Ich Bin Ein Schwein
Bordaux aus der kleinen Flasche der Minibar in das Weinglas und stellt es auf den gekachelten Wannenrand. Sie streift die
Manolos
von den Füßen, stellt sie parallel ausgerichtet in das Schuhregal; gleitet aus dem Rock und legt Strümpfe, Slip und BH ab. Dann nimmt sie ihr Beautycase, trippelt ins Bad. Das Make-up entfernt sie gekonnt; das Badethermometer legt sie in die schon fast gefüllte Wanne, genau 40 Grad will sie haben. Noch etwas mehr warmes Wasser, dazu Badeöl, dann gleitet sie hinein.
Minuten ohne Gedanken, die Wärme fühlen, einen Schluck Wein trinken. Tief atmet sie ein, schließt die Augen, reibt gleichmäßig Schaum über ihre festen Brüste. Sie lächelt, als sie ihre Brüste massiert – genau gleich groß, exakt wie sie sie haben wollte. Damit fing alles an.
Es war während des Wirtschaftsstudiums, ein Praktikum in einem Kapitalanlagenvertrieb: Telefonakquise, Bestverdiender sollte sie ansprechen, zwei Wochen lang hatte sie angerufen eine Abfuhr nach der anderen erhalten, weiter angerufen. Unangenehme Gespräche, unangenehme Stimmen, bis sie dann, es sollte das letzte Telefonat sein, Dr. Hubert erreichte – Plast. Chirurgie stand neben der Nummer, und sie hatte ihn abends in seiner Praxis angerufen.
Ihre Anweisungen sahen vor, die großartigen Chancen der Investitionen darzustellen und einen Termin für ihre Mentorin zu vereinbaren, aber bei Jürgen – da noch Dr. Hubert – wich sie vom Plan ab. Zu neugierig war sie auf die Plast. Chirurgie, die neben seinem Namen stand – und letztendlich sollte diese Neugierde auch das Blatt wenden. Als Cynthia nach ihrer Vorstellung schon fast naiv fragte: „Heißt denn Plastische Chirurgie auch Brustverschönerungen, Dr. Hubert?“, war das Eis gebrochen. Er erzählte von seinen Operationen, seinen Erfolgen, den glücklichen Patientinnen; sie redeten und redeten, Cynthia kannte sich selber nicht mehr, wie sie da einem Wildfremden von ihren intimsten Gedanken über Ihren Busen erzählte –, und schließlich wollte Dr. Hubert die Investionsmöglichkeiten vorgestellt haben, aber nur von Cynthia. Das war so nicht geplant, aber als sie am nächsten Morgen ihre Mentorin darauf ansprach, lachte die nur, gab ihr einen Crashkurs zu den Produkten, das Versprechen einer Provision bei Vertragsabschluss und die aufmunternden Worte: „Zuviel Fachwissen behindert den Verkäufer mehr, als es ihm nützt, los, mach den Termin.“
Ihr Herz klopfte heftiger als beim ersten Kuss, als sie an Dr. Huberts Praxis klingelte. Die Helferinnen waren schon weg, er empfing sie mit festem Händedruck und offenem Lächeln. Ein schöner Mann, jünger als sie dachte, dunkle, sinnliche Augen mit einem kleinen schalkhaften Lächeln darin. Er führte sie durch die Praxis in sein Büro, er zeigte ihr Bilder seiner Operationen, mit ehrlichem, angemessenem Stolz auf seine Kunstwerke. Schüchtern hatte sie die Prospekte auf den Tisch gelegt, sich immer wieder bemüht, das Gespräch darauf zu bringen – und sich dann erzählen gehört, wie sehr es sie belaste, dass die rechte Brust einen Zentimeter mehr Umfang hatte als die linke, dass sie gerne einen kleineren Busen wolle und wie lang sie schon davon träume, sich das leisten zu können. Es war, als spräche da eine andere. Ja, zwölftausend D-Mark seien eine Menge Geld, stimmte ihre Dr. Hubert zu. Es wurde sehr still im Büro, bis er das Schweigen brach und nach den Prospekten griff.
Cynthia legte los, schilderte all die fantastischen Chancen der Investitionen und deren Steuervorteile in den schillerndsten Farben.
„Okay, das könnte mir gefallen“, unterbrach er sie – noch heute hört sie seine Stimme – „aber ich mache nur Geschäfte auf Gegenseitigkeit“.
Wie gerne sie seine Patientin würde – da war dann eine Sekunde der Ehrlichkeit angebracht. Unsicher war sie damals, und das Gesicht heiß vor Schamröte. Sie gestand, dass sie den Job nur als Praktikum mache und eine arme Studentin sei.
Da übernahm Dr. Hubert die Initiative, bot ihr an, er investiere 200.000 DM, sie sorge dafür, dass er keinen Aufschlag bezahlen müsse, und für die 10.000 DM, die er dadurch spare, werde sie seine Patientin – ohne Belege, natürlich.
Der Kopf schwirrte ihr damals, aber sie sagte zu und nahm Dr. Huberts Unterschrift mit. Ihre Mentorin öffnete eine Flasche Champagner, für einen Moment war sie der Star – die 10.000 DM, für sie viel Geld, waren für ihre Kollegen nichts weiter als ein Nasenwässerchen, weit weniger, als meist
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