Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ich Bin Gott

Titel: Ich Bin Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
Vom Netzwerk:
würde wissen, wovon sie sprach. Die Polizistin war offenbar zufrieden mit ihrer Antwort und wechselte das Thema.
    » Können Sie bestätigen, dass Ihr Mann eine Tätowierung an der linken Schulter hatte?«
    » Ja, eine Piratenflagge. So eine mit Schädel und gekreuzten Knochen. Darunter stand irgendetwas, aber ich weiß nicht mehr, was.«
    » Vielleicht The only flag?«
    » Ja genau. Das war das Symbol seiner verrückten Freunde, dieser Motorradfreaks. Wir haben in Coney Island gewohnt, und Mitch …«
    » Wir wissen von den Skullbusters, Mrs. Montesa.«
    Die junge Frau hatte sie freundlich, aber bestimmt unterbrochen. Carmen erinnerte sich, dass sie die Vermisstenanzeige beim 70 . Revier aufgegeben hatte, und fragte sich, was geschehen sein mochte, dass sich nun die Polizei von Manhattan damit befasste.
    Die Polizistin setzte die Befragung in ihrem professionellen, klaren und zugleich beruhigenden Tonfall fort.
    » Wissen Sie, ob Ihr Mann sich irgendwann einmal etwas gebrochen hatte?«
    » Ja, er hatte einen Motorradunfall. Ich glaube, er hatte sich den Oberarmknochen und das Schienbein gebrochen. Bei dieser Gelegenheit haben wir uns nämlich kennen gelernt. Er lag in dem Krankenhaus, in dem ich gearbeitet habe. Als er entlassen wurde, wollte er unbedingt, dass ich meine Telefonnummer auf seinen Gips schreibe. Wir haben häufiger miteinander telefoniert. Als er dann wieder ins Krankenhaus kam, um sich die Rüstung, wie er den Gips nannte, abnehmen zu lassen, hat er mich gefragt, ob wir miteinander ausgehen wollen.«
    » Eine letzte Sache noch, Mrs. Montesa. Wo hat Ihr Mann gearbeitet, als er verschwunden ist?«
    Carmen gab sich Mühe, die verschütteten Erinnerungen an diese Zeit wieder auszugraben.
    » Seine Firma hat damals ein Haus in Manhattan renoviert. Irgendwo an der 3 rd Avenue, glaube ich.«
    Die Polizistin schwieg einen Moment, als suchte sie nach den richtigen Worten. Carmen dachte, dass manche Gespräche einer Addition glichen: Auch wenn man die Reihenfolge der Wörter veränderte, blieb das Ergebnis doch immer gleich. Und was Vivien dann sagte, bestätigte diesen Gedanken.
    » Mrs. Montesa, ich fürchte, ich muss Ihnen eine schlechte Nachricht überbringen. In einem Hohlraum in einem Gebäude an der Ecke 23 rd Street, 3 rd Avenue wurde eine Leiche gefunden. Was Sie uns gerade erzählt haben, bestätigt uns in der Annahme, dass es sich um Ihren Mann handelt.«
    Carmen spürte etwas in sich aufsteigen und gleich wieder abschwellen, wie eine lange, gefährliche Welle, die ein Boot zum Schaukeln bringt und sich dann im offenen Meer verläuft. Trotz des Versprechens, das sie sich kurz zuvor noch selbst gegeben hatte, liefen ihr nach so langer Zeit der Mutmaßungen die Tränen der Erleichterung über die Wangen. Sie verbarg das Gesicht in den Händen. Als sie wieder aufblickte und direkt in Viviens Augen sah, hatte sie das Gefühl, dass es auch die letzten sein würden.
    » Entschuldigen Sie bitte.«
    Sie stand auf und ging in die Küche. Als sie zurückkehrte, hatte sie ein Päckchen Papiertaschentücher in der Hand. Sie setzte sich und stellte die Frage, die ihr sofort durch den Kopf geschossen war.
    » Wissen Sie, wer …«
    Die Polizistin schüttelte den Kopf.
    » Nein. Deswegen sind wir hier. Wir versuchen herauszufinden, was passiert ist. Schon die Identifikation nach dieser langen Zeit ist schwierig. Einen definitiven Beweis würde ein DNA-Test liefern.«
    » Ich habe seinen Zopf.«
    » Wie bitte?«
    Carmen stand auf.
    » Warten Sie einen Augenblick, bitte.«
    Sie ging hinaus und ließ ihre Gäste allein. Mit wenigen Schritten erreichte sie den Verschlag unter der Treppe. Sie wusste, wo sich befand, was sie suchte. Sie wusste alles, was mit ihrem einstigen Mann zu tun hatte.
    Als sie die Tür öffnete, war der Koffer tatsächlich noch da, vollgestopft mit Dingen von geringem Wert und großer Bedeutung. Sie ließ die Schlösser aufschnappen und hob den Deckel. Das Gesuchte lag, in ein dünnes Tuch eingeschlagen, ganz oben. Sie nahm es, wickelte es aus und betrachtete den Gegenstand, der ihr so heilig war. Das Gefühl der Zärtlichkeit hatte einen bitteren Beigeschmack. Sie fand auch noch ein altes Foto von Mitch, etwa aus der Zeit, als er verschwunden war.
    Dann ging sie ins Wohnzimmer zurück und zeigte den beiden ihr Fundstück. In einem dunklen Holzrahmen lag auf grünem Stoff und unter Glas ein blonder Zopf.
    Carmen lächelte bei der Erinnerung.
    Sie hatte die Episode noch mit großer Klarheit vor

Weitere Kostenlose Bücher