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Ich Bin Ein Schwein

Ich Bin Ein Schwein

Titel: Ich Bin Ein Schwein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Steinlechner
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kleines Päckchen mit angeklebtem Zettel.
    In Liebe. Ohne Dich habe ich für Beiliegendes keine Verwendung, vielleicht macht es Dir Freude.
    Neugierig geworden, legt sie die Blumen auf den Küchentisch. Geschwinde Finger lösen die Schnur um das Päckchen. Schneeweißes, krauses Papier schützt den Inhalt, vorsichtig zieht sie die Bögen auseinander.
    Ein entsetzter Schrei aus ihrer Kehle, dann nur zögerliches Beruhigen. Sie atmet noch immer viel zu schnell. Ihre Augen verengen sich.
    Eine ausnehmend dumme, geradezu abscheuliche und abstoßende Anmache: Ein erigiertes Glied, aus irgendeinem Fleisch geformt und mit einem Präservativ überzogen, damit es echt wirke.
    Damit kann keiner bei ihr landen. Trotzdem, die Rosen bekommen eine Vase.
    Eine heiße Dusche nimmt ihr die unangenehmen Gedanken, die Schönheit des Tages ist wiederhergestellt. Sie massiert pflegende Lotion in ihren makellosen Körper. Zum Faulenzen reicht ein Jogginganzug. Besuch ist auch keiner angesagt. Ihr duftendes Haar wird geföhnt, auf Kajal wird verzichtet. Sodann ein ausgedehntes Frühstück: heiße Schokolade anrühren, frische Brötchen und Obst holen. Wieder die Türglocke.
    Sie öffnet. Ein Strauß blutroter, tiefroter, blutroter Rosen. Und ein Päckchen. Die Rosen bekommen gleich eine Vase. Die Karte am Päckchen trägt wenig Worte: In Liebe.
    Zwei Schnüre sind verknotet, halten das Paket zusammen. Weniger neugierig, sie nimmt sich Zeit, die Knoten zu lösen. Reines, weißes Seidenpapier. Sie hebt es an.
    Gepflegte Finger, die Fingernägel sorgfältig gefeilt und poliert; eine kleine Narbe am Handrücken. Die Finger ein wenig gespreizt, leicht nach innen gebeugt, nicht verkrampft. An einer der beiden Hände ist noch eine Uhr, ihr Wert lohnt nicht, sie abzunehmen. Das Blut an den Stellen, an denen wohl früher Arme waren, ist schon trocken, trotzdem beginnt ihr Herz zu rasen.
    Sie zieht Schuhe an, will zum Bäcker laufen, die klare Luft soll ihr die Gedanken vertreiben.
    Der Himmel ist klar, vereinzelte Wolken brechen das Sonnenlicht, fröhliche Stimmen von Passanten ziehen vorüber, selbst die sonst so mürrische Bäckerin hält ein Lachen für sie bereit. Zerstreut, an Schönes denkend, trägt sie die warmen Brezeln und Brötchen nach Hause, endlich frühstücken.
    Der gelbe Wagen der Post fährt gerade weiter, freundlich ruft ihr noch der Postbote zu: „Ich habe es vor die Türe gelegt!“
    Dort, ein großes Paket, schwer, mit ihrem Namen. Sie nimmt es mit in die Wohnung, wird zuerst frühstücken. Die Brezeln sollen nicht kalt werden. Erregend knuspern die Brezeln, sanftbitter die Lauge. Gegessen, sie räumt ab und legt weiche, ruhige Musik auf. Gesättigt wird sie in aller Ruhe das Paket öffnen. Drei Schnüre halten es zusammen, trotz geduldigen Schaffens nimmt sie doch endlich die Schere. Unter dem Karton liegt ein Umschlag, in ihm zehn Worte: In Liebe. Kein Abschied wird meine Liebe zu Dir enden.
    Darunter weiße Seide. Mit zärtlichen Fingern schlägt sie die Seidenbahnen beiseite.
    Die Beine sind ziemlich gewöhnlich, der Hintern ein normaler Männerhintern, trotzdem, so allein, abgetrennt von Bauch, Rücken, Hals, Armen und Kopf es lässt sie schreien. Weggeschleudert verliert es – Schrecken.
    Unruhig, nervös atmend geht sie ins Freie, blickt minutenlang in die Sonne, träumt sich mit den Wolken fort, hofft, dass Wind aufkommt, damit sie schneller ziehen, schließt die Augen, löst die Arme, breitet sie zu Schwingen aus. Entflieht der Welt: Der Horizont ist ihr.
    „Hallo, ist niemand da?“
    Ein weiterer Bote, ein gigantischer Strauß blutroter, tiefdunkler, blutroter Rosen, ein Rot wie die im Meer brennende Sonne; ein Päckchen, eine Karte. Ich liebe Dich mehr als ich mein Leben liebte.
    Die Rosen fallen auf den Boden. Panisch, Ihr Herz pocht zum Hören laut, öffnet, ja reißt sie das Päckchen auf. Feines, hellrotes Seidenpapier, von ihren zarten Fingern zitternd auseinandergezogen.
    Eine bizarre Schönheit ist in den Linien, den Bergen und Tälern, die in der grauen Masse sind, glänzend die Oberfläche. An dünnen Nerven dunkle, traurige Augen. Im rechten schläft einsam eine Träne.

Julie und der Leuchtturmwärter
Sigrid Steinmeier
    Die grauen Atlantikwellen schlugen gleich hinter der Straße donnernd an die felsige Küste und zogen sich dann gischt-spritzend ins Meer zurück. Julie warf einen Blick durch das Wagenfenster auf die untergehende Sonne, die sich matt und rötlich über dem sturmgepeitschten Ozean

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