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Ich Bin Gott

Titel: Ich Bin Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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Ich hoffe, wir stören Sie nicht.«
    Carmen wunderte sich, dass jemand von der Polizei sich entschuldigte. Normalerweise herrschten rauere Sitten dort. Besonders wenn es sich, wie bei den beiden, um Gringos handelte, die es mit Latinos zu tun hatten. Plötzlich war Carmen sich sicher, dass sie keine guten Nachrichten brachten.
    Sie betraten das Wohnzimmer. Carmen drehte sich um und blickte die junge Frau an, um klarzustellen, dass sie es ernst meinte.
    » Sie stören nicht. Heute ist meiner freier Tag, und ich gönne mir einen ruhigen Nachmittag.«
    » Was machen Sie beruflich?«
    Während sie antwortete, fragte sie sich, warum ein Lächeln über das Gesicht des Mannes gehuscht war, als die Frau die Frage gestellt hatte.
    » Ich bin Krankenschwester. Zuerst war ich im Bellevue in Manhattan, viele Jahre lang. Jetzt bin ich OP-Assistentin bei Dr. Bronson, dem Arzt für plastische Chirurgie.«
    Sie deutete auf das Sofa hinter ihren beiden Besuchern.
    » Bitte setzen Sie sich. Möchten Sie etwas trinken? Einen Kaffee vielleicht?«
    » Nein danke, Mrs. Montesa.«
    Die Polizistin lächelte. Carmen hatte den Eindruck, dass diese Frau, wenn sie wollte, einen beruhigenden Einfluss auf ihre Gesprächspartner ausübte. Vielleicht weil sie selbst ruhig und gelassen war. Er hingegen schien auf heißen Kohlen zu sitzen. Im Übrigen wirkte er gar nicht wie ein Polizist, denn er hatte nichts von der Ruppigkeit, die Gesetzeshüter wie ein Zeichen der Macht vor sich hertrugen.
    Sie sah, wie die Polizistin sich umschaute. Ihr Blick glitt über die Wände, die Tapeten, den Küchentresen, den man durch die Tür auf der rechten Seite sehen konnte, bis hin zum Esszimmer auf der anderen Seite des Flurs. Eine rasche, genaue Bestandsaufnahme. Carmen war überzeugt davon, dass sie sich alles eingeprägt hatte.
    » Es ist sehr schön hier.«
    Carmen lächelte.
    » Sie sind sehr freundlich und sehr diplomatisch. Dies ist das Haus einer Frau mit einem kleinen Gehalt. Sehr schöne Häuser sehen anders aus. Doch ich fühle mich wohl hier.«
    Mehr sagte sie nicht. Sie sah der jungen Polizistin in die Augen und wartete. Der Austausch von Höflichkeiten war offenbar beendet, und jetzt würde man zum eigentlichen Grund des Besuchs übergehen.
    » Mrs. Montesa. Vor achtzehn Jahren haben Sie Ihren Mann, Mitch Sparrow, als vermisst gemeldet.«
    Das war keine Frage, sondern eine Feststellung.
    Carmen war verwirrt. Zunächst über den seltsamen Zufall, dass sie vor wenigen Minuten noch an Mitch gedacht hatte, vor allem aber weil sie sich nicht vorstellen konnte, dass sich nach so langer Zeit noch jemand anders als sie für die Geschichte interessierte.
    » Ja genau.«
    » Würden Sie uns bitte erzählen, was damals passiert ist?«
    » Da gibt es nicht viel zu erzählen. Eines Tages hat er das Haus verlassen und ist nicht wiedergekommen. Ich habe auf ihn gewartet und spät in der Nacht dann die Polizei angerufen.«
    » Was ist bei den Ermittlungen herausgekommen?«
    » Er war bei der Arbeit, wie immer. Dann hat er zur gewohnten Zeit die Baustelle verlassen und ist nie zu Hause angekommen. Mein Mann war Bauarbeiter.«
    Carmen hatte den Eindruck, dass die beiden über dieses Detail schon im Bilde waren.
    » Was für ein Typ war Ihr Mann?«
    » Er war ein besonderer Mensch. Bevor wir uns kennen lernten, hatte er nur Motorräder und Mädchen im Kopf. Als wir uns dann begegnet sind, war es Liebe auf den ersten Blick.«
    » Keine Unstimmigkeiten, kein Streit, nichts, das vielleicht an …«
    Carmen unterbrach sie.
    » … an eine andere Frau denken lässt, meinen Sie?«
    Sie hatte gleich begriffen, worauf die Frage der Polizistin abzielte. Gleichzeitig hatte sie den Eindruck, dass die junge Frau eigentlich keinen Anlass gehabt hatte, diese Frage zu stellen, sondern es nur aus Routine getan hatte. Außerdem schien sie die Antwort bereits zu kennen.
    Dennoch war es Carmen wichtig zu erklären, wie das Verhältnis zwischen ihr und ihrem Mann gewesen war. Sie stand noch unter dem Einfluss dessen, was sie gedacht hatte, bevor die beiden aufgetaucht und die Geschichte offiziell wieder ausgegraben hatten.
    » Nein, das können Sie mir glauben. Mitch und ich waren sehr verliebt, und seinen Sohn hat er geradezu angebetet. Ich bin eine Frau und merke es genau, wenn ein Mann an etwas anderes denkt. Das Verlangen verschwindet zuallererst. Mitch hat Tag und Nacht nur an mich gedacht, vor allem nachts. Und ich habe nur an ihn gedacht.«
    Ihr gegenüber saß auch eine Frau. Sie

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