Ich bin Nummer Vier
ich.
»Zehn.«
Sarah und Mark flüstern miteinander. Ich schleiche zu ihnen. »Alles in Ordnung?«
Sarah nickt, Mark zuckt die Achseln, beide wissen nicht wirklich, was sie in dieser entsetzlichen Situation sagen sollen.
Ich küsse Sarah auf die Wange und greife nach ihrer Hand. »Macht euch keine Sorgen«, beruhige ich sie. »Wir kommen hier raus!« Dann wende ich mich an Sechs und Henri: »Warumwarten sie tatenlos dort draußen? Warum schlagen sie nicht ein Fenster ein und kommen herein? Sie wissen, dass sie uns zahlenmäßig überlegen sind.«
»Ihr Ziel ist es, uns hier drinnen festzuhalten«, antwortet Sechs. »Uns alle zusammen an einer Stelle. Jetzt warten sie auf die Fighter mit den Waffen, auf die geschickten Killer. Im Moment sind sie verzweifelt, weil sie wissen, dass wir unser Erbe entwickeln. Sie können es sich nicht leisten zu versagen und zu riskieren, dass wir stärker werden. Sie wissen, das einige von uns jetzt ebenfalls kämpfen können.«
»Dann müssen wir hier raus«, sagt Sarah leise, ihre Stimme zittert. Sechs nickt ihr aufmunternd zu.
Und dann fällt mir ein, was ich in der ganzen Aufregung vergessen hatte. »Moment – dass du hier bist, dass wir zusammen sind, das bricht den Zauber. Alle anderen sind jetzt Freiwild. Sie können uns nach Belieben töten!«
Henris entsetztes Gesicht sagt mir, dass auch er nicht daran gedacht hat.
Sechs nickt. »Das musste ich riskieren. Wir können nicht weiter davonlaufen, und ich habe das Warten satt. Wir alle entwickeln uns, wir alle sind bereit, zurückzuschlagen. Lasst uns nicht vergessen, was sie uns an jenem Tag angetan haben. Und ich werde nie aus dem Gedächtnis verlieren, was sie Katarina angetan haben. Alle, die wir kennen, sind tot, unsere Familien, unsere Freunde. Ich denke, sie wollen mit der Erde genauso umgehen wie damals mit Lorien, und sie sind fast bereit dazu. Sich jetzt zurückzulehnen und nichts zu tun würde bedeuten, die gleiche Zerstörung, das gleiche Töten und Vernichten zuzulassen. Warum sollen wir es geschehen lassen? Wenn dieser Planet stirbt, dann sterben wir mit ihm.«
Bernie Kosar bellt immer noch am Fenster. Fast möchte ich ihn hinauslassen und sehen, was er tun kann. Sein Maul schäumt,die Zähne sind gefletscht, das Fell sträubt sich auf dem Rücken: Der Hund ist sichtlich kampfbereit. Und wir übrigen? …
»Nun, du bist jetzt hier«, sagt Henri. »Hoffen wir, dass die anderen nicht in Gefahr sind, dass sie sich wehren können. Ihr beide werdet es sofort wissen, wenn ihnen das nicht gelingt. Was uns angeht, so haben wir den Kampf vor uns. Wir haben ihn nicht gewollt, aber jetzt, wo er da ist, müssen wir uns wehren, mit aller Kraft.«
Er blickt uns an, das Weiß seiner Augen strahlt durch den dunklen Raum. »Ich stimme dir zu, Sechs. Die Zeit ist gekommen.«
30
Wind bläst durch das geöffnete Fenster in den Hauswirtschaftsraum, der Kühlschrank davor hält die kalte Luft kaum zurück. In der Schule ist es sowieso schon frostig, weil die elektrische Heizung ausgefallen ist. Sechs trägt jetzt nur noch den Gummianzug, der komplett schwarz ist bis auf ein graues Band, das sich diagonal über die Vorderseite zieht. Sie steht in perfekter Haltung und mit solchem Selbstvertrauen mitten in unserer Gruppe, dass ich wünsche, ich hätte auch einen lorienischen Anzug. Gerade will sie etwas sagen, aber ein lauter Knall draußen kommt ihr zuvor. Wir stürzen alle zum Fenster, können aber nicht sehen, was draußen passiert. Dem Krach folgen mehrere laute Schläge und ein Reißen und Knirschen – etwas wird zerstört.
»Was ist passiert?«, frage ich.
»Dein Licht!«, ruft Henri über die Vernichtungsgeräusche.
Ich gehorche und leuchte durch den Hof draußen. Nach etwa drei Metern wird der helle Schein allerdings von der Dunkelheit geschluckt. Henri tritt zurück und horcht mit höchster Konzentration, dann nickt er resigniert.
»Sie zerstören alle Autos draußen, auch meinen Truck. Wenn wir das überstehen und aus der Schule herauskommen, muss es zu Fuß weitergehen.«
Mark und Sarah sehen entsetzt aus.
»Wir dürfen keine Zeit mehr vergeuden«, sagt Sechs. »Stra tegisch richtig oder nicht, wir müssen raus, bevor die Fighterund Bestien da sind.« Sie nickt Sarah zu. »Sie hat gesagt, durch die Turnhalle können wir hinaus. Es ist unsere einzige Hoffnung.«
»Ihr Name ist Sarah«, sage ich. Das Drängen in ihrer Stimme macht mich nervös. Sie wirkt so ruhig, gelassen, selbst bei dem ganzen Terror, den wir
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