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Ich Bin Gott

Titel: Ich Bin Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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die Tür auf der Beifahrerseite. Als Vivien einstieg, saß er bereits neben ihr und legte den Sicherheitsgurt an. Sie betrachtete ihn und ertappte sich bei dem Gedanken, dass er ein attraktiver Mann war. Sofort wies sie sich selbst zurecht, was die Sache nicht besser machte.
    Ihr Beifahrer sah sie erwartungsvoll an.
    » Wo fahren wir hin?«
    » Coney Island.«
    » Und was tun wir da?«
    » Wir besuchen jemanden.«
    » Wen?«
    » Das wirst du schon sehen.«
    Als der Wagen sich in den Verkehr einfädelte, lehnte Russell sich zurück und sah auf die Straße.
    » Wird mir heute eine besondere Gnade zuteil, oder bist du immer so kommunikativ?«
    » Nur bei wichtigen Fahrgästen.«
    Russell Wade wandte sich ihr zu.
    » Du magst mich nicht, stimmt’s?«
    Das war eher eine Feststellung als eine Frage. Die Direktheit kam Vivien gelegen. So konnte sie umstandslos den Charakter ihrer gegenwärtigen und zukünftigen Beziehung klarstellen.
    » Unter normalen Umständen wärst du mir völlig gleichgültig. Jeder kann mit seinem Leben machen, was er will. Auch es wegwerfen, solange er niemandem damit schadet. Es gibt eine Menge Leute, die Hilfe bräuchten, weil sie in Schwierigkeiten stecken, für die sie nicht verantwortlich sind. Wenn ein erwachsener Mensch, der seine Sinne beisammenhat, sich selber Probleme schaffen will, kann er das meinetwegen gerne tun. Das ist keine Gleichgültigkeit, sondern gesunder Menschenverstand.«
    Russell Wade nickte vielsagend.
    » Okay. Dann haben wir jetzt wenigstens deine offizielle Stellungnahme zu meiner Person.«
    Vivien fuhr mit einem Schlenker an den Straßenrand, was die Fahrzeuge hinter ihr nicht ohne Protest hinnahmen, ließ das Lenkrad los und wandte sich an ihren Mitfahrer.
    » Lass uns eines klarstellen. Den Captain hast du mit der Geschichte von deiner Umkehr vielleicht eingewickelt. Mich kannst du nicht so einfach überzeugen.«
    Russell sah sie an und schwieg. Sein dunkler, scheinbar verletzlicher Blick verlieh ihr das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Ihre Worte klangen daher härter, als es eigentlich zu ihr passte.
    » Die Menschen ändern sich nicht, Mr. Russell Wade. Jeder ist der, der er ist, und hat einen bestimmten Platz im Leben. Sosehr er sich auch wegzulaufen bemüht, früher oder später kommt er immer wieder zurück. Und ich glaube nicht, dass du eine Ausnahme von dieser Regel bildest.«
    » Weswegen glaubst du das?«
    » Du bist mit einer Fotokopie von Ziggys Blatt zu uns gekommen. Das Original mit den Blutflecken hast du also noch. Du hättest es als Beweis für das FBI oder die NSA oder für wen auch immer gebraucht, falls wir dir nicht geglaubt und dir eine Abfuhr erteilt hätten.«
    Vivien hatte sich warmgelaufen und setzte noch einen drauf.
    » Und wenn wir dich dann aus irgendeinem Grund gebeten hätten, deine Taschen zu leeren, hätten wir nur die Fotokopie eines Blattes gefunden, das du hervorragend als eine deiner Fantastereien oder als Skizze für eine Erzählung hättest ausgeben können. Du neigst ja ohnehin dazu, Sachen für etwas auszugeben, das sie nicht sind.«
    Ihre Worte schienen ihren Beifahrer nicht zu berühren. Besaß er eine derartige Selbstbeherrschung, oder war er eine solche Behandlung gewohnt? In ihrem Zorn neigte Vivien zur zweiten Annahme.
    Sie packte das Lenkrad, verließ den Straßenrand und fuhr weiter in Richtung Coney Island. Russells nächste Frage überraschte sie.
    Vielleicht wollte er sich ebenfalls ein Bild von seiner Reisegefährtin machen.
    » Normalerweise haben Detectives einen Partner. Warum hast du keinen?«
    » Jetzt habe ich dich. Was mich in der Überzeugung bestärkt, dass man besser allein arbeitet.«
    Nach dieser trockenen Replik wurde es still im Auto. Vivien war weiter in Richtung Downtown gefahren, und jetzt überquerten sie die Brooklyn Bridge. Als sie Manhattan hinter sich gelassen hatten, machte sie das Radio an und suchte Radio Kiss 98 , 7 , einen Sender mit schwarzer Musik. Sie fuhren über den Brooklyn-Queens Expressway und erreichten dann den Gowanus Expressway.
    Russell sah auf seiner Seite aus dem Fenster. Bei einem besonders rhythmischen Stück klopfte er, vielleicht ohne es selbst zu merken, den Takt mit dem Fuß mit. Vivien wurde bewusst, dass sie die Verantwortung für diese Geschichte in einem heiklen Moment übernommen hatte. Die Sorge um Sundance und das seltsame Verhalten von Pater McKean hatten ihr Urteilsvermögen beeinträchtigt. Zumindest hatte sie ihren Beifahrer ziemlich schroff

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