Ich Bin Ein Schwein
Elbstrand, man muss ihr nur lange genug geradeaus folgen. Anfang des Jahres haben Laura und ich das auch getan. Wir wollten die Osterfeuer nicht verpassen und standen dann dicht an dicht aneinander gepresst in einer riesigen Menschenmenge, die auf den Strand hin drängte, sich aber irgendwann nicht mehr bewegte. Kinder, die unter dem aufkommenden Gedränge und Geschubse schrien, Schiffe, die dunkel in die Nacht hupten und dann weiterglitten. Im Hafen gestrandete Ozeanriesen. Um uns herum klirrten Bierflaschen zur Musik, die von den Feuern zu uns herüberdrang und sich wie ein Teppich über den Gestank und die Hitze in der Menge legte. In dieser wabernden Masse griff ich das erste Mal nach ihrer Hand, die sie minutenlang hielt, solange, bis der Menschenzug sich auflockerte und wir den Strand erreichten.
Die Leute in unserer Klasse sprechen uns oft im Plural an, so, als wären wir ein und dieselbe Person.
„Lauras, kommt doch mal“, sagen sie dann oder, „das schaffen die Lauras bestimmt“, wenn es irgendetwas zu regeln gibt. Laura hasst das, aber ich kann schließlich weder etwas für meinen Namen noch für meine Vorlieben.
Wenn Laura Bücher kaufen geht, legt sie alle Einkäufe auf einen Stapel vor ihr Bett. Jetzt liegen da siebzehn Stück, fein säuberlich aufeinander. Die gelesenen packt sie mit Monats- und Jahreszahl versehen auf die langen Bücherbretter, die über ihrem Bett und im Flur hängen. Das im Flur kann sie ohne Hilfe eines Stuhles nicht erreichen. Aber es sieht hübsch aus, mit den vielen Büchern, die jetzt in ihrem Kopf herumspuken.
„Maria“, sage ich, „vermisst du sie?“
Laura zuckt die Achseln. „Du bist ja hier“, bemerkt sie.
Morgen wird alles anders sein. Laura wird früher aufstehen als ich und darauf bestehen, allein zur Schule zu gehen. Im Klassenraum wird sie mich zwar grüßen, aber sie wird beschäftigt sein. Hinter einem Buch vergraben wird sie die Pausen verbringen, während ich auf meinem Platz, einige Meter von ihr entfernt, meinen Tee aus der Edelstahlisolierkanne in den Becher gießen werde. Immer in Bereitschaft, ein Zeichen von ihr zu empfangen.
„Hör doch mal auf, nachzudenken“, sagt Laura und sieht mich lange an. „Das Leben ist einfacher, wenn du ab und zu ‘ne neue Kassette einlegst. Schau mal, die zum Beispiel gefällt mir gar nicht mehr.“ Sie drückt auf
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und hält mir dann das Mikro hin. „Sag halt was.“
„Frühling“, flüstere ich und greife nach ihrer Hand und den zarten Winterfingern. Laura lässt das Mikrofon fallen, wirft mich aufs Bett und setzt sich auf meinen liegenden Körper.
„Kalt, kalt, kalt, der Winterwald“, flüstert sie zurück, beugt sich über mich, bis unsere Lippen sich berühren. Die ganze Zeit über hält sie die Augen geschlossen. Jedenfalls immer dann, wenn ich meine öffne, um zu sehen, ob ihre vielleicht blinzeln oder mich beobachten. Laura braucht nicht lange, bis sie mich ertappt.
Sie steht auf, lässt mich zurück. Als sie wieder im Türrahmen auftaucht, hält sie ein schwarzes Tuch in den Händen. „Mach die Augen zu“, sagt sie.
Ich fürchte mich im Dunkeln. Nicht nur als Kind, auch heute noch. Achtlos abgeworfene Jacken, besonders aber lange Mäntel, die an Garderoben hängen, werden zu Leichen, die im Wind taumeln, die Fratzen schneiden, die verlangen, weiter zu schlafen, die Augen geschlossen zu halten bis zum nächsten Morgen. Sie wirft mich lachend auf den Rücken. Ihre Hände sind warm und lösen meine in sich verschränkten Finger aus der eigenen Umklammerung, als sie mir zuerst den Pullover abstreift, dann die Hose und die Unterwäsche, bis ich völlig nackt mit verschlossenen Augen vor ihr liege. Ich will die Augenbinde abnehmen, aber sie umfasst meine Hände und legt sie auf ihre kleinen Brüste.
Langsam ertaste ich ihren Körper, streiche über ihren Bauch bis zur schmalen Hüfte, die Oberschenkel hinab, die Innenseiten der Oberschenkel wieder hinauf. Sie stöhnt leise. Ich bedecke ihren Bauchnabel mit vielen kleinen Küssen. Zeichne ihre Gesichtskonturen nach, streichle ihre Wangen, suche ihre Lippen. Doch Laura setzt sich auf - ihr Fliegengewicht auf meinen Unterschenkeln, ich hätte nicht gedacht dass ihre Beine so viel Kraft haben. Sie presst die Schenkel gegen meine Beine, legt meine Arme über meinen Kopf, souffliert ihre Anweisungen: „Nicht bewegen.“
Sie steigt von mir herunter, spreizt meine Schenkel: „Bleib so.“
Laura sitzt zwischen meinen geöffneten Beinen,
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