich von den Strukturen, die in ihrem Leben für gewöhnlich zu finden waren. Jemand, der keine rechte Beziehung hatte zu allem anderen, sich einer Einordnung entzog.
    Vertrauen.
    Dieses Geschenk, das Jörg Albrecht wenn überhaupt in homöopathischer Dosis verteilte, an einige wenige, auserwählte Mitarbeiter: Friedrichs, Faber. Früher Ole Hartung.
    Maja Werden hatte er es schier hinterhergeworfen.
    Er musste nicht fragen, wie sie es gemacht hatte. Es waren dieselben Mechanismen wie bei Ole Hartung und Kerstin Ebert. Bei den anderen Opfern mit Sicherheit genauso. Dieselben Mechanismen und doch jedes Mal anders.
    Ihre Augen.
    Ihre Augen, diese Augen, die niemals blinzelten.
    Ein
Augenfehler
. Die Aussage von Eberts Sohn. Albrecht hatte sie vom Tisch gewischt, als Hannah Friedrichs den Punkt erwähnt hatte.
    Ein
Augenfehler
.
Falls Sie nicht gerade explizit was über Augenkrankheiten haben …
Seine eigene Bemerkung zu Wolczyk, als der Doktorand angedeutet hatte, es bestände die Möglichkeit, aus dem Gesicht eines Menschen dessen Krankengeschichte zu lesen.
    In diesem Moment hatte Maja Werden die Unterhaltung unterbrochen.
    Ein
Augenfehler
? Es war kein Augen
fehler
. Es war eine Scharfsichtigkeit, eine Hellsichtigkeit, die die Gabe jeder Kartenlegerin in den Schatten stellte. Mit einer traumwandlerischen Sicherheit erkannte diese junge Frau die Schwächen und Defizite ihres Gegenübers und fand auf der Stelle den Punkt, an dem sie ansetzen musste, die individuelle Sollbruchstelle der Persönlichkeit.
    Sie hatte Jörg Albrecht nicht geschmeichelt. Sie hatte ihm Kontra gegeben, gerade am Anfang. Hatte in der Kolloquiumssitzung sein Täterprofil auseinandergenommen, bis eine Lücke entstand, in der sie das Stemmeisen hatte ansetzen können.
    Alles andere … Sie hatte seine Sehnsucht erkannt, seine Sehnsucht nach guten Gesprächen …
    Gute Gespräche hast du mit Heiner Schultz! Jeden letzten Dienstag im Monat!
    Doch Heiner Schultz war keine attraktive junge Frau.
    Ich bin ein lächerlicher alter Mann.
    Er hatte die Ermittlung gegen die Wand gefahren, weil er ein lächerlicher alter Mann war.
    Und er wusste, dass er sich das niemals verzeihen würde.
    Der Weidenast.
    Diesmal hatte niemand den Weidenast zu ihm herunterziehen müssen. Niemand, dem er einen Teil der Schuld anlasten konnte.
    Und doch war der Fehler derselbe gewesen: Vertrauen.
    Er hatte der Person vertraut, die im Fadenkreuz einer der größten Ermittlungen stand, die das Kommissariat während seiner Amtszeit erlebt hatte.
    Friedrichs … Friedrichs hatte versucht, ihn zu warnen. Sie hatte ihre Skepsis durchblicken lassen, so deutlich sie das wagen konnte bei einem Vorgesetzten wie Jörg Albrecht.
    Und er hatte beschlossen, ihre Bedenken nicht zur Kenntnis zu nehmen.
    Sechs tote Menschen.
    Jörg Albrechts Schuld.
    Horst Wolfram in der Hand des Traumfängers; in der Hand seiner
Tochter
.
    Der Täterin.
    Jörg Albrechts Schuld. Seine Schuld allein.
    Maja zog ihre Hand ganz langsam aus der Jackentasche.
    Sie hielt eine Pistole.
    ***
    «Tut das weh?», fragte ich unfreundlich.
    Mein Göttergatte nickte wortlos.
    Gut so, dachte ich, wurde aber doch eine Spur vorsichtiger, während ich seinen lädierten Schädel bandagierte.
    Wir hatten uns in einen abgelegenen Teil des Domparks zurückgezogen, gleichzeitig nur wenige Schritte vom Brennpunkt des Geschehens entfernt. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass sich heute Abend vor den Türen der geschlossenen Abteilung noch irgendwas ereignen sollte. Das Sonderkommando hatte seine Scheinwerfer wieder ausgeschaltet und sich erneut im Gebüsch verkrochen, aber der Täter, der sich nach dem Chaos, das wir minutenlang veranstaltet hatten, noch ins Freie wagte, musste schon auf der Suche nach dem Gnadentod sein.
    Ein Stück entfernt hörte ich die gedämpfte Nichtunterhaltung zwischen Cornelius und meinem Traumanwalt. Das
Verhör
. Es war sinnlos, von vornherein. Joachim hatte mir kaum mehr als ein paar Wortfetzen zuzischen können im Würgegriff der Beamten:
… muss mit dir reden … das Video … Sie zwingt mich … bitte … musst mir vergeben …
    Sie?
    Madame Beatrice.
    Seine Lippen hatten sich bewegt, ohne dass ein Ton zu hören gewesen war. Mir war klar, dass er nichts davon gegenüber Cornelius wiederholen würde. Ein Joachim Merz kannte seine

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