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Ich bin Nummer Vier

Ich bin Nummer Vier

Titel: Ich bin Nummer Vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lore Pittacus
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gegen den Angreifer, vergeblich.
    Jetzt gibt es wohl keine Hoffnung mehr!
    Ich habe versagt …
    »Pst, so hör doch auf zu treten!«, flüstert eine Stimme eindringlich in mein Ohr. »Sie warten dort draußen. Ihr müsst beide ganz leise sein.«
    Als der Griff etwas nachlässt, drehe ich mich zu dem Angreifer um und lasse meine Hände schwach leuchten.
    Ein Mädchen! Es kann nur wenig älter sein als ich, hat haselnussbraune Augen, hohe Wangenknochen, einen großen Mund und eine ausgeprägte Nase, die Haut ist bräunlich, das lange dunkle Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden.
    »Wer bist du???«
    »Ich bin Nummer Sechs«, antwortet sie. »Ich habe versucht, vor ihnen hier zu sein.«

29
    »Woher hast du gewusst, dass ich es bin?«, frage ich fassungslos.
    Sie blickt zur Tür. »Seit Drei getötet worden ist, habe ich dich gesucht. Aber ich erkläre das alles später. Zuerst müssen wir hier raus.«
    »Wie bist du denn ungesehen reingekommen?«
    »Ich kann mich unsichtbar machen.«
    Ah, das gleiche Erbe, das auch mein Großvater hatte! Die Fähigkeit, auch das, was man berührt, verschwinden zu lassen, wie das Haus an Henris zweitem Arbeitstag.
    »Wie weit von hier wohnst du?«, will sie wissen.
    »Drei Meilen.«
    »Hast du einen Cêpan?«
    »Ja, natürlich. Du nicht?«
    Sie hält inne, als würde sie aus einem unsichtbaren Wesen Kraft ziehen, bevor sie antwortet: »Ich hatte eine. Sie ist vor drei Jahren gestorben. Seither bin ich allein.«
    »Das tut mir leid.«
    »Es ist Krieg, das bedeutet Tod. Und falls wir nicht auch sterben wollen, müssen wir hier jetzt raus. Wenn sie in dieser Gegend sind, wissen sie längst, wo ihr wohnt, also sind sie bereits dort, und es ist sinnlos, ein Geheimnis daraus zu machen, wenn wir hier raus sind. Diese Mogadori hier sind nur Scouts. Die Fighter mit ihren Schwertern sind unterwegs, und nicht weit hinter ihnen kommen die Bestien. Wir haben nicht viel Zeit, höchstens einen Tag. Und schlimmstenfalls sind sie schon da.«
    Mein erster Gedanke:
Sie wissen, wo wir wohnen!
Ich gerate in Panik. Henri ist mit Bernie Kosar zu Hause, die Soldaten und die Bestien könnten schon dort sein. Mein zweiter Gedanke:
Ihre Cêpan ist seit drei Jahren tot.
So lange ist Sechs schon allein auf einem fremden Planeten. Seit sie dreizehn, vierzehn war.
    »Henri ist zu Hause. Mein Cêpan.«
    »Bestimmt ist ihm nichts passiert. Sie rühren ihn nicht an, solange du frei bist. Dich wollen sie, und ihn werden sie benutzen, um dich herbeizulocken.« Sechs schaut zu dem vergitterten Fenster. Draußen sind zwei Scheinwerfer zu erkennen, die sich um die Kurve der Schule nähern, langsamer werden, dann am Eingang vorbeifahren und schnell wieder verschwinden. Sechs bricht das Schweigen: »Alle Türen sind verschlossen. Wie kommen wir trotzdem hinaus?«
    Sarah antwortet: »Wir können durch die Turnhalle raus. Es gibt einen Gang unter der Bühne, der zu einer Art Kellertür hinten an der Schule führt.«
    »Fasst an.« Sechs streckt die Hände aus, ich ergreife ihre rechte, Sarah die linke Hand. »Seid so leise wie möglich. An meinen Händen seid ihr beide unsichtbar. Aber hören könnten sie uns. Draußen laufen wir dann so schnell wie möglich. Und: Wir können ihnen nie entfliehen, wir müssen sie töten, jeden Einzelnen, bevor die anderen ankommen.«
    »Okay«, sage ich.
    »Du weißt, was das bedeutet?«, fragt Sechs.
    Ich schüttle den Kopf, denn ich bin mir nicht sicher, was sie meint.
    »Du wirst kämpfen müssen.«
    Die Geräusche, die ich vorhin gehört habe, verstummen vor der Tür. Stille. Dann wird die Klinke heruntergedrückt. Sechs holt tief Luft und lässt meine Hand los. »Hinausschleichen können wir nicht mehr. Der Kampf hat begonnen.«
    Mit vorgestreckten Händen stürzt sie los, die Tür bricht aus den Scharnieren und kracht auf den Gang. Holz splittert, Glas zerspringt.
    »Licht!«, schreit sie.
    Ich gehorche.
    Ein Mogadori steht mitten in den Trümmern.
    Er lächelt, Blut sickert aus seinen Mundwinkeln, wo die Tür ihn getroffen hat. Schwarze Augen, blasse Haut, als hätte die Sonne ihn nie berührt. Ein Höhlenbewohner, von den Toten auferstanden.
    Er wirft etwas, das ich nicht sehe, Sechs neben mir stöhnt. Ich sehe in seine Augen und ein Schmerz durchfährt mich so sehr, dass ich mich nicht mehr rühren kann.
    Es wird dunkel. Traurigkeit. Mein Körper wird steif. Bilder vom Tag der Invasion flimmern vor meinen Augen entlang: der Tod von Frauen und Kindern, meine Großeltern, Tränen,

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