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Ich Bin Ein Schwein

Ich Bin Ein Schwein

Titel: Ich Bin Ein Schwein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Steinlechner
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Terrain bringen.
    „Ich leite eine kleine Anlagenbaufirma. Wir bauen Fertigungsstraßen, schlüsselfertig, besonders für die Lebensmittelindustrie.“
    Die Salate werden serviert, ein Brotkorb in die Mitte gestellt, Wasser und Wein, beiden wird eingeschenkt, nach einem ‚Guten Appetit!‘ beginnen sie zu essen.
    „Hauptsächlich für die Milchindustrie: Joghurtbecher befüllen, bekleben, beschriften. Wir führen die Anlagen diverser Hersteller zusammen, bringen kleine, aber entscheidende Verbesserungen an, stellen sie auf. Die kleinen Verbesserungen sind meine Leidenschaft.“
    Cynthia hört aufmerksam zu, nimmt kleine Bissen, jederzeit bereit, zu antworten. Ihr Blick ist warm, offen. Ihre Augen gleiten achtsam über ihn, erkennen die Wertigkeit seines Hemdes, das dezente Monogramm an den Manschetten. Sie sieht, wie er den letzten Bissen Brot schluckt und steuert ihre Hand im gleichen Moment wie er zum Brotkorb, streift dabei seine Hand und beantwortet seinen verwunderten Blick mit einem Lächeln.
    „Sie haben Familie?“, kommentiert Cynthia eine helle Stelle an Simons Ringfinger, dabei denkt sie: „Bei einem Kind lass ich die Finger von ihm, ansonsten weiter.“
    „Ich war verheiratet.“ Er schluckt. „Vor drei Monaten war die Scheidung, der Ring blieb bis zum Ende am Finger, das Wegwerfen wurde mein Symbol für das Endes.“
    „Das klingt bitter“, setzt Cynthia an. Besser jetzt gleich klären, ob er ein Trennungskranker ist. „Gab es einen Rosenkrieg?“
    Simon lächelt.
    „Oh, nein. Wir haben uns auseinandergelebt. Karin hatte sich das Leben mit einem Unternehmer wohl anders vorgestellt. In den Jahren, in denen ich das Unternehmen aufgebaut habe, blieb wohl zuwenig Zeit für sie, ihr wurde langweilig, und es war auch nicht meine Art, einen mit Luxus zu fesseln.“
    „Sie fand einen anderen Mann, der Zeit für sie hatte?“
    „In gewisser Weise.“ Simons Lächeln ist schmerzerfüllt: „Wenn Sie einen Laienprediger so bezeichnen wollen. Karin fand Erfüllung in ihrer Sekte, so nenn ich das. Das machte dann auch unsere seltenen gemeinsamen Momente frostig: Statt Sex Lobpreisung – ich war noch weniger zuhause.“
    Simon senkt den Blick, ein beim Griff in die Keksdose ertappter Junge.
    „Aber das ist nun Vergangenheit“, er hebt das Weinglas zum Anstoßen, „bitte, lassen Sie uns über Erfreulicheres reden“.
    „Gerne“, greift Cynthia das Gespräch auf, „was treibt Sie zu Verhandlungen mit Banken? Doch bestimmt keine Fertigungsstraße zum Geld-verpacken?“
    Simon stimmt in ihr Lachen ein.
    „Oh, nein, wirklich nicht. Wir müssen ein Projekt zwischenfinanzieren; der Kunde zahlt erst bei Inbetriebnahme, aber einige unserer Lieferanten wollen früher Geld sehen. Große Mitbewerber finanzieren so etwas oft selbst, wir brauchen dazu die Banken. Deswegen bin ich hier, zum Betteln und Verhandeln.“
    Aus dem Augenwinkel sieht Cynthia, wie Simon wieder nach dem Brotkorb tastet. Dieses Mal greift sie nach demselben Stück Brot, lächelt dabei freundlich über Simons Spaß:
    „Und, sind Sie gut darin – im Betteln und Verhandeln?“
    „Meistens schaff ich es, mir so mein täglich Brot zu erringen.“
    „Aber nicht immer?“, lächelt Cynthia, bevor sie in das Brot beißt.
    „Wünschen Sie noch Espresso? Capuccino? Cognac?“
    „Bitte zwei Espressi“, bestellt Cynthia.
    Schnell sind die zwei kleinen Tassen heißes Schwarz serviert.
    Cynthia nimmt den Zuckerspender, um ihren Espresso zu süßen, doch kein Zucker fällt.
    „Darf ich?“, Simon greift danach, klopft sanft gegen den Deckel, testet die Reparatur und gibt den Spender mit einem knappen: „So, bitte!“ lächelnd zurück an Cynthia.
    „Oh, Sie haben ein Händchen dafür, Dinge ganzzumachen?“
    „Damit verdiene ich mein Geld, wenn ich nicht grade bei Banken bettle und verhandle, Cynthia. Wenn Sie mehr zu reparieren haben, hier ist meine Karte“, lacht Simon und gibt ihr seine Visitenkarte.
    „Trauen Sie sich auch an blockierte Rollkofferräder?“, scherzt sie, seinen Ehrgeiz lockend.
    „Mit dem richtigen Werkzeug auf jeden Fall, aber vielleicht reicht auch ein etwas besseres Taschenmesser?“
    „Der Patient liegt oben, Doktor“, lacht sie und winkt die Servierdame heran. „Bitte bringen Sie die Rechnung auf Zimmer 369. Das geht zusammen.“
    Geschickt nutzt sie Simons Luftholen, um seinen Protest noch vor der ersten Silbe zu ersticken: „Hey, ich erhoffe mir einen reparierten Trolley, Sie geben mir gleichzeitig die

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